Terror in Ostafrika: Somalias Shabaab töten in Kenia

Gerade hat Kenia seine Grenze zu Somalia wieder geöffnet. Auch die dortige Eingreiftruppe gegen Shabaab zieht ab. Nun schlägt die Gruppe in Kenia zu.

Menschen stehen vor Brandruinen am 16. Juni 2014

Angriffe gab es auch schon früher: im Juni 2014 stehen Bewohner in Mpeketoni beieinander Foto: Joseph Okanga/reuters

KAMPALA taz | „Sie kommen jedes Jahr zur gleichen Zeit, um uns anzugreifen“, berichtet Monica Wangui der taz am Telefon. Die 26-jährige Kenianerin stammt gebürtig aus dem Verwaltungsbezirk Lamu mit der gleichnamigen Insel im Indischen Ozean. Heute arbeitet sie in der örtlichen Bezirksverwaltung, auf dem Festland, nur einen Steinwurf von der Grenze zu Somalia entfernt.

Aus Somalia dringen immer im Juni die Kämpfer der radikalen islamistischen Miliz Al-Shabaab ein. Am 16. Juni 2014 töteten sie in der kenianischen Kleinstadt Mpeketoni über 60 Menschen; Schulen, Polizeistationen und Häuser wurden niedergebrannt.

„Jedes Jahr, wenn wir den Toten von 2014 gedenken, werden wir wieder angegriffen. Es ist wie ein alljährlich wiederkehrendes Trauma“, erzählt Wangui und berichtet vom vergangenen Sonntagabend in den zwei Dörfern Juhudi und Salama. „Zunächst hörten wir Schüsse.“ Die Menschen verbarrikadierten sich in ihren Häusern, aber das nützte nichts. „Sie haben fünf Männern den Kopf abgehackt, darunter einem 19-jährigen Jungen.“

Der neue Terrorangriff fällt zusammen mit dem beginnenden Abzug der afrikanischen Eingreiftruppe, die in Somalia seit Jahren die Shabaab bekämpft. An der 2007 von der Afrikanischen Union (AU) aufgestellten und vom UN-Sicherheitsrat autorisierten Friedensmission Amisom waren zunächst Uganda und Burundi, später auch Äthiopien und Kenia beteiligt.

Skeptische Stimmen zum Abzug

Vergangenes Jahr entschied die AU, der Kampf gegen die Shabaab sei so erfolgreich, dass man die militärische Hoheit jetzt schrittweise der somalischen regulären Armee übergeben könne. Diese wurde in den vergangenen Jahren von internationalen Ausbildern trainiert, darunter auch deutschen Soldaten.

Etappenweise sollen bis Ende 2024 alle Eingreiftruppen aus Somalia abziehen. Von einst knapp 20.000 Soldaten sollen ab Ende Juni im Rahmen der Übergangsmission ATMIS (African Union Transition Mission in Somalia) nur noch 2.000 übrig bleiben. Bis Ende 2024 sollen auch diese gehen.

Die Truppensteller wie Uganda und Burundi fiebern diesem Abzug entgegen. Sie haben in Somalia viele blutige Verluste hinnehmen müssen. Erst Anfang Juni überfiel die Shabaab eine ugandische Armeebasis in Somalia und tötete mit einer Bombe versteckt in einem Fahrzeug 54 Soldaten.

Experten sehen den Abzug jedoch mit Skepsis. ATMIS-Chef Mohamed Souef erklärte dem UN-Sicherheitsrat neulich, dass er die Militärmission gerade umstrukturiere, um die Miliz noch einmal deutlich zu schwächen. Zahlreiche Militärbasen würden nun der somalischen Armee übergeben. Die AU-Truppen, vor allem kenianische und äthiopische Verbände, würden jetzt in kleinen Spezialeinheiten noch einmal eine Offensive gegen die Shabaab führen. Um endgültig abzuziehen, sei eine „kollektive Anstrengung“ notwendig.

Gleichzeitig forderte die UN-Somalia-Beauftragte Catriona Laing alle internationalen Partner dazu auf, „sich zu beteiligen und den Menschen zusätzliche Unterstützung zukommen zu lassen“. Gemeint ist damit auch die humanitäre Hilfe. Fast die Hälfte der somalischen Bevölkerung leidet aufgrund des voranschreitenden Klimawandels und der katastrophalen Sicherheitslage an Hunger, weil sie kaum selbst etwas anbauen können. Dieses Jahr sei erneut die Regenzeit von März bis Juni ausgefallen, meldet das UN-Welternährungsprogramm WFP und warnt: „Um eine humanitäre Katastrophe abzuwenden, ist sofortiges Handeln erforderlich.“

In Anbetracht der desaströsen Lage befürchtet Monica Wangui in Kenia jetzt, dass Shabaab-Angriffe in Zukunft zunehmen. Erst vergangene Woche hat Kenias Innenministerium in Lamu die Grenze nach Somalia wieder geöffnet, nach zwölf Jahren Schließung aus Sicherheitsgründen. „Über diese offenen Grenzen sehen wir nun auch unsere kenianischen Soldaten wieder zurückkehren“, sagt Wangui und berichtet: „Die Menschen hier sind sehr verärgert über unsere Regierung, weil sie uns nicht zu schützen vermag.“ Am Abend des Shabaab-Angriffs hätten die Betroffenen die Polizei verständigt, sie sei aber erst am nächsten Morgen angerückt.

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