piwik no script img

Terror in BurundiUmweltminister hingerichtet

Der Tutsi Emmanuel Niyonkuru wurde erschossen. Vor seinem Tod soll der Umweltminister Burundis „land grabbing“ kritisiert haben.

Soldaten in Burundis Hauptstadt Bujumbura Foto: imago/blickwinkel

Kampala taz | Das neue Jahr war noch keine Stunde alt, als in Burundis Hauptstadt Bujumbura Schüsse fielen: Emmanuel Niyonkuru, Minister für Wasser, Umwelt und Planung, war auf dem Weg nach Hause von der Neujahrsfeier, als ihn im Stadtviertel Ruhero kurz vor seinem Haus Kugeln trafen. Er starb am Tatort. Fotos auf Twitter zeigen seine nackte Leiche, blutverschmiert im Leichenwagen.

Eine Frau sei festgenommen worden, meldete Burundis Polizeisprecher Pierre Nkurikiye. Sie werde vernommen. In einer Stellungnahme berichtet die Verdächtige, sie kenne den verstorbenen Minister nicht. Sie habe jedoch ihre Handtasche am Tag vor Neujahr im Bus nach Hause verloren, so die burundische Zeitung Iwacu.

Burundische Menschenrechtsaktivisten und Oppositionelle spekulieren, der Minister – zuständig ebenso für Land- und Stadtplanung – habe jüngst einige hochrangige Regierungsvertreter beschuldigt, illegal Land erworben zu haben. Er sei zudem Tutsi und deswegen ermordet worden.

Niyonkuru ist das neueste prominente Opfer in der Krise in dem kleinen Land im Herzen Afrikas. Gezielte Morde, Entführungen und Folter sind in Bujumbura schon fast Alltag. Das prominenteste Opfer eines gezielten Mordanschlags war der Exgeheimdienstchef General Adolph Nshimirimana, der im August 2015 von einer Bazooka in seinem Auto buchstäblich gegrillt wurde. Im November 2016 wurde Regierungssprecher Willy Nyamitwe von einer Kugel am Arm getroffen. Regierungsgegner gehen also mittlerweile zuweilen mit denselben Methoden vor, wie sie der Geheimdienst und andere Sicherheitsorgane anwenden – gezielte Tötungen.

Burundis Regierung beschuldigt das Nachbarland Ruanda, Morde zu initiieren. Umgekehrt dokumentierte ein UN-Menschenrechtsbericht im September 2016 Hunderte von Fällen gezielter Tötungen, Entführungen, Folter, willkürliche Verhaftungen und sexueller Gewalt – ausgeführt von der Miliz Imbonerakure, der bewaffnete Jugendflügel der Regierungspartei und ehemaligen Hutu-Rebellenbewegung CNDD-FDD (Nationalkomitee/Kräfte zur Verteidigung der Demokratie), die vor dem umstrittenen Präsidentschaftswahlen 2015 vom später ermordeten Exgeheimdienstchef aufgebaut worden war.

300.000 Menschen geflohen

Laut Verfassung durfte Präsident Pierre Nkurunziza im Juli 2015 nicht zu einer dritten Amtszeit antreten. Sicherheitskräfte unter General Adolphe und dem ebenso gefürchteten Polizeichef und Sicherheitsminister Alain Bunyoni schlugen Proteste dagegen gewaltsam nieder. Über 500 Menschen wurden gezielt getötet oder verschwanden spurlos. Über 300.000 flohen aus dem Land.

Die burundische Regierung lehnt bis heute jegliche Verantwortung für die im UN-Bericht dokumentierten Fälle ab. Sie verweigert UN-Ermittlern und UN-Polizisten sowie sämtlichen internationalen Beobachtern die Einreise. Als der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag Ermittlungen ankündigte, beschloss Burundis Parlament, aus dem Weltgericht auszutreten.

Wenige Stunden nach der Ermordung seines Umweltministers garantierte Präsident Nkurunziza in seiner Neujahrsansprache: „Frieden und Sicherheit sind eine Realität im ganzen Land.“

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • "hingerichtet" ist doch wohl das falsche Wort.

    Er wurde erschossen/ermordet oder was auch immer.

    Hingerichtet impliziert eine Legitimation die m.M.n. selbst die Todesstrafen in demokratischen Ländernt nicht besitzt.