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Tausende treten ein, nur einer tritt zurück

Nachdem der angekündigte Parteieintritt von 2.700 StudentInnen in der Berliner FDP Kontroversen auslöste, gibt der Landesvorsitzende Martin Matz sein Amt auf. Als Nachfolger werden seine Vorgänger gehandelt  ■ Aus Berlin Barbara Junge

„Ich lass' mich hier doch nicht scheibchenweise raustragen“, bekundete ein sichtlich blasser Berliner FDP-Vorsitzender gestern vor einer großen Schar von Reportern am Berliner Gendarmenmarkt. Martin Matz leistete damit, drei Tage nach dem Landesparteitag der Hauptstadtliberalen, seinen ganz persönlichen Beitrag zur scheibchenweisen Demontage der FDP als ernstzunehmende politische Kraft auf Bundesebene.

Nach gerade mal zweijähriger Amtszeit verkündete der jungliberale Bankkaufmann seinen Rücktritt vom Amt des Berliner Landesvorsitzenden. Fünf Minuten vor zwölf griff Matz zu den Mikrophonen: „Ich habe keine Mehrheit mehr im Landesvorstand, daraus muß ich die Konsequenzen ziehen und erkläre deshalb hiermit meinen Rücktritt.“

Bei der letzten Wahl zum Abgeordnetenhaus erzielten die Hauptstadtliberalen 2,5 Prozent – und sind bis heute weit davon entfernt, 1999 ins Landesparlament einzuziehen. Um diese 2,5 hauen sich in Berlin allerdings die großen Flügel der kleinen Partei. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen steht seit Jahren das interne Kräfteverhältnis zwischen einem starken nationalliberalen Flügel und dem Rest der Partei.

Vor zwei Jahren war Matz angetreten, um den nationalliberalen Durchmarsch in der Berliner FDP aufzuhalten. Er kandidierte für den Landesvorsitz gegen die rechte Galionsfigur, den ehemaligen Generalbundesanwalt Alexander von Stahl, und wurde von einer breiten Mehrheit aus bürgerlichen Liberalen und Linksliberalen zum Nachfolger von Bundeswirtschaftsminister Rexrodt gewählt. Parteitag nach Parteitag war anschließend von zermürbenden Geschäftsordnungsanträgen und Blockadeaktionen der Nationalliberalen geprägt. „Es ist mir nicht gelungen“, gab Matz gestern zu, „die Berliner FDP aus ihrem parteipolitischen Autismus zu befreien.“

Am Sonntag hatte die Berliner FDP ihre KandidatInnen für den Bundestag gewählt. Gerade mal die beiden Erstplazierten, Rexrodt und die frühere Parteivorsitzende Carola von Braun, können bei einem Wiedereinzug der FDP mit einem Mandat rechnen. Auf Platz drei der Landesliste kandidierte Martin Matz. Schon Tage zuvor hatte Matz diese Kandidatur zur Vertrauensfrage stilisiert. Er habe in den vergangenen Monaten keine Mehrheit gegen die Nationalliberalen im Landesparteivorstand mehr gefunden. Angesichts der „erbitterten Kämpfe“ der Rechten gegen den Eintritt der 2.700 StudentInnen, die in die FDP drängten, „mußte ich auf dem Parteitag die Vertrauensfrage stellen“. Die Delegierten ließen ihn durchfallen, wählten statt dessen den Linksliberalen Peter Tiedt. Letzte verzweifelte Versuche von Matz, doch noch einen Vertrauensbeweis von seiner Partei zu erhalten, scheiterten am späten Dienstagabend.

Günter Rexrodt und der FDP- Vorsitzende Wolfgang Gerhardt erklärten gestern beide, sie bedauerten Matz Rücktritt. Wer als nächstes den Schleudersitz übernehmen soll, ist allerdings noch nicht entschieden. „Ich fordere Carola von Braun, Günter Rexrodt und Peter Tiedt auf, jetzt die Verantwortung zu übernehmen“, sagte Matz gestern. Am Abend noch, so hieß es, wolle Bundeswirtschaftsminister Rexrodt die verschiedenen Flügel zu einem Gespräch über die Zukunft bei sich zu Hause empfangen.

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