: Thatcher gegen den Rest der EG
■ Der gemeinsame Vorstoß von Mitterrand und Kohl zu einer beschleunigten europäischen politischen und wirtschaftlichen Union wird Thema beim Außenministertreffen in Dublin sein
Berlin (taz/dpa) - Frostig reagierte die britische Regierung gestern auf den Mitterrand-Kohl-Vorschlag, die europäische Einigung auf politischem Gebiet zu beschleunigen. Auf der heute in Dublin stattfindenden Konferenz der EG -Außenminister gäbe es wichtigere Themen zu erörtern als diesen „esoterischen Vorschlag“, erklärte Premierministerin Thatcher im Unterhaus. Dasselbe gelte auch für den bevorstehenden Gipfel der EG-Regierungschefs am 28. April, von dem die französische und die bundesdeutsche Regierung sich eine Entscheidung erwarten.
Der Vorschlag, die politische Union zusammen mit der Wirtschafts- und Währungsunion bereits am 1. Januar 1993 in Kraft treten zu lassen, war am Donnerstag in Bonn bekanntgeworden. In einem Schreiben an den amtierenden Vorsitzenden des Europäischen Rates, den irischen Ministerpräsidenten Charles Haughey, hatten Mitterrand und Kohl die Beschleunigung mit den „profunden Umwälzungen in Europa“ gerechtfertigt. Sie plädierten dafür, sofort mit den Vorbereitungen für eine Regierungskonferenz zu beginnen. Insbesondere gehe es dabei darum, eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik festzulegen, die demokratische Legitimation der Union zu verstärken, Einheit und Zusammenarbeit der Aktion in den Bereichen Wirtschaft, Währung und Politik sicherzustellen und ihre Institutionen effizienter zu machen.
Einzelheiten über Kohls und Mitterands Vorstellungen werden die Außenminister Genscher und Dumas heute ihren Amtskollegen in Dublin erörtern.
Innerhalb der Europäischen Gemeinschaft dürfte der Vorschlag mehrheitsfähig sein. Lediglich die britische Regierung befindet sich im Abseits. Auch innenpolitisch sorgt die Thatcher-Haltung für Zündstoff. Der außenpolitische Sprecher der britischen Liberaldemokraten, Sir Russel Johnston, beschwor die Regierungschefin gestern, sie möge „wenigstens einmal mit und nicht gegen den Strom der Geschichte“ schwimmen.
dora
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