Templiner Bürgermeister über Kanzlerin: „Das ist nur Ehre für Frau Merkel“
Der Templiner Bürgermeister Detlef Tabbert sagt, mit der Verleihung der Ehrenbürgerschaft würdige die Stadt die humanitäre Haltung der Bundeskanzlerin.
taz: Herr Tabbert, an diesem Freitag wird Angela Merkel bei Ihnen in Templin die Ehrenbürgerwürde ihrer Heimstadt verliehen. Was sagen Sie als Bürgermeister mit Linke-Parteibuch: Ist das ein Herzensanliegen?
Detlef Tabbert: Das ist eine sinnvolle Entscheidung der Stadtverordneten, die ich gut mittragen kann. Wir ehren ja Frau Merkel nicht nur für ihre Arbeit in den letzten 13 Jahren, in denen sie als Kanzlerin weltpolitische Interessen vertreten hat. Der Haupttenor liegt auf der kritischen Zeit der letzten Jahre, in denen sie versucht hat, ausgleichend zu wirken. Da kann man den Hut ziehen, dass sie so lange einen so schwierigen, stressigen Job ordentlich macht.
Sie ehren also ihre Haltung in der Flüchtlingsfrage.
Es geht uns um ihre humanitäre Haltung. Obwohl sie eine Naturwissenschaftlerin ist, hat sie mit Herz entschieden, diesen Menschen zu helfen. Dieser Position sind zwei Drittel der Stadtverordneten gefolgt.
Wie war denn da das Abstimmungsverhalten der CDU-Fraktion?
Die CDU hat natürlich komplett hinter ihrer Vorsitzenden gestanden …
… die Partei ist ja bekanntlich gerade in der Flüchtlingsfrage gerne mal gespalten.
Ja, aber die CDU-Fraktion hat geschlossen dafür gestimmt. Bei den anderen Fraktionen war das Abstimmungsverhalten unterschiedlich.
Seit 2010 ist er, 58, für die Linkspartei Bürgermeister von Templin.
Darf ich nach Ihrem Votum fragen?
Das ist kein Geheimnis. Ich habe auch dafür gestimmt, weil Angela Merkel als Kanzlerin eine ordentliche Arbeit gemacht hat.
Templin hat noch nicht so viele Ehrenbürger. Nur vier – das steht jedenfalls bei Wikipedia.
Das stimmt schon mal nicht. Seit 1945 verleihen wir erst das dritte Mal die Ehrenbürgerschaft. 1956 war das der ehemalige Landrat Richard Kirstein, ein Verfolgter des Naziregimes. 1993 die Heimatdichterin Erna Taege-Röhnisch, eine der Leuchttürme im Bereich niederdeutsche Sprache. Frau Dr. Merkel ist jetzt die dritte.
Wer hält am Freitag eigentlich die Laudatio?
Das übernimmt erfreulicherweise Bodo Ihrke. Zum einen ist er eine Persönlichkeit aus unserer Region, er war 28 Jahre lang SPD-Landrat im Nachbarkreis Barnim. Zum anderen ist er von der ersten bis zur zwölften Klasse mit Frau Merkel in dieselbe Klasse gegangen. Vielleicht lässt er ja ein paar Schulerinnerungen einfließen, das würde mich freuen.
Gibt es schon Ankündigungen von Protesten? Wo Angela Merkel auftaucht, wird ja bekanntlich gerne protestiert.
Bisher ist hier nichts angemeldet. Aber wenn jemand demonstrieren möchte – wir sind eine Demokratie. Wenn jemand ’ne andere Meinung hat, da können wir gut mit umgehen.
Kommt denn Frau Merkels Mutter zum Festakt?
Ja, Frau Kasner kommt auch. Die ist mit mittlerweile neunzig Jahren ziemlich tough, sie unterrichtet sogar noch Englisch in unserer Volkshochschule. Tolle Leistung!
Nützt oder schadet Ihnen als Stadt die Verbindung zu Angela Merkel?
Eindeutig positiv. Wir sind ja eine touristische Region, zu uns kommen knapp 800.000 Besucher im Jahr, das wissen viele gar nicht. Da fragen natürlich einige nach, weil sie wissen, dass Frau Merkel aus Templin kommt.
Sehen Sie Angela Merkel manchmal in Ihrer Stadt, im Supermarkt oder so?
Sie ist natürlich oft hier, um ihre Mutter zu besuchen, und ist entsprechend oft im Stadtbild zu sehen, klar.
Was gibt es denn beim Empfang am Freitag zu essen?
Na, normale Buffetform.
Danke für das Gespräch, Herr Tabbert …
… Moment! Wollen Sie mich denn gar nicht fragen, ob mit der Templiner Ehrenbürgerschaft irgendwelche Privilegien verbunden sind? Das fragen mich sonst alle Ihre Kollegen.
Gute Frage. Wie steht es denn mit den Privilegien für Frau Merkel?
Also, da sind wir preußisch sparsam. Es gibt die Urkunde, einen Blumenstrauß und das war’s. Es ist zwar die höchste Auszeichnung unserer Stadt, aber mit keinerlei materiellem Vorteil verbunden. Das ist nur Ehre.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Rücktrittsforderungen gegen Lindner
Der FDP-Chef wünscht sich Disruption
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht