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Tesla-Werk in GrünheideMehr Polizei im Wasserwald

Tesla erhält eine Teilgenehmigung für die Erweiterung seiner Fabrik in Brandenburg. Ak­ti­vis­t:in­nen sind besorgt – und wollen weiter protestieren.

Leider erfolglos: Die Protestaktionen in Grünheide gegen den Ausbau von Tesla Fabrik im Mai 2024 Foto: AdoraPress/M. Golejewski

Grünheide taz | Noch kann man den Wald in der Nähe des Bahnhofs Fangschleuse in Grünheide in Brandenburg ohne Polizeikontrolle betreten. Allerdings bewachen nun neuerdings einige Po­li­zis­t:in­nen den ehemaligen Eingang zum „Wasserwald“, dem Baumhausdorf im Waldstück südlich des Teslawerks. Ak­ti­vis­t:in­nen halten den Teil besetzt, um ihn vor dem Ausbau der Fabrik zu schützen.

Erst am Dienstag hatte das Landesumweltamt Brandenburg Tesla eine erste Genehmigung erteilt, die das US-Unternehmen benötigt, um sein E-Auto-Werk zu erweitern. Dabei handelt es sich aktuell nur um eine Erweiterung bereits errichteter Anlagen. Zunächst müsste kein weiterer Wald gerodet werden. Tesla erfragte eine Genehmigung in insgesamt drei Teilen.

Die stärkere Polizeipräsenz könnte mit zwei Aktionen von Ak­ti­vis­t:in­nen zusammenhängen, die jeweils Polizeieinsätze nach sich zogen. Letzten Mittwoch hatten Menschen einen Bagger besetzt, der sich in einer gerodeten Schneise nahe dem Baumhausdorf befand. Diese Schneise soll einmal Platz schaffen für eine Bahnverbindung für den Gütertransport vom und zum Teslawerk. Am Montagmorgen war dann auf der Schneise ein sogenannter Monopod aufgestellt worden – ein einzelner Baumstamm, der senkrecht in den Boden gesetzt wird und auf dem oben jemand sitzt. Zu der letzten Aktion bekannten sich die Ak­ti­vis­t:in­nen aus dem Wasserwald.

Anfang August noch hatte der Elektroautohersteller Tesla mitgeteilt, dass die Ausbaupläne vorübergehend hinten angestellt werden sollten. Der Grund: die unsichere Lage des E-Auto-Marktes. Man wolle warten, bis die Nachfrage wieder ansteigt. Komplett vom Tisch sollte die Erweiterung allerdings nicht sein. Mit dem geplanten Ausbau des Werkes will das Unternehmen die Produktionskapazitäten seiner „Gigafactory“ von aktuell 500.000 möglichen Produktionseinheiten jährlich auf eine Million verdoppeln.

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IG Metall ist für die Tesla-Erweiterung

Die ansässige Gewerkschaft IG Metall begrüßt dies weiterhin. Die Genehmigung des ersten Teils der Werkserweiterung wollte Sprecher Markus Sievers zwar nicht konkret kommentieren, er betonte aber, dass die IG Metall aufgrund der Arbeitsplätze bei Tesla den Ausbau des Werkes grundsätzlich unterstütze. Von guten Arbeitsbedingungen sei man bei Tesla allerdings noch weit entfernt. Zu einer hohen Arbeitsbelastung und fehlenden Tarifverträgen kommen seit Werkseröffnung regelmäßige Nachrichten von Arbeitsunfällen.

Eine Erweiterung des Werkes könnte auch weitere Belastungen für die Umwelt bedeuten. Seit Eröffnung des Werkes hatte Tesla mit seinem Abwasser immer wieder Schadstoffgrenzwerte überschritten. Vergangenen Mittwoch sollte die Verbandsversammlung des Wasserverbandes Strausberg-Erkner (WSE), zu dem auch die Gemeinde Grünheide gehört, eine Entscheidung treffen: Sollte der Wasservertrag des WSE mit Tesla dahingehend geändert werden, dass dem Unternehmen eine niedrigere Wassermenge, aber angehobene Grenzwerte bei den Schadstoffen zugestanden werden?

Tesla lügt die Bevölkerung an

Manu Hoyer, Bür­ge­r:in­nen­in­itia­ti­ve Grünheide

Letztendlich vertagte die Verbandsversammlung die Entscheidung auf den 4. Dezember diesen Jahres, mit der Begründung, dass der neue Vertragsentwurf mit Tesla noch einmal eingehender rechtlich geprüft werden müsse.

Bür­ge­r:in­nen­in­itia­ti­ve Grünheide ist weiter aktiv

Zu den Konstanten in Grünheide gehört aber immer noch der Waldspaziergang der Bür­ge­r:in­nen­in­itia­ti­ve Grünheide. Jeden Sonntag besuchen sie den Wald, der in der Theorie noch immer weiter gerodet werden könnte. Schon vor dem Bau der Teslafabrik war das Wasser dabei ein Streitthema. Denn die Fabrik liegt nicht nur auf einem Wasserschutzgebiet, sondern wurde auch in einer Region in Deutschland angesiedelt, die besonders unter der Dürre der letzten Jahre gelitten hat. Der WSE begrenzt schon jetzt die Menge, die Neu­kun­d:in­nen des Verbandes am Tag verbrauchen dürfen, auf 105 Liter. Für alle bestehenden Kun­d:in­nen kommt diese Deckelung mit Beginn des nächsten Jahres.

Eigentlich sollte ja die Erweiterung auf Eis gelegt werden, sagt Manu Hoyer, Sprecherin der Bürger:inneninitiative. „Tesla lügt die Bevölkerung an“, so Hoyer. Sie habe die Befürchtung, dass die Erweiterung auf Kosten der Umwelt und der lokalen Bevölkerung durchgesetzt werden soll. „Einen Güterbahnhof in einem Trinkwasserschutzgebiet zu bauen ist ein Verbrechen“, sagt sie. Ein Großteil der Grün­hei­de­r:in­nen hatte sich außerdem in einer Befragung im März gegen die Erweiterung ausgesprochen. Die Ge­mein­de­ver­tre­te­r:in­nen haben sich also gegen die Menschen in Grünheide gestellt, als sie den Bebauungsplan dennoch bewilligten.

Die Ak­ti­vis­t:in­nen sorgen sich um eine Kriminalisierung ihres Protestes. Das Baumhausdorf mitten im Wald ist eine unbefristete legale Versammlung. Das heißt für die Ak­ti­vis­t:in­nen gerade auch, dass die Baumhäuser winterfest gemacht werden müssen. Die Ak­ti­vis­t:in­nen Red und Clara haben zum Beispiel vor, den Winter auf jeden Fall im Wald zu verbringen.

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4 Kommentare

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  • taz: *Zunächst müsste kein weiterer Wald gerodet werden.*

    'Was nicht ist, kann ja noch werden.'

    Wofür brauchen wir überhaupt Wald? Der Wald steht doch ohnehin nur dumm in der Gegend herum und nimmt solchen tollen Leuten wie Elon Musk den Raum und die Flächen weg, wo Tesla-Elon doch so schöne Fabriken drauf bauen könnte. Außerdem ist Elon Musk Multimilliardär und somit darf er ohnehin machen was er will. Ob er nun aus Werbegag einen Tesla Roadster ins Weltall schießt, auf X mit rechten Parteien liebäugelt oder in Deutschland ein Wasserschutzgebiet zerstören möchte, ist alles total egal, denn Musk ist 'reich'. Und unsere "Volksvertreter" lieben nun einmal reiche Leute und deshalb machen sie auch brav den Bückling vor diesem exzentrischen Multimilliardär, denn wie gesagt, er ist 'reich' und deshalb darf Elon Musk auch einen Güterbahnhof in einem Trinkwasserschutzgebiet bauen und demnächst noch mehr Wälder platt machen lassen.

    taz: *Die Aktivist:innen sorgen sich um eine Kriminalisierung ihres Protestes.*

    Ja, die Sorge ist sehr berechtigt, denn es wird unseren "Volksvertretern" sicherlich etwas einfallen, damit man Umwelt- und Klimaschützer wieder mal kriminalisieren kann.

  • Finde ich ärgerlich, wie man diesen Firmen alle Steine aus dem Weg räumt, wie Politiker solchen Leuten wie Musk um den Bart gehen, ja irgendwo reinkriechen. Ich frage mich, ob sich das für unsere Volkswirtschaft wirklich lohnt. Gut, Tesla hat keine direkten Zuschüsse bekommen, aber die Infrastruktur, Strassen, Bahnanschluss usw., dafür zahlt Musk keinen Cent. Und wenn in ein paar Jahren Tesla nicht mehr so gut läuft, dann wird das Werk stillgelegt, die belasteten Böden und Investitionsruinen bleiben zurück.

  • Da kann man ja schon ein wenig neidisch werden. Wenn da was passiert, ist die Polizei schon vor Ort, bei uns muss man mit einer Anfahrtszeit von 20 Minuten rechnen, bevor die Polizei da ist...

  • Der durchgeknallte Freund Donald würde auch kriminalisieren. America First! Wirtschaft First! Scheiss auf´s Volk. Und auch in Südamerika sind Umweltaktivisten ein beliebtes Ziel geschäftlicher Interessen.