Termin für Transport steht fest: Der Castor kommt, der Castor kommt!
Der Termin für den Castor-Transport rückt näher: Am 5. November soll er vom französischen La Hague aus ins Wendland starten. Das rüstet sich für den 6. November – mit Demo und Aktionen.
Bereits seit Monaten mobilisieren Anti-Atom-Gruppen und Umweltverbände, Parteien und Gewerkschaften für den Tag X. Jetzt steht er fest: Wie die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg mitteilt, soll der nächste Atommülltransport nach Gorleben am 5. November im französischen La Hague starten. Für den 6. November planen zahlreiche Gruppen eine bundesweite Großdemonstration im niedersächsischen Örtchen Dannenberg. Sie wollen sich dem Castor-Transport aktiv widersetzen.
Der Sprecher der Bürgerinitiative, Wolfgang Ehmke, sagte: "Gorleben ist schon lange kein regionales Problem mehr, hier manifestiert sich die verfahrene Atompolitik von Schwarz-Gelb. Sie produziert nur Müll, von dem am Ende keiner weiß, wohin." Der taz sagte Ehmke: "Jeder weiß, dass die Laufzeitverlängerungen dem Ausbau der regenerativen Energien im Wege stehen." Deshalb würden die Castor-Proteste im Wendland eine General-Abrechnung in Sachen Energiepolitik "Das wird die größte Anti-Atom-Manifestation, die das Wendland je erlebt hat".
Die Anti-Atom-AktivistInnen rechnen mit tausenden Menschen, die im November gegen den Castor-Transport im Wendland protestieren. Die Initiative //www.x-tausendmalquer.de/:X-tausendmal quer plant massenhafte Sitzblockaden, zahlreiche Initiativen, Parteien und Verbände rufen auf - und ein breites Bündnis linker Gruppen will mit der Kampagne "Castor schottern" zu hunderten die Gleisbetten stürmen und den Schienenbetten kollektiv das Fundament entziehen.
Zuletzt hatte auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) die Atompolitik der Bundesregierung deutlich kritisiert. "Die Polizei wird zunehmend als Puffer zwischen Politik und Gesellschaft missbraucht", sagte der GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg. "Die Atompolitik ist das jüngste Beispiel dafür, wie sehr sich die Politik von Bürgerinnen und Bürgern abzusetzen scheint. Die Verlässlichkeit in politische Entscheidungen scheint einer sich an tagesaktuellen Ereignissen orientierenden Beliebigkeit und einer zu großen Nähe zur Wirtschaftslobby gewichen zu sein", hatte der Polizistensprecher gesagt. Der bevorstehende Atommülltransport im November werde die Polizei mit erhöhtem Protestaufkommen konfrontieren, laut Freiberg könnte die Atompolitik der Bundesregierung die Polizei gar "an ihre Belastungsgrenzen" bringen.
Dass die Proteste tatsächlich einen neuen Höhepunkt markieren könnten, darauf deutet vieles hin. In den letzten Jahren hatte der Widerstand gegen die Atom-Politik kontinuierlich neuen Zulauf bekommen. Vor den Bundestagswahlen demonstrierten 50.000 Menschen im September 2009 in Berlin gegen die schwarz-gelben Atompläne. Im April beteiligten sich 120.000 Menschen an einer Menschenkette gegen Atomkraft. Und für den kommenden Samstag (18. September) ist eine bundesweite Großdemonstration gegen die aktuellen Beschlüsse der schwarz-gelben Regierung geplant, die die Restlaufzeiten der Atomkraftwerke massiv ausweiten will. Aus allen Teilen Deutschlands werden Busse und Sonderzüge erwartet.
Kritik an dieser Atompolitik der Regierung kam am Donnerstag erneut von den atompolitischen Sprecherinnen der Oppositions-Fraktionen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) vollstreckten mit der Erkundungslüge in Gorleben die Interessen der Energieriesen, teilten die Sprecherinnen von SPD, Grünen und Linken in einer gemeinsamen Erklärung mit. Die Bundesregierung brauche den maroden Salzstock im niedersächsischen Gorleben als Entsorgungsnachweis für die Laufzeitverlängerung ihrer Atomkraftwerke. Dabei sei Gorleben als Endlager politisch und wissenschaftlich verbrannt.
Der Anti-Atom-Protest richtet sich einerseits gegen die Nutzung von Atomkraft generell, aber auch gegen den Standort Gorleben im besonderen. Nach einem zehnjährigen Erkundungsstopp will die Bundesregierung die Erforschung des Salzstocks ab Oktober wieder aufnehmen. Es gibt zahlreiche Hinweise dafür, dass die Wahl des Standorts mehr aus politischen als aus wissenschaftlichen Gründe erfolgte. Derzeit strahlen in dem oberirdischen Zwischenlager in Gorleben 90 Castor-Behälter in einer großen Lagerhalle vor sich hin. Bei der Erkundung des mögliche Endlagers geht es um einen Salzstock in unmittelbarer Nähe, in dem bislang noch kein Atommüll versenkt wurde.
Am heutigen Donnerstag besichtigt der Bundestags-Untersuchungsausschuss dieses mögliche Atommülllager. Angesichts des aufgeheizten Streits über den Atomkompromiss der Regierung hat sich die Polizei darauf vorbereitet, mögliche Störungen von Atomkraftgegnern zu verhindern.
Kritik an dem Vorhaben, weiter Atommüll in Gorleben zu bunkern, kommt auch aus der Kirche. Der Endlagerbeauftragte der hannoverschen Landeskirche, der Pastor Eckhard Kruse aus Gartow, sagte: "Sollte die Bundesregierung ihre Pläne zur Enteignung wahr machen, werden wir juristisch dagegen vorgehen." Gartow gehört zu den vier Kirchengemeinden, die Salzrechte in Gorleben besitzen. Der stellvertretende Landesbischof Hans-Hermann Jantzen habe die Unterstützung der Landeskirche zugesagt.
Der größte Grundbesitzer, Andreas Graf von Bernstorff, und die vier Kirchengemeinden sollten bereits Anfang der 1990er Jahre enteignet werden, sagte Kruse. Damals sei die Bundesregierung gescheitert. "Wir werden weiteren Erkundungen erst zustimmen, wenn die Bedingungen der Kirche erfüllt werden." Dazu gehöre eine ergebnisoffene Suche nach alternativen Standorten.
Sorge bereite ihm, dass 2015 zahlreiche Pachtverträge von Kleinbauern auslaufen, die in den 1980er Jahren Erkundungen auf ihrem Grund zugestimmt hatten, betonte der Pastor. Viele hätten das Vertrauen in die Bundesregierung verloren und wollten die Verträge nicht verlängern. "Doch sie haben nicht die gleichen juristischen Möglichkeiten wie die Kirche."
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