: Tauziehen in Durban
Am Ende der UN-Konferenz gegen Rassismus scheint keine Einigung auf eine Abschlusserklärung möglich. Nahost-Krise bleibt Hauptstreitpunkt
DURBAN taz ■ Der Konflikt im Nahen Osten blieb auch am letzten Tag der UN-Konferenz gegen Rassismus eine unüberwindbare Hürde für die Einigung der Verhandlungspartner auf ein Abschlussdokument. Auch in der Frage nach Entschädigung für die Opfer von Sklaverei und Kolonialismus war gestern Nachmittag noch kein eindeutiges Ergebnis in Sicht, und der Abschluss der Konferenz verzögerte sich. Es hieß, die Konferenz werde voraussichtlich um einen Tag verlängert.
Ohne die konkrete Formulierung zu nennen, meldete ein EU-Sprecher lediglich, dass die EU einem Passus zugestimmt habe, der eine Entschuldigung für Sklaverei und Kolonialismus beinhalte. Den Begriff „Entschuldigung“ hatte man zunächst aus Angst vor möglicherweise daraus resultierenden finanziellen Ansprüchen verweigert.
Während Demonstranten verschiedener afrikanischer Organisationen mit Rufen nach Reparationen und „No justice – no peace!“ am Medienzentrum vorbei und auf das Tagungsgebäude zusteuerten, hatte die Konferenzleitung unter Vorsitz der südafrikanischen Außenministerin Nkosazana Dlamini-Zuma ein neues Kompromisspapier ausgearbeitet. Es ist unter Mitwirkung Namibias, Norwegens, Belgiens und der Palästinenser entstanden und zielt auf eine Annährung zwischen den europäischen und arabischen Staaten in den umstrittenen Textpassagen zur Nahost-Krise ab. Demnach wird Israel nicht mehr als rassistischer Staat verurteilt. Die arabischen und islamischen Länder lehnten dennoch ab, obwohl das Papier ihr Recht auf Selbstbestimmung, einen eigenen Staat sowie das Recht der Flüchtlinge auf Rückkehr fixiert.
Weiter wird erwähnt, dass der Holocaust „niemals vergessen werden darf“. Die arabische Seite besteht immer noch auf verschiedenen „Holocausts“ in der Geschichte. Der belgische Außenamtssprecher Koen Vervaeke lehnte weitere Kompromisse im Namen der EU ab, die kein Dokument unterzeichnen werde, das eine antijüdische Sprache enthalte: „Es ist zu gefährlich, diese Diskussion wieder zu eröffnen. Wir haben unsere Position dargelegt, und dabei bleibt es.“
Zwar bestimmte das Tauziehen um den Nahen Osten und die Bewältigung der Vergangenheit bis zum Schluss die Konferenz. Aber bei anderen Aspekten von Diskriminierung und Rassismus brachten die Gespräche Fortschritte: Bereits 80 Prozent der 445 zu beratenden Paragrafen wurden für das Abschlussdokument angenommen.
Die Offiziellen stellten auch gestern noch Zweckoptimismus zur Schau. Aber auch viele Delegierte der unabhängigen Organisationen ziehen positive Bilanz, auch wenn die Konferenz zum dritten Mal durch die Nahost-Frage dominiert ist und den Beschluss eines von allen Ländern getragenen Aktionsprogramms für die Zukunft verhindert hat.
„Die USA hat die Konferenz zwar sabotiert, um sich vor möglichen Reparationen zu drücken, aber wenn wir keine komplette Einigung erzielen, kommen wir in ein paar Jahren wieder zusammen. Der erste wichtige Schritt zur moralischen Debatte ist jedoch gemacht“, meint Aref Mohamed, Vertreter des Afrikanischen Kongresses aus Djibouti. Für die afroamerikanische US-Delegierte Dr. Versie G. Burns ist klar: „Die Kolonialmächte haben die Konferenz missbraucht, um politische Erklärungen abzugeben.“ Als ein Opfer von Rassismus sieht sie jedoch die Chance, in Durban Kontakte zu vernetzen. Der Grundstein für die Korrektur von rassistischem Verhalten und Intoleranz sei gelegt.
MARTINA SCHWIKOWSKI
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