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Terrorgefahr in WienSwifties trauern und singen

Nachdem die Konzerte ihres Idols abgesagt werden mussten, singen – und trauern – Taylor-Swift-Fans gemeinsam auf den Straßen Wiens.

Die Swifties lassen sich ihre Zuversicht nicht nehmen Foto: Heinz-Peter Bader/ap

D en Moment voll auskosten – „take the moment and taste it“, so, wie Taylor Swift es in ihrem Song „You’re on Your Own, Kid“ beschreibt –, genau das hatten sich Zehntausende Swifties für die drei Konzerte der US-Künstlerin in Österreichs Hauptstadt vorgenommen. Am 8., 9. und 10. August sollten sie stattfinden.

Farbenfrohe Outfits wurden gebastelt, Freundschaftsarmbänder aufgefädelt und die dazugehörigen Freundschaften gleich mit geschlossen. Über ein Jahr lang warteten die teuer gekauften Tickets auf den Smartphones darauf, den Fans in Wien endlich Zugang zu Taylors Wunderland zu gewähren. Und sogar aus Australien oder den USA reisten Swifties an.

Doch am Mittwochabend wurden die drei Konzerte der „Eras“-Tour im Wiener Ernst-Happel-Stadion abgesagt. Der Grund: Pläne zu einem wohl islamistisch motivierten Terroranschlag wurden bekannt, mindestens ein Tatverdächtiger verhaftet; die Untersuchungen laufen noch.

Wohin nun mit den Freundschaftsbändchen? Am Abend der Absage hieß es für die Swifties erst mal: Jetzt bloß nicht übereilt an öffentliche Plätze strömen, ehe die österreichischen Behörden mehr zur Gefahrenlage bekannt geben – und auf keinen Fall Panik verbreiten. So wurde das auch in Fangruppen kommuniziert.

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Am Donnerstag, dem Tag des ersten geplanten Konzerts, verwandelte sich Wien schließlich in einen Schauplatz kollektiver Trauerbewältigung. In der Innenstadt versammelten sich Hunderte Swifties, um gemeinsam die Hits ihres Idols zu singen – und auch, um ein Signal zu senden. „Es fühlt sich an wie Liebeskummer, aber wir lassen uns nicht unterkriegen“, sagte eine junge Frau.

Auch die Corneliusgasse im 6. Bezirk – ausgewählt wegen der Ähnlichkeit zur von Taylor besungenen „Cornelia Street“ – wurde zur Trauerzone. Swifties hängten ihre geknüpften Armbänder an einen Baum, der zum offiziellen Tauschbaum deklariert wurde. Sie umarmten sich, weinten, sangen gemeinsam lautstark die größten Hits ihres Stars.

Selbst für einige Nicht-Swifties war das ein rührender Anblick. Weil man daran sehen könne, dass es bei ihrem Fantum nicht einfach nur um Heldinnenverehrung gehe, sagen viele Fans. Sondern um Gemeinschaft, um eine positive Perspektive, um Identität – und die Gewissheit, dass da jemand sei, mit dem man sich verstehe, der einen trösten könne, auch wenn man sich vielleicht gar nicht kenne.

Das Miteinander beschränkt sich nicht nur auf Wien

Und die Fans waren sich einig: Die Liebe muss immer siegen. Das klingt alles ziemlich kitschig, doch es fühlt sich für viele einfach ­wholesome – wohltuend, wie eine warme Umarmung – an.

Das liebe Miteinander beschränkte sich nicht nur auf Wien. So manche Swifties, die Tickets für die kommenden Konzerte im Vereinigten Königreich ergattert hatten, boten an, sie an die Wiener Fans weiterzuverkaufen. Damit zumindest Einzelne die Chance hätten, Taylor Swift noch auf dieser Konzerttour zu sehen.

Überwiegend weiblichen Fan­bewegungen wie den Swifties wird gerne unterstellt, sie seien hysterisch. Sie hätten einfach keine Ahnung von Musik. Dumme kleine Mädchen eben.

Dass Swifties genau das nicht sind, hat sich nach dem ersten Schock der Absage auf Social Media, aber auch auf den Wiener Straßen gezeigt. Es sei immer richtig, die Sicherheit aller an erste Stelle zu setzen, erklärten viele Fans auch in den sozialen Netzwerken. Gleichzeitig blieb Raum für Trauer und Enttäuschung. Denn das geht schließlich auch: wissen, dass etwas notwendig war, und trotzdem traurig darüber sein.

Und ist das nicht etwas, das man eigentlich viel öfter in der Welt bräuchte: ein bisschen ­wholesomeness in einer Welt, in der beispielsweise der Zusammenhalt oft zu kurz kommt? Genau dafür können sich die Swifties in Wien auf die Schultern klopfen: dass sie dieses Gefühl trotz all ihrer Enttäuschung in die Straßen der Stadt getragen haben.

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4 Kommentare

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  • Schon toll anzusehen, wie eine Fanszene ihren misogynen Hatern trotzt. Die lassen sich die Party nicht vermiesen.

  • Ich habe mich jetzt ein bisschen mit Taylor Swift und ihrer Musik beschäftigt und bis auf "Shake It Off" ist das nicht so meins.

    Aber die Swifties sind irgendwie süß, sympathisch und freundlich. Es ist ja ein weibliches Phänomen und Fünfzigjährige verhalten sich wie Teenies.

    Georg Seeßlen hat Taylor Swift als "Miss America" beschrieben, der kleinste gemeinsame Konsens der linksliberalen USA, der linksliberalen Welt.

    Warum auch nicht?

    • @Jim Hawkins:

      Haben Sie in das „Folklore“-Album hineingehört? Ich finde, das ist wirklich gut im Kontext klassischer US-amerikanischer Singer-Songwriter-Tradition.

      • @Thomas Raukamp:

        Dann werde ich das mal tun, vielen Dank für den Tipp!