: Teure Unsitte
■ betr.: „Die Gnadenlosen gegen Jenninger“ (Querspalte), taz vom 12.11. 97
Herr Jenninger ist nun nicht Präsident des Deutschen Instituts für Auslandsbeziehungen geworden, was Severin Weiland zu bedauern scheint. Und schuldig sind, weil hierzulande, auch bei postmodernen Journalisten, immer jemand Schuld haben muß, „Die Gnadenlosen“. Hut ab, Herr Weiland, 68er-bashing jetzt schon in der taz, in der halbsatirischen „Querspalte“ unterzubringen... Sie werden's noch weit bringen.
Es war nämlich so: Die Jenningersche Aktion anno 76, als er Plakate vom so langweilig-eindeutig parteiischen Klaus Staeck „eigenhändig abhängte“, und auch seine Rede anläßlich der Pogromnacht waren doch irgendwie gelungen, wurden aber von den „Gnadenlosen“, die überdies nicht einmal richtig nachlesen können, gezielt mißverstanden, und der brave, irgendwie unverkrampfte Mann wurde einfach abgesägt. Und jetzt gönnen ihm die bösen Buben um Staeck nicht mal den neuen Posten...
Lieber Herr Weiland, könnte es sein, daß ein Mann, der Ausstellungsstücke, die ihm (und Ihnen) mißfallen, „eigenhändig abhängt“ vielleicht wirklich kein idealer Repräsentant deutscher (demokratischer) Kultur ist? Und könnte es sein, daß ein Bundestagspräsident, der fürs Repräsentieren, was hauptsächlich aufs Reden halten hinausläuft, bezahlt wird, nach solch einer „rhetorisch mißlungenen Rede“ vielleicht wirklich nicht mehr tragbar ist? (Besonders, wenn man nachliest, was der arme Mann nachträglich zu seiner Rechtfertigung vorbrachte.) Und könnte es sein, daß Sie als Journalist wesentlich verdienstvoller schreiben und handeln würden, wenn Sie sich in einer „Querspalte“ mal mit der teuren Unsitte beschäftigen würden, abgehalfterte Politiker auf irgendwelchen gut gepolsterten Versorgungsposten endzulagern? [...] Stefan Buchenau, Clenze
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