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Telefonverbot für Scientologin

■ Wohnungs-Umwandlung in der Isestraße: MieterInnen fühlen sich terrorisiert Von Thomas Koch

Persönlichkeitsschutz adé: Mit Telefonterror und Mieterlisten voller persönlicher Daten für die potentiellen WohnungskäuferInnen betreibt die Firma „Hamburg Immobilien Consult“ (HIC) an der Isestraße 77-79 die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentum. Die MieterInnen wehren sich gegen solche Geschäftspraktiken. Mit Erfolg: Um einem Prozeß zu entgehen, verpflichtete sich die HIC jetzt schriftlich, den MieterInnen nicht länger „unaufgefordert“ per Telefon den Kauf ihrer Wohnung oder Auszugsprämien anzubieten.

Seit im September die bisherige Eigentümerin die beiden Altbauten an die HIC verkaufte, haben die MieterInnen keine Ruhe mehr. Wiederholte Hausbesichtigungen von Kaufinteressenten, „meist zu Zeiten, wo unsere Kinder schon schlafen“, und permanente Telefonanrufe lassen die 19 Mietparteien nicht zur Ruhe kommen. Wer hinter dem „Telefonterror“ steckt, glauben die HausbewohnerInnen zu wissen – an einem Balkon prangt das Transparent: „Stoppt Scientology“.

Denn die HIC ist kein unbeschriebenes Blatt: Sie findet sich auf der „Giftliste“ des Mietervereins zu Hamburg, in der Umwandlungs-Firmen aufgelistet sind, die sich der Mitarbeit von Scientologen bedienen. Und Maria Seegerer von der HIC, von der sich die MieterInnen telefonisch belästigt fühlen, taucht auf einer internen Scientology-Liste von besonders wichtigen Mitgliedern der US-Sekte auf.

Um die ungebetenen Anrufe zu stoppen, wandten sich die Isestraßen-BewohnerInnen an „Pro Honore“ – einen hanseatischen Verein, der darüber wacht, daß unlautere Wettbewerbsmethoden keine Chance haben. „Pro Honore“-Geschäftsführer Otto Dobbeck forderte die HIC auf, sich schriftlich zu verpflichten, die verbotene Telefonwerbung zu unterlassen.

Nach anfänglicher Weigerung verpflichtete sich die Immobilien-Firma vergangene Woche, auf ihre bisherigen Geschäftspraktiken zu verzichten, und bei Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe von 12.500 Mark zu bezahlen. Dobbeck: „Beim nächsten unerwünschten Anruf machen wir diese Strafe geltend und gehen vors Landgericht“.

Doch für Willi Lehmpfuhl vom Mieterverein zu Hamburg geht es darum, bei der Wohnungsumwandlung an der Isestraße noch weitere „rechtswidrige Praktiken“ zu unterbinden. Beispiel: Durch Zufall bekam der Isestraßen-Bewohner Mathias Unger eine Liste in die Hand, die HIC an potentielle KäuferInnen verteilt. Unger: „Darauf finden sich die Namen, Berufe und Telefonnummern aller Mieter, aber beispielsweise auch Informationen, welche Haustiere die Bewohner halten“. Rechtsanwalt Willi Lehmpfuhl: „Ein klarer Verstoß gegen den Datenschutz“.

Konfliktpunkt Nummer 3: Die Häuser befinden sich in einem katastrophalen Zustand, eine dringend notwendige Sanierung aber plant die HIC nicht. Ein von den MieterInnen bestellter Gutachter der Handelskammer kam zu dem Ergebnis, es sei „sehr fraglich“, ob die Tragsicherheit der Balkone und ihrer Geländer noch gewährleistet ist. Zudem sind einige Decken durchfeuchtet und mit Schimmelpilzen „verziert“, viele Fenster undicht, die Außenwände von Rissen durchzogen. Potentielle Käufer, die über 3000 Mark pro Quadratmeter bezahlen sollen, dürften so an ihrem zukünftigen Besitz wenig Freude haben.

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