Tennis Borussia: Spendierhosen gesucht

TeBe war von einem dubiosen Finanzier abhängig. Auf ihn verzichtete man erst, als er verhaftet wurde. Ein Einzelfall? Viele Clubs hätten den Sponsor wohl gern genommen - in der Oberliga ist das Geld knapp.

Souveräner als Tennis Borussia Berlin kann man kaum aufsteigen. Fünf Wochen vor dem Saisonende ist ihnen in der Oberliga die Tabellenführung nicht mehr zu nehmen. Mitbekommen haben das allerdings die wenigsten. "In dieser Liga befindet man sich unterhalb der öffentlichen Wahrnehmungsschwelle", sagt Hagen Liebing, der Sprecher des Vereins. Das große Zittern allerdings, das sich vor kurzem unvermutet einstellte, sorgte für bundesweite Aufmerksamkeit. Erst seit Donnerstag schlägt der Puls der TeBe-Anhänger wieder ruhiger: Da erteilte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) dem Verein die Regionalligalizenz.

Keine Selbstverständlichkeit. Denn vor gut zwei Wochen wurde der Mann verhaftet, der die kolossale Überlegenheit der Kicker aus Charlottenburg mit dem nötigen Geld unterfütterte. Thomas Thiel, als Mitinhaber der Firma Treasure AG, war für TeBe die entscheidende Kontaktperson, die allein in dieser Saison für den Transfer von einer geschätzten halben Million Euro sorgte. Der Gesamtetat des Clubs liegt bei 800.000 Euro.

Doch die Verhaftung ist nicht alles. Zudem wurde bekannt, dass der Geschäftsmann bereits 2008, als er sich noch in den TeBe-Aufsichtsrat wählen ließ, rechtskräftig zu drei Jahren Gefängnis wegen Kinderschändung verurteilt war. Als Opfer wurde im Urteil unter anderem sein eigener Sohn aufgeführt. Thiel, der regelmäßig auf der Tribüne im Mommsenstadion saß, trat seine Haft aber nie an.

Bei TeBe zeigte man sich entsetzt und drängte Thiel zum Vereinsaustritt, legte allerdings Wert auf die Feststellung, dass das Fehlverhalten einer Person nichts mit der geschäftlichen Verbindung zwischen dem Verein und der Treasure AG zu tun habe. Ein Trugschluss. Denn außer Thiel scheint keiner aus der Firma mit seinem Namen in die Öffentlichkeit treten zu wollen. Die Zwielichtigkeit des Sponsors wurde zum Thema. Selbst Mario Weinkauf, der Vorstandsvorsitzende des Vereins, der den Kontakt zum Sponsor vermittelt hatte, kann dessen Tätigkeit nur nebulös umschreiben: "Die kaufen Waren auf und verkaufen sie wieder." Was genau, weiß er nicht. Eine Internetpräsenz der Firma gibt es nicht.

Der DFB forderte Erklärungen. TeBe trat den Rückzug an und kündigte den Vertrag mit der Treasure AG zum Saisonende auf. Die entstandene Lücke soll nun durch das gesteigerte Engagement von drei alten Sponsoren und durch Bürgschaften gedeckt werden. "Das Lizenzierungsverfahren für die Regionalliga ist wesentlich strenger als für die Oberliga", sagt Clubsprecher Liebing. Faule Kompromisse wie bislang sind kaum noch möglich.

"In der Not frisst der Teufel Fliegen", erklärt Yiannis Kaufmann, der Geschäftsführer vom Ligakonkurrenten Reinickendorfer Füchse. Die meisten in der Oberliga hätten das Geld, ohne zu fragen, genommen, schätzt er. Da dürfte er recht haben. Zwar verschmähte der Berliner FC Dynamo, dessen Präsident Weinkauf zuvor war, das Angebot der Treasure AG - doch das lag nur an internen Machtkämpfen. Weinkauf sagt: "Nach meinem Ausstieg beim BFC haben mich unzählige Amateurvereine angerufen, weil sie diesen Sponsor haben wollten." Er findet nichts Anstößiges daran: Bei Hertha würde man die Zuwendungen der Deutschen Bahn auch nicht aufgrund der Spionageaffäre im eigenen Haus in Frage stellen.

Fast alle Oberligavereine stecken in Zahlungsschwierigkeiten. Im Schnitt, schätzt Kaufmann, erhalten die Spieler ihr Geld mit drei Monaten Verspätung. Dabei bekommen die meisten monatlich lediglich 150 Euro und für jeden gewonnenen Punkt 50 Euro dazu. Ein Pool von Kleinsponsoren wie der Klempner, der Tankwart oder Bäcker um die Ecke halten die Clubs am Leben. Mit dieser Saison sind die Vereine noch anfälliger für dubiose Projekte geworden: Wegen der Einführung der dritten Profiliga büßte die Oberliga ihren ohnehin geringen medialen Stellenwert ein. Die Fernsehgelder (ein niedriger fünfstelliger Betrag) wurden gestrichen.

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