: Tempodrom steht auf der Kippe
Kreuzberger Planungsausschuss nickt Tempodrom-Pläne nicht ab. Uneinigkeit überHöhe des Kulturzelts. Moessinger fürchtet Aus für das Projekt ■ Von Rolf Lautenschläger
Tempodrom-Chefin Irene Moessinger war sauer. Seit Jahren hatte sie für das Neue Tempodrom am Anhalter Bahnhof gekämpft. Der Entwurf für das Kulturzelt der Architekten Gerkan, Marg und Partner (gmp) liegt auf dem Tisch. Auch der Erbpachtvertrag für das Gelände ist unterschrieben. Und nun dies: Anstatt sein Plazet für die Realisierung des 42 Millionen Mark teuren Gebäudes zu geben, verweigerte jetzt der Planungsausschuss des Bezirks Kreuzberg seine Zustimmung. „Wenn wir jetzt stoppen, ist das Tempodrom tot“, schimpfte Moessinger. Jede weitere Zeitverzögerung berge die Gefahr, dass etwa die Fördermittel für das Projekt verfallen könnten.
In der Tat steht das Tempodrom auf der Kippe, weil die im Ausschuss vertretenen Parteien die Tempodrompläne und Änderungen im Bebauungsplan abgelehnt haben. Der Grund: Der bestehende Bebauungsplan für das Anhalter-Bahnhof-Areal erlaubt nur eine Gebäudehöhe von 28 Metern. Außerdem müssen grüne Ausgleichsflächen für die raumgreifende Bebauung geschaffen werden. Das geplante kühlturmähnliche Dach hat jedoch eine Höhe von 38 Metern. Zugleich sehen die Pläne von gmp eine große Versiegelung des Bodens vor, ohne dass dafür 1.250 Quadratmeter Ausgleichsfläche geschaffen würden.
Sowohl die Kreuzberger Grünen als auch die PDS sind gegen eine so genannte Befreiung vom verbindlichen Bebauungsplan. Die CDU ist unentschlossen, ob sie für das Tempodrom einer Ausnahmeregelung zustimmen soll. Lediglich die SPD-Abgeordneten sind mit der Planung im Wesentlichen einverstanden.
„Beide Bedinungen“, sagte Leo Hölscher, grüner Abgeordneter in der Kreuzberger BVV, „nämlich die Höhe und die Ausgleichsfläche, hat gmp in ihrem Entwurf nicht beachtet.“ Über geltendes Planungsrecht könnten sich weder der Architekt noch die Bauherren hinwegsetzen. Auch der CDU-Bauexperte Michael Schill hält die Höhe für „problematisch“. Die Partei müsse das Problem noch einmal „neu besprechen“.
Franz Schulz (Grüne), Bürgermeister des Bezirks, glaubt dennoch an eine Einigung – allerdings nur unter der Voraussetzung, dass sich „das Tempodrom bewegt“. Es sei augenscheinlich, dass durch die Planung starke Eingriffe in Natur und Landschaft vorgenommen würden. Schon deshalb sei die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung fragwürdig. Schulz: „Ich hoffe, dass sich beim Tempodrom die Einsicht durchsetzt, dass im Entwurf dort nachgebessert werden muss.“
Für weniger problematisch dagegen hält Schulz die Höhe des Tempodroms. In diesem Fall gebe es im Bezirk einen „politischen Ermessensspielraum“. Es sei letztlich die Aufgabe der Bezirksversammlung, zu entscheiden, ob man einen so herausragenden Kulturstandort in Kreuzberg wolle.
In einer außerplanmäßigen Sitzung am 20. Dezember will der Ausschuss vor der Weihnachtspause noch eine Klärung versuchen. Thema: Tempodrom hopp oder flopp.
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