Thailand: Auf dem Weg zur neuen Verfassung

Vor dem Referendum im August bemängeln viele Beobachter die mangelnde Partizipation der Bevölkerung.

Nach dem Putsch der alten Regierung muss nun eine neue Verfassung in Kraft gesetzt werden. Bild: dpa

BANGKOK taz Siebzehn verschiedene Verfassungen hatte Thailand seit 1932. Über die nächste soll die Bevölkerung am 19. August abstimmen. Zehn Monate nach dem Militärputsch legte kürzlich ein von den Streitkräften ernanntes Komitee den Entwurf dafür vor. Die bisherige Verfassung hatten die Streitkräfte nach dem Putsch gegen Ministerpräsident Thaksin Shinawatra im vergangenen September außer Kraft gesetzt.

Phisit Lee-Atham, Mitglied der Verfassungskommission, ist naturgemäß zuversichtlich: Der neue Entwurf sei demokratischer als die alte Verfassung. Zum Beispiel werde es künftig leichter, ein Misstrauensvotum gegen den Premier zu stellen. Bislang waren dafür 40 Prozent der parlamentarischen Stimmen nötig, in Zukunft genügten 20 Prozent. Beobachter bezeichnen den Entwurf daher auch als "Anti-Thaksin-Vefassung".

Der im vergangenen September von Thailands Militär entmachtete Shinawatra war berüchtigt dafür, politische und geschäftliche Interessen zu vermengen. Von Thaksins politischem Amt hatte eindeutig der familieneigene Telekommunikationskonzern "Shin Corp" profitiert. Somit sieht einer der Kernpunkte der neuen Konstitution vor, dass der künftige Premier neben seinem politischen Amt keinen geschäftlichen Tätigkeiten nachgehen darf und kein Besitzer eines Unternehmens oder Konzerns sein darf.

Kritiker bleiben dennoch skeptisch und plädieren dafür, beim Referendum mit "Nein" zu stimmen. Denn der Verfassungsentwurf sieht unter anderem vor, dem Militär in Krisensituationen mehr Macht zu verleihen. Der ehemalige Senator Jon Ungpakorn, Vorsitzender eines Netzwerkes von Nichtregierungsorganisationen erklärte, demokratische Reformen seien darin nicht enthalten. Unter anderem kritisierte er, dass bei der für das Referendum vorgesehenen Vorlage nur mit "Ja" oder "Nein" gestimmt werden könne.

Das Netzwerk plädiert dafür, die Verfassung von 1997 zu modifizieren. Diese sei "die beste, die Thailand je hatte". Die Bevölkerung, begierig auf politische Reform, hatte intensiv daran teilgenommen. Auch die Medienrechtlerin Supinya Klangnarong, einst von Thaksins "Shin Corp"-Konzern wegen angeblicher Verleumdung verklagt, protestierte bereits kurz nach dem Putsch mit einer Hand voll AktivistInnen gegen die Junta, welche die alte Konstitution außer Kraft gesetzt hatte. "Wir sind gegen die Thaksin-Administration gewesen", so Supinya zur taz, "aber wir demonstrieren auch dagegen, dass die großartige Verfassung von 1997, die unsere bisher demokratischste war, durch den Coup abgeschafft wurde."

Dass beim jetzigen Referendum eine ähnliche Partizipation wie 1997 gegeben ist, bezweifeln viele. Trotz landesweiter Kampagnen fließen Informationen über den neuen Entwurf nur spärlich. Laut jüngsten Umfragen in Thailands zwölf größten Provinzen kennen rund 82 Prozent der Befragten nicht einmal den Termin für das Referendum. Unklar ist daher, wie die Chancen für die Akzeptanz stehen. Die Meinungen im Land sind äußerst geteilt. Es besteht die Gefahr, dass alte politische Kräfte wie die einst von Thaksin gegründete und Ende Mai vom Verfassungsgericht aufgelöste Partei "Thais lieben Thais" ihre Anhänger im Norden und Nordosten mobilisieren könnte, beim Referendum mit "Nein" zu stimmen. Das könnte den Entwurf scheitern lassen, so der Thailandexperte Duncan McCargo.

Mit äußerster Skepsis und Misstrauen wurde zudem die Ankündigung von Juntachef Sonthi Boonyaratkalin aufgenommen, dass er mit dem Gedanken spiele, in die Politik zu gehen. Zu oft haben Männer aus dem Militär das Land regiert, blutige Auseinandersetzungen waren meist die Folge. Einen weiteren Premier, der jahrzehntelang Angehöriger der Armee war, dürften die meisten Thais entschieden ablehnen.

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