Tausende protestieren gegen AfD-Parteitag: „Omas gegen rechts“ marschieren mit
Etwa 2.500 Menschen haben am Samstag in Magdeburg gegen den AfD-Parteitag demonstriert. Unterwegs mit dem Protestzug.
Es ist Samstag, der zweite und größere Protesttag in Magdeburg. Um kurz vor zwölf Uhr füllt sich der Bahnhofsvorplatz. Gerade standen noch einige Menschen schüchtern unter Bäumen und Bedachungen, doch schnell werden unzählige Regenschirme aufgeklappt, Kapuzen übergezogen und es kann losgehen. „Björn Höcke ist ein Nazi“ steht auf unzähligen Schildern sowie „Stoppt die Brandstifter“ oder „Rassismus ist keine Alternative“.
„Menschen mit unterschiedlichen Meinungen sind hier zusammengekommen, aber alle stellen sich heute gemeinschaftlich gegen die AfD“, ruft jemand von einem der Demonstrationsfahrzeuge durch ein Megafon. Die Linke, Grüne, Jusos, die Antifa, Bündnisse, Vereine und sogar Unternehmen sind nicht nur aus Magdeburg, sondern teilweise aus ganz Deutschland gekommen, um gegen den Bundesparteitag der AfD zu protestieren.
Der Protestzug setzt sich in Bewegung, und die Landeshauptstadt wird so laut und voll, wie es nur selten der Fall ist. Laut Schätzungen des MDR sind etwa 2.500 Menschen vor Ort. Die meisten sind auf dem größeren Protestzug, der einmal quer durch die Innenstadt läuft und am Jerichower Platz unweit des Parteitages der AfD endet. Der zweite kleinere Protestzug wird mit lauter Technomusik als Rave abgehalten und bewegt sich bis in den späten Nachmittag durch die gesamte Stadt. Über den Himmel zieht ein Flugzeug mit dem Banner „Solidarität statt Hetze“.
Einen Tag zuvor kreiste es noch mit der Aufschrift „Scheiß AfD“ über der Magdeburger Innenstadt und den Parteitag. Am Rande der Proteste sieht man immer wieder vereinzelt Menschen, die etwas die Nase rümpfen oder den Ordner*innen deutlich klarmachen, dass sie auf keinen Fall zu dem Demonstrationszug gehören, sondern nur vorbeilaufen möchten. Von richtigen Gegenprotesten fehlt jedoch jede Spur.
„Viel mehr Menschen als gedacht“
Der Regen hat mittlerweile aufgehört und auf einem kurzen Stopp der Demo werden fleißig Anti-AfD-Sticker ausgetauscht, Parolen gesungen und Snacks geteilt. Am Jerichower Platz wird bis in die Abendstunden Krach gemacht, um den Parteitag zu stören. „Ich bin superzufrieden mit der Demo heute“, sagt Vera von der Linksjugend Magdeburg. „Es waren viel mehr Menschen da, als ich gedacht hätte. Es war ein breites Bündnis aus Parteien, aus Gewerkschaften, aus Jugendverbänden und anderen Gruppierungen. Und es ist total schön zu sehen, dass wir auch zusammen funktionieren können“, ergänzt sie. Ihr sei vor allem wichtig, den „Kampf“ gegen die AfD nicht nur im Parlament zu führen, sondern auch auf der Straße.
Zu den Protesten aufgerufen hat das lokale Bündnis Solidarisches Magdeburg. Joschie, der nicht mit seinem echten Namen genannt werden will, ist Teil des Kernteams. Schon seit Monaten bereiten sie sich auf den Parteitag der AfD vor und haben die Versammlung, Kundgebungen und Konzerte auf dem Jerichower Platz organisiert. „Die Proteste sind extrem wichtig. Wir sehen es an den Umfragewerten von der AfD aktuell. Die sind explodiert, auch im Vergleich zu den letzten Jahren“, erklärt Joschie. „Wir müssen dem Rechtsruck und der Faschisierung der Gesellschaft etwas entgegensetzen und zeigen, dass die AfD nicht zum demokratischen-politischen Spektrum zählen kann oder sollte.“ Die Partei stelle ein großes Problem für die Gesellschaft dar.
Dass so viele Menschen gekommen sind, mache ihn „mega happy“. In Städten wie Berlin oder Köln wäre das vermutlich keine Kunst. Für Magdeburg als wenig wahrgenommene ostdeutsche Landeshauptstadt, in der kaum ein ICE hält, ist dieser Tag etwas Besonderes – und ein starkes Zeichen gegen die immer weiter wachsende AfD.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag