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Tennisturnier Australian OpenIn Melbourne auf dem Grill

Temperaturen von mehr als 41 Grad setzen den Spielern an den ersten Turniertagen zu. Reine Willenssache – behaupten diejenigen, die standhalten.

Im Gegensatz zu den SpielerInnen können sich die ZuschauerInnen mit einem Eis abkühlen. Bild: reuters

MELBOURNE taz | Es hätte einen nicht gewundert, wenn selbst die Bronzebüsten der australischen Tennisheroen, die auf der Plaza vor der Rod-Laver-Arena stehen, Schweiß vergossen hätten. Wieder war es brutal heiß in Melbourne, diesmal mit einem Spitzenwert von 41,6 Grad, und unter solchen Umständen Tennis zu spielen, ist eine extreme Herausforderung für Körper und Geist.

Besonders drastisch drückte es der Kroate Ivan Dodig aus, der sein Spiel von Krämpfen geplagt nicht beenden konnte und später meinte: „Ich habe gedacht, dass ich in der Hitze sterben könnte. Bei solchen Bedingungen zu spielen ist nicht zu vertreten.“

Ähnlich hatte sich der Kanadier Frank Dancevic am Tag zuvor bei einem Spitzenwert von 42,2 Grad geäußert und von unmenschlichen Bedingungen gesprochen. Aus der Sicht der Offiziellen gab es dennoch keinen Grund, die Spiele in der Wüstenhitze abzubrechen. An beiden Tagen erklärte Oberschiedsrichter Wayne McKewen, wegen der relativ niedrigen Luftfeuchtigkeit habe es für ihn keine Veranlassung gegeben.

Dazu muss ein gewisser Wert erreicht werden, der sich aus einer Kombination von Temperatur und Luftfeuchtigkeit errechnet. Turnierarzt Dr. Tim Wood sagte am Mittwoch, es habe zwar diverse Behandlungen auf dem Platz gegeben, aber kein Spieler habe hinterher Hilfe gebraucht.

The Heat Is On

Die Frage ist, wie man sich bewährt, wenn der Kopf glüht und die Füße brennen und man das Gefühl hat, die Sonne brenne Löcher in die Haut. Sabine Lisicki, die Wimbledonfinalistin des Vorjahrs, kam damit nicht zurecht; sie verlor in drei Sätzen gegen die unkonventionell spielende Rumänin Monica Niculescu und meinte hinterher, nach guten anderthalb Sätzen sei sie mit der Hitze einfach nicht mehr klargekommen.

„Danach wollten meine Beine nicht mehr. Es gibt einen Punkt, an dem es einfach zu heiß wird. Für alle ist es heiß, aber jeder reagiert anders, und mich hat es heute mehr erwischt.“ Auf die Frage, ob sie denn nicht von vielen Trainingstagen in der Hitze Floridas Ähnliches gewohnt sei, antwortete sie, das könne man nicht vergleichen, die Bedingungen in den USA seien ganz anders.

Die Frage ist, worauf es auf dem australischen Grill mehr ankommt – auf die nötige Fitness oder auf den bedingungslosen Willen, den Umständen zu trotzen und alles zu versuchen. Roger Federer hatte neulich zu diesem Thema gesagt, seiner Meinung nach sei das eine mentale Sache. „Wenn du dein Leben lang hart trainiert hast und du daran glaubst, dass du es schaffst, dann gibt es keinen Grund, warum das nicht möglich sein sollte.“

„Irgendwie überleben“

Florian Mayer war ein gutes Beispiel für diese These. Mehr als drei Stunden lief der Mann aus Bayreuth auf Kohlen, bis er in fünf Sätzen gegen den Russen Michail Juschni gewonnen hatte. „Ich bin ein bisschen stolz auf mich, dass ich das geschafft habe“, meinte er hinterher. „Es ist brutal, aber man versucht irgendwie zu überleben.“ Ihm erschließt sich nicht, warum die Spiele nicht wie früher beim Erreichen einer bestimmten Temperatur abgebrochen werden, aber er ist wie Federer der Meinung, der Wille sei unter diesen Bedingungen wichtiger als die Fitness.

Bei Angelique Kerber und Mona Barthel stimmte beides; sie sind nun die Einzigen aus dem mit einigen Hoffnungen gestarteten Frauenteam des deutschen Tennis-Bundes in Runde drei. Kerber fühlte sich trotz eines zügigen Sieges in zwei Sätzen wie auf den Grill gelegt und nahm hinterher dankend die Möglichkeit an, die allen Spielern bei großen Turnieren – nicht nur in der Hitze Australiens – angeboten wird. Bis zur Hüfte im Eisbad stehend, versuchte sie die Funktionen ihres Körpers zu reaktivieren und zur Regeneration beizutragen.

Aber noch mal zurück zu Florian Mayer. Der zeigte vollstes Verständnis dafür, dass sich nicht allzu viele Zuschauer für sein Spiel gegen Juschni interessiert hatten. Sitzen sei doch noch schlimmer, als auf dem Platz zu stehen, meinte er, „das hält man in der Sonne nicht aus“. Für Donnerstag und Freitag sagen die Meteorologen noch mal Grillwetter voraus, am Wochenende soll es kühl werden mit Tiefsttemperaturen von 12 Grad. Das kann man sich im Moment noch nicht vorstellen, aber so was geht in Melbourne blitzschnell. Manchmal im Laufe weniger Stunden.

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