Testspiel Deutschland – Spanien: Hübsch riskant

Beim Testspiel zwischen Deutschland und Spanien war die Lust am Fußball spürbar. Am Ende war es egal, dass das Spiel keinen Sieger fand.

Drei Fußballspieler auf einem feld

Vor allem schön: Mesut Özil mit dem Ball Foto: dpa

DÜSSELDORF taz | Es war ein wunderbarer Abend in Düsseldorf. Da haben zwei Mannschaften gegeneinander Fußball gespielt, die einfach wissen wollten, wer wohl die besseren Ideen hat, ein Spiel zu entscheiden. Es war die Lust am Fußball, die dieses Testspiel zwischen den Mannschaften aus Deutschland und Spanien so besonders gemacht hat.

Am Ende war es egal, dass das Spiel keinen Sieger gefunden hat, dass jede Mannschaft nur ein Tor geschossen hat, obwohl die Partie viel mehr Treffer verdient gehabt hätte. Es war einfach „hervorragend“, was da vor über 50.000 Zuschauern im ausverkauften Stadion zu sehen war, „sehr, sehr gut“, wie Bundestrainer Joachim Löw nach dem Spiel meinte. Es war eine „gute Show“, meinte auch Spaniens Nationaltrainer Julen Lopetegui zu diesem 1:1 zwischen Spanien und Deutschland.

Dass das Auftaktspiel der Weltmeister von 2014 in der WM-Saison 2018 so gut war, dürfte viele beruhigt haben, die angesichts des lauen Bundesligafußballs dieser Saison schon befürchtet haben, es sei endgültig zu Ende mit der deutschen Kickerherrlichkeit. In den Wochen vor dem Spiel hatte auch Joachim Löw immer wieder angemerkt, dass diese ewige Verschieberei in der Defensive, diese Betonung der Arbeit gegen den Ball, dazu geführt habe, dass man vergessen habe, worauf es eigentlich ankomme. An offensive Lösungen werde zu wenig gedacht.

Mit seinen Äußerungen hatte der Weltmeistertrainer die Latte ganz schön hoch gehängt. Die deutsche Auswahl spielte nicht nur gegen Spanien an diesem Abend, sondern gegen das miese, fußballerische Image der Bundesliga. Sie hat dies überaus erfolgreich getan.

Genervt von der Vorneverteidigung

Mit einer wahrhaft weltmeisterschaftlichen Mannschaft, die viel anders nicht aussehen wird, wenn es gegen Mexiko ins erste WM-Spiel gehen wird, ist Löw die Partie angegangen. Da war die FC-Bayern-Defensive am Start mit Mats Hummels, Jerôme Boateng und Joshua Kimmich. Da war der Blitzstürmer Timo Werner unterwegs und der wieder unberechenbar gewordene Thomas Müller.

Im ballsicheren Mittelfeld begannen Mesut Özil, Toni Kroos, Julian Draxler und Sami Khedira. Und doch hat Löw schnell gemerkt, wie schwer es werden könnte, an diesem Abend zu bestehen. Mit bis zu fünf Spielern attackierten die Spanier, wenn die Deutschen versuchten das Spiel vom eigenen Strafraum aus zu eröffnen.

Bisweilen war zu spüren, wie sehr die Deutschen genervt waren von dieser Art der Vorneverteidigung der Spanier. Es war aber auch zu sehen, wie schnell die Deutschen vor dem gegnerischen Tor waren, wenn es ihnen gelang, sich mit spielerischen Mitteln aus diesem brutalen Pressing zu befreien. Spaniens Trainer Lopetegui schwärmte hinterher von den Deutschen, von ihrer Perfektion und ihrer Schnelligkeit im Umschaltspiel.

Und Joachim Löw sprach von wichtigen Erkenntnissen, die er gewonnen habe. Er rechnet wohl damit, dass bei der WM in Russland nicht nur die Spanier diese Art des Hochrisikofußballs, die an diesem Abend mit dem frühen 1:0 durch Rodrigo belohnt wurde, auf den Platz bringen werden. Argentinien und Frankreich würden dieses frühe Pressing auch praktizieren, so Löw.

Regelrecht stilbildend

Die Deutschen beherrschen es aber ebenfalls. Obwohl er sich des Risikos dieser Spielweise bewusst gewesen sei, hat Löw auch sein Team bei gegnerischem Ballbesitz weit vorne attackieren lassen. Beide Mannschaften eroberten viele Bälle so weit in des Gegners Hälfte, wie man es selten sieht, wie man es bei der WM aber wohl noch häufiger sehen wird. Insofern könnte das Spiel regelrecht stilbildend gewesen sein. Wenn spielstarke Teams aufeinandertreffen, wird wohl die Mannschaft Vorteile haben, die sich mit technisch anspruchsvollem Passspiel aus der frühen Umklammerung befreien kann und die selbst gegnerische Angriffe früh zu unterbinden weiß.

Bei zwei so passsicheren Teams wie dem deutschen und dem spanischen ist das überaus hübsch anzusehen – so hübsch wie der Ausgleichstreffer von Thomas Müller aus 20 Metern zehn Minuten vor dem Pausenpfiff. Wenn die Deutschen am Dienstag (20.45 Uhr, ZDF) in Berlin gegen Brasilien spielen, wird man beobachten können, wie sich Ilkay Gündogan und Leroy Sané, die am Freitagabend nur zu ein paar Minuten Einsatzzeit kamen, in das deutsche Offensivspiel integrieren. Die beiden Spieler vom englischen Tabellenführer Manchester City dürfen dann von Anfang an spielen.

Der Berliner Marvin Plattenhardt soll Jonas Hector in der Defensive ersetzen, der sich nach einer langen Verletzungspause noch ein wenig schwer getan hat. Ja, es gab auch Fehler im deutschen Spiel. Aber viele waren es wirklich nicht an diesem tollen Fußballabend.

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