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Thailändische MinisterpräsidentinAppell unter Tränen

Sie wisse nicht, wie sie noch weiter nachgeben könne, sagt die thailändische Premier. Mit einer emotionalen Ansprache versucht sie die Protestierenden zu besänftigen.

Nach der Ansprache begann Yingluck Shinawatra nach Medienangaben zu weinen. Bild: ap

BANGKOK dpa | Thailands Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra hat unter Tränen an die Demonstranten in Bangkok appelliert, die Proteste zu beenden und die angesetzte Neuwahl als Lösung zu akzeptieren. „Ich habe schon so viel nachgegeben, ich weiß nicht, wie ich noch weiter nachgeben soll“, sagte sie am Dienstag nach Angaben des Nachrichtenportals Khao Sod auf einer Pressekonferenz.

Die Oppositionellen allerdings wollen keine Neuwahlen, die die Regierungspartei wieder gewinnen dürfte, sondern eine tiefgreifende Reform des politischen Systems. In der Nacht zum Dienstag schliefen rund 2000 Demonstranten auf den Straßen rund um den Regierungssitz, vor dem sich am Vortag mehr als 100 000 Demonstranten versammelt hatten.

Yingluck Shinawatra, die seit der Auflösung des Parlaments am Montag weiter als Übergangs-Ministerpräsidentin im Amt ist, strebt bei der Neuwahl am 2. Februar erneut das Amt der Regierungschefin an. Sie sei von ihrer Partei Pheu Thai als Spitzenkandidatin nominiert worden, berichtete die Zeitung The Nation.

Die Demonstranten hingegen wollen ihren sofortigen Rücktritt. Ihr Ziel ist es, die ganze einflussreiche Familie Shinawatra aus der thailändischen Politik drängen. Der Protest richtet sich vor allem gegen Thaksin Shinawatra, den älteren Bruder von Yingluck, der aus dem Exil die Fäden zieht. „Der Mob will die ganze Shinawatra-Familie vertreiben, dürfen wir also gar nicht mehr in Thailand bleiben?“, fragte die Regierungschefin nach Angaben von Khao Sod, und begann zu weinen.

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9 Kommentare

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  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    Die arme Yingluck befürchtet, daß ihr ganzer Clan aus Thailand vertrieben wird. Es wäre wohl besser für sie zurückzutreten und die Demokratie anderen zu überlassen. Sie soll sich nicht aufopfern, wie Benazir Bhutto.

  • Es ist nicht der Versuch, "die Macht an sich zu reißen", sondern einem macht- und geldgierigen Clan die gekaufte Macht zu nehmen, um das Land an eine Demokratie, die das Wort verdient, heranzuführen. Der rechtskräftig verurteilte "Führer", der milliardenschwere Thaksin Shinawatra, hat zwar entschieden, lieber ins Exil zu gehen als seine Gefängnisstrafe anzunehmen und sich weiteren Anklagen zu stellen, aber er zieht von dort aus (meist aus Dubai, Phnom Penh oder Hongkong) weiterhin die Strippen. Per Live-Video führt er die Kabinetts-Sitzungen seines "Klons": Seiner kleinen Schwester Yingluck Shinawatra, deren Aufgabe es ist, ihn straffrei wieder ins Land zu holen, damit er seinen Plünderungsfeldzug weiterführen kann. Das wollen die Demonstranten - verständlicherweise - verhindern. Die Zukunft könnte danach in einer Interims-Regierung liegen, in der Experten sitzen - unabhängig von einer Partei-Zugehörigkeit -, die im Sinne des Landes und der Menschen agieren, eine Versöhnung der (von Thaksin gewollt zerstrittenen) Gruppen herbeiführen und frei, gleiche, geheime Wahlen vorbereiten.

    • 7G
      774 (Profil gelöscht)
      @Raoul Duarte:

      Ein ungewähltes, willkürlich von Suthep bestimmtes Gremium soll den Namen Demokratie verdienen? Sind Sie sicher, daß Sie wissen, wovon Sie reden?

  • M
    muddi

    Trotz der vielen Berichte habe ich von diesem Konflikt garnichts verstanden. Kann die taz nicht mal nen Überblicksartikel dazu schreiben? Welche inhaltlichen Positionen stehen sich da gegenüber?

  • Die Opposition versucht nichts anderes als einen gewaltsamen Umsturz. Dagegen muss sich jede Regierung wehren, die in freien Wahlen eine Stimmenmehrheit bekommen hat. Doch es ist davon auszugehen, dass weder Polizei noch Militär die gewählte Regierung gegen den gewaltbereiten Mob schützen wird. So kann man eine Demokratie auch ad absurdum führen. Klingt irgendwie nach dem Geschäftsmodel "Weimarer Zeiten" (Deutschland 1918-1933)

    • 7G
      774 (Profil gelöscht)
      @yyyy xxxx:

      Bin ganz Ihrer Meinung! Thailand entmündigt sich selbst, wenn es die Demokratie aufgibt. Außerdem birgt dies die Gefahr eines Bürgerkrieges Demokraten gegen Feudalisten.

    • @yyyy xxxx:

      Weimar ist schon richtig, danach wurden Parteien und Kanzler gewählt und Gesetze verabschiedet, die Folgen sind bekannt. Wenn Mehrheitspartei einen Entwurf einbringt 'Der Eheparnter vertritt den PM bei Abwesenheit' oder 'Der PM ist ermächtigt staatliche Auslandsgeschäfte ohne Parlament tätigen'. Verfassungsgerichtsbeschlüsse ignoriert, sollten wir da in der Bundesrepublik Deutschland nicht auf die Straße?

  • Mich erschreckt die Unverschämtheit mit der die Demonstranten die Abschaffung der Demokratie fordern, denn nichts anderes ist die Verweigerung gegen Wahlen bzw. Neuwahlen. So etwas als "tiefgreifende Reform" zu bezeichnen ist schon heftig ...

    • SS
      Sven Schmidt
      @Gesunder Menschenverstand:

      Welche Demokratie wollen die abschaffen? Tatsächlich kaufen alle Parteien Stimmen. Die Demonstranten wurden auch eingekauft, ein armer Bauer aus dem Norden hat nicht genug Geld um nach Bangkok zu fahren und dort zu protestieren. Der MUSS arbeiten und zwar jeden Tag.