Terror in Nigeria: Bombenanschlag in Einkaufszentrum
In Abuja sind 21 Menschen bei einem Bombenanschlag ums Leben gekommen. Der Angriff sorgt für Wut auf eine Elite.
ABUJA taz | Plötzlich ist eine leise Welle des Applauses zu hören. Die nigerianischen Super Eagles, die Nationalmannschaft, haben ihr letztes Gruppenspiel gegen Argentinien verloren. Doch es reicht, um Gruppenzweiter zu werden und ins Achtelfinale einzuziehen. „Natürlich freue ich mich darüber. So etwas macht mich doch glücklich. Jetzt schätze ich mein Team wieder“, sagt Mohammed Abubakar.
Echte Freude stellt sich allerdings nicht ein. Denn kurz vor dem Anpfiff in Brasilien explodierte ein Sprengsatz im Zentrum Abujas. Vor dem Emab Plaza im Stadtteil Wuse 2 riss er nach Polizeiangaben 21 Menschen in den Tod. Weitere 17 wurden zum Teil schwer verletzt und werden in fünf Krankenhäusern im Zentrum behandelt. Augenzeugen zufolge könnte die Anzahl der Opfer aber noch höher liegen.
Noch Stunden später steht Abubakar fassungslos vor dem gelben Absperrband der Polizei. Es flattert im Wind. „Genau deshalb kann ich das Weiterkommen nicht genießen. Das ist hier so traurig. So viele Menschen, die nun tot sind. Ich kann es gar nicht richtig fassen“, sagt er.
Bisher hat sich noch niemand zu dem Anschlag bekannt. In Abuja geht man aber davon aus, dass er auf das Konto der Terrorgruppe Boko Haram geht. Zwei Stunden nach dem Anschlag berichten mehrere Medien, dass Soldaten einen der mutmaßlichen Täter erschossen und einen weiteren verhaftet haben. Sie sollen offenbar auf einem Moped gekommen sein. Augenzeugen hatten zuvor vermutet, dass der Sprengsatz in einem geparkten Kleinwagen deponiert worden war.
Keine Beweise für neue Entführungen
In den vergangenen acht Wochen herrschte Ruhe in Abuja. Anschläge hatte es vor allem im äußersten Nordosten ganz in der Nähe zur kamerunischen Grenze gegeben. Regelmäßig überfielen mutmaßliche Terroristen schlecht gesicherte und entlegene Dörfer. Im Bundesstaat Borno sollen dabei in der vergangenen Woche auch wieder 60 Mädchen und Frauen entführt worden sein. Am Mittwoch bestritt ein Regierungsvertreter das jedoch und sagte, es gebe dafür keine handfesten Beweise.
Mit dem Angriff auf das Emab Plaza haben sich die Täter ein besonders belebtes Viertel ausgesucht. Hier reiht sich ein Einkaufszentrum an das andere. In den meisten sind kleine Läden untergebracht, in denen man Handys reparieren, Passfotos machen lassen oder ein paar Lebensmittel kaufen kann. Viele Banken sind mit Filialen vertreten. Der nahe gelegene Supermarkt ist vor allem bei Indern und Libanesen beliebt. Hier bilden sich in den Abendstunden die Staus, wenn die Pendler versuchen, nach der Arbeit wieder in die Vororte zu fahren.
Noch Stunden nach dem Anschlag ist die Straße abgeriegelt. Die Polizei versucht, Spuren zu sichern und gleichzeitig Schaulustige zu beruhigen. Sie stehen wütend vor dem gelben Absperrband. Die Wut richtet sich gegen die Angreifer, aber auch gegen die Regierung. Immer wieder hatte es in Abuja Gerüchte gegeben, dass auch Einkaufszentren zum Anschlagziel werden könnten. Vor zwei Wochen waren deshalb drei große Märkte als Vorsichtsmaßnahme geschlossen worden. Damals hieß es, die Sicherheitskräfte hätten Hinweise auf mögliche Anschläge gehabt.
„Wo soll ich denn noch einkaufen?“
Für Frank Chinude, der der Polizei bei den Aufräumarbeiten zuschaut, bedeutet die Explosion jedoch: „Es gibt keine Sicherheit für uns, für die einfachen Menschen.“ Am liebsten würde er Shopping Malls deshalb in Zukunft meiden, zuckt dann aber gleich wieder mit den Schultern. „Wo soll ich dann noch einkaufen? Die Märkte sind ja auch nicht mehr sicher.“
Sicherheit, so findet er, gebe es nur für eine kleine Elite im Land. „Man muss sich nur anschauen, wenn der Präsident am Flughafen landet. Dann kriegen sie es hin, die ganze Straße bis zur Villa zu sperren“, sagt er erbost, doch hier kümmert sich niemand darum. Die Villa ist der Sitz von Präsident Goodluck Jonathan.
Der war am Mittwochnachmittag nach Äquatorialguinea gereist. Nach Informationen der Premium Times will er jetzt aber wieder zurück nach Nigeria reisen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Krieg in der Ukraine
Russland droht mit „schärfsten Reaktionen“
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken