Tempelhofer Feld in Berlin: Die Debatte wird heiß
Vor der Bürgerversammlung zu Flüchtlingsunterkünften am Donnerstagabend greifen SPD und CDU die Initiative für ein freies Feld an.
Daniel Buchholz kann sich noch gut an die letzte Bürgerversammlung zum Tempelhofer Feld im Dezember erinnern: Mehrere hundert Gegner der Gesetzesänderung zwecks Flüchtlingsunterbringung hätten ihm als SPD-Abgeordneten nicht allzu freundlich gegenübergestanden. Auch für die Versammlung am heutigen Donnerstag direkt vor Ort im Flughafen-Hauptgebäude erwartet er kein nettes Beisammensein: „Das wird keine ruhige Veranstaltung.“ Im Internet würden Aufrufe kursieren, das Treffen zum Abbruch zu bringen. Teilnehmen sollen mehrere Staatssekretäre und Sozialsenator Mario Czaja (CDU).
Am Tag vor dem Ereignis haben Buchholz, Koordinator der SPD-Fraktion in Bau-, Umwelt- und Verkehrsfragen, und der stadtentwicklungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Stefan Evers, Journalisten zu einem Pressegespräch geladen. Sie wollen Kritik und Flugblättern der Initiative „100 % Tempelhofer Feld“ entgegentreten. Die Initiative hatte den Volksentscheid vorbereitet, der im Mai 2014 zu einem Bauverbot führte und Wohnungsplanungen des rot-schwarzen Senats mit dem damaligen Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) stoppte.
Kein Satz auf dem aktuellen Flugblatt entspreche der Wahrheit, sagt Buchholz, und hält das Papier hoch, mit dem die Initiative auf die Veranstaltung am Donnerstag hinweist, zu der der Senat einlädt. Es stimme nicht, wenn dort behauptet werde, die Abgeordneten würden am 28. Januar „im Eilverfahren das Bauverbot aufheben“. Tatsächlich hat der Senat seinen Entwurf einer Gesetzesänderung bereits im November vorgestellt. Regierungschef Müller hatte zwar auf einen Beschluss im Dezember gedrängt, doch da zogen die Fraktionen von SPD und CDU nicht mit. Die Initiative schreibt zudem, jetzt wäre „Baurecht für immer ermöglicht“: Laut Gesetzentwurf hingegen ist die Nutzung für Flüchtlinge auf drei Jahre befristet.
Der Senatsentwurf vom November sah vier Standorte für Flüchtlingsunterkünfte an den Rändern des Feldes vor. Geblieben ist davon fast nichts: Bei der Änderung soll es nun noch um befestigte Flächen links und rechts des Vorfelds gehen, dem betonierten Terrain zwischen Hauptgebäude und Rollfeld. „Es wird kein Grashalm angefasst“, versprach Buchholz.
Daniel Buchholz, SPD
Der SPD-Abgeordnete warf der Initiative vor, sich anders als eine andere Gruppe nicht an einem Gespräch mit der Senatsverwaltung vor zwei Wochen beteiligt zu haben. Verständnis zeigte er für einen brandenburgischen Minister, der jüngst sagte: „Es kann nicht sein, dass Susi Sorglos auf dem Tempelhofer Feld Drachen steigen lässt – und wir sollen für die Berliner die Quote [an Flüchtlingen, d. Red.] übernehmen.“ Dieses Gefühl beschleiche inzwischen auch ihn, sagte Buchholz.
Die so kritisierte Initiative wiederum veröffentlicht auf ihrer Homepage einen Briefwechsel mit Buchholz. Darin nennt sie es unzumutbar, Flüchtlinge am Flughafen unterzubringen und einen Volksentscheid zu ignorieren. Mehrere Oppositionspolitiker wandten am Mittwoch gegen die Gesetzesänderung ein, sie sei für die Nutzung der befestigten Flächen nicht nötig.
Der Landesgeschäftsführer des Umweltverbands BUND, Tilmann Heuser, hatte sich der taz gegenüber bereits vor zwei Wochen aufgeschlossen für die stark abgespeckte Planung gezeigt. In einer aktuellen Stellungnahme des BUND vom Mittwoch heißt es, man halte eine befristete Nutzung der versiegelten Flächen südlich und östlich des Vorfelds für mobile Bauten grundsätzlich für akzeptabel.
Die Versammlung beginnt um 19 Uhr, Einlass ist ab 18 Uhr über den Eingang D2 am Columbiadamm. Für rund 1.500 Menschen soll es Platz geben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!