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Telekom gegen Verbindungsdaten-AuswertungZum Spitzeln gezwungen

Die Bundesnetzagentur schreibt dem Telefonkonzern vor, Verbindungsdaten ohne richterlichen Beschluss auszuwerten. Die Telekom geht rechtlich gegen ihre eigene Aufsichtbehörde vor.

Zum Bruch des Fernmeldegesetzes gezwungen: Die Telekom muss Verkehrsdaten auf Anfrage auswerten. Bild: dpa

BERLIN taz Die Spitzelaffäre wird für die Deutsche Telekom zu einer unendlichen Geschichte. Nach und nach tröpfeln Meldungen ein, wessen Verbindungsdaten der Konzern alles noch so ausgewertet hat, um 2005 undichte Stellen in der Firmenspitze aufzudecken. Erst war von einem Einzelfall die Rede, später von ein paar mehr Geschädigten, jüngst musste die Telekom gar eingestehen, der DGB-Vorsitzende Michael Sommer sei Opfer der T-Spione gewesen. Und am Sonntag meldete der Spiegel auch noch, der Konzern habe möglicherweise E-Mails von Arbeitnehmervertretern ausgewertet.

Inmitten dieses PR-Desasters will die Telekom jetzt mal für positive Schlagzeilen sorgen. Um die Verbindungsdaten ihrer Kunden besser zu schützen, geht das Unternehmen rechtlich gegen ihre eigene Aufsichtsbehörde vor: die Bundesnetzagentur. Von dieser fühlt sich die Telekom nämlich zum Bruch des Fernmeldegeheimnisses genötigt.

Hintergrund ist eine Weisung der Behörde. Darin wird die Telekom verpflichtet, Verkehrsdaten "unverzüglich" auszuwerten, wenn Strafverfolgungsbehörden wissen wollen, wer genau hinter einer IP-Adresse steckt - und zwar auch dann, wenn kein richterlicher Beschluss vorliegt.

"Damit müssen wir quasi gegen das Fernmeldegeheimnis verstoßen", sagte ein Telekom-Sprecher der taz. Verkehrsdaten unterlägen dem Fernmeldegeheimnis und über sie dürfe nur auf richterlichen Beschluss Auskunft erteilt werden. "Deswegen haben wir beim Verwaltungsgericht Köln einen Eilantrag auf Aussetzung dieser Regelung gestellt." Zudem habe man bei der Bundesnetzagentur Widerspruch eingelegt.

Die aber verteidigt ihre Weisung. Mit einfachen Bestandsdaten, also denjenigen Kundendaten, die nur für Abrechnungszwecke benötigt werden, ließe sich die Identität hinter einer IP-Adresse nicht eindeutig klären, argumentiert die Behörde. Auch Datum und Uhrzeit der Internetverbindung müssten dafür intern ausgewertet werden - beides Merkmale, die vom Fernmeldegeheimnis geschützt sind. Das Telekommunikationsgesetz decke aber die Praxis: "Für die als Zwischenschritt notwendige interne Verkehrsdatenauswertung bedarf es keines richterlichen Beschlusses", so eine Sprecherin.

Mindestens in einem Fall hat die Telekom bereits Verbindungsdaten an eine Staatsanwaltschaft rausgerückt, die im April gegen illegale Internet-Tauschbörsen ermittelte. Dies zeigt der Auszug aus einer Ermittlungsakte, die der taz vorliegt. Für die Zukunft will der Konzern mit allen Mitteln verhindern, wieder in eine solche Zwangslage zu kommen. Doch weder über den Eilantrag noch über den Widerspruch ist bislang entschieden worden. Zur Not will die Telekom die Bundesnetzagentur ganz herkömmlich verklagen. "Die Rechtslage muss unbedingt geklärt werden", heißt es in Bonn. Dort meint man es auf einmal ernst mit dem Datenschutz. VEIT MEDICK

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3 Kommentare

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  • F
    Flo

    Der große Unterschied ist, beim studivz macht Mensch es freiwillig, also ganz bewusst selbst. Bei der Telekom hingegen wird man nicht gefragt, ob die eigenen Daten einfach weitergegeben werden dürfen. Außerdem gibt es ganz viele Leute die nicht im studivz sind oder die drin sind und so gut wie nichts über sich preisgeben und die sollen auch darunter leiden nur weil es viele gibt, die keine Probleme damit haben bestimmte Daten über sich für viele sichtbar zu machen???

     

    Meine persönlich Anischt z.B. ist, dass nicht öffentlich zugängliche Daten über jeden für jeden das Problem sind, sondern dass es Leute gibt die diese Daten für verschiedene Zwecke missbrauchen. Wenn es aber zurzeit die beste Möglichkeit ist sich vor solchem Missbrauch zu schützen, indem die persönlichen Daten geheim sind, dann müssen wir das halt so machen. Vielleicht geht es aber auch anders.

     

    Lohnt sich auf jeden Fall mal darüber Gedanken zu machen. Denn öffentliche Daten über jeden könnten dazu führen, dass es weniger Korruption gibt, da es schneller aufgedeckt werden kann. Vielleicht führt es aber auch nur zu noch versteckterer Korruption. Wahrscheinlich ist es eher andersherum, wenn es nur noch wenig Korruption gibt, dann wird die Gesellschaft automatisch freier mit ihren Daten umgehen. Denn vielleicht ist Korruption einer der Hauptgründe warum wir einen so ausgereiften Datenschutz haben?

     

    MfG

    Flo

  • P
    Patrick

    Hallo,

     

    der letzte Absatz stutz mir ein wenig:

    "Mindestens in einem Fall hat die Telekom bereits Verbindungsdaten an eine Staatsanwaltschaft rausgerückt, die im April gegen illegale Internet-Tauschbörsen ermittelte. Dies zeigt der Auszug aus einer Ermittlungsakte, die der taz vorliegt."

     

    Wenn ein richterlicher Beschluss vorlag, ist die Telekom dazu gezwungen, die Daten rauszugeben. Dort steht aber nirgendwo, dass der richterliche Beschluss fehlte.

     

    Ist das vergessen worden oder soll hier bewusst eine falsche Darstellung suggiert werden?

     

    Würde mich über eine Antwort des Autors oder der Redaktion freuen.

     

    Patrick

  • D
    dernoergler

    Also für mich tut sich da kein Widerspruch auf: Die Daten sollen so oder so bei der Telekom bleiben: Im einen Falle werden sie aber ausgewertet, um undichte Stellen aufzufinden, im anderen Falle sollen sie generell nicht weitergegeben werden...

     

    Und wen kümmert schon Datenschutz, wo die jungen Menschen doch ihre Daten völlig freiwillig ans StudiVZ weitergeben, wie die taz unlängst in einem Interview, dass auf dem Niveau der BILD geführt wurde und dem Interviewten ähnliche Möglichkeiten der Werbung offerierte, feststellte?