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Tausend Euro DifferenzChefinnen verdienen weniger als Chefs

Männer in Führungspositionen verdienen fast 1.000 Euro mehr als Frauen, zeigt eine Studie. In keinem anderen Industrieland ist das Lohngefälle so hoch wie in Deutschland.

Auch in Führungspositionen werden Frauen diskriminiert. Bild: dapd

BERLIN rtr | Frauen in Führungspositionen verdienen einer Studie zufolge rund ein Fünftel weniger als ihre männlichen Kollegen. Vollzeitbeschäftigte Frauen kämen im Mittel auf rund 3.860 Euro monatlich, teilte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) am Dienstag zu seiner Untersuchung mit. Männer erhielten dagegen rund 4.900 Euro.

„Die sehr gut bezahlten Führungspositionen sind überwiegend mit Männern besetzt“, sagte DIW-Expertin Elke Holst. „Mehr Frauen in diesen Führungspositionen können auch zur Verringerung des Verdienstunterschieds beitragen.“ Die Daten beziehen sich auf das Jahr 2010. Verglichen mit 2001 ist der Unterschied aber kleiner geworden: Damals lag er noch bei 30 Prozent. Während der Verdienst der Männer seither im Schnitt um 600 Euro gestiegen ist, verdienen Frauen mittlerweile rund 800 Euro mehr.

„Trotz dieser positiven Entwicklung bleibt ein erhebliches Verdienstgefälle zwischen Männern und Frauen in Führungspositionen bestehen – und das, obwohl Frauen bei den formalen Qualifikationen den Männern nicht nachstehen“, sagte Holst. „Eine größere Transparenz, etwa durch Offenlegung der Verdienste, könnte helfen, diesen Missstand zu reduzieren.“

Die OECD hat Deutschland erst vor wenigen Tagen an den Pranger gestellt, weil in keinem anderen europäischen Land das Lohngefälle zwischen Frauen und Männern so groß sei wie hierzulande. Vollzeitbeschäftigte Frauen verdienen demnach durchschnittlich 21,6 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen.

In den 34 Industriestaaten, die sich in der OECD zusammengeschlossen haben, liegt die Differenz im Schnitt bei 16 Prozent. „Auch was die Anzahl der Frauen in Führungspositionen angeht, ist Deutschland im internationalen Vergleich weit abgeschlagen“, beklagt die OECD.

Die EU-Kommission erwägt inzwischen eine gesetzliche Regelung, um den Frauenanteil in den Chefetagen zu erhöhen. „Ich bin kein Fan der Quote, aber mir gefällt, wie sie wirkt", sagte EU-Justizkommissarin Viviane Reding. Regierungen, Unternehmen und Wirtschaftsverbände können in den nächsten drei Monaten Stellung nehmen, wie der Frauenanteil in Spitzenpositionen erhöht werden kann. Danach will Reding einen Gesetzentwurf vorlegen.

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6 Kommentare

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  • SB
    Siegfried Bosch

    Frauen werden überhaupt nicht diskriminiert, auch wenn die Bildunterschrift etwas anderes aussagt.

    1) Vollzeitbeschäftigt ist nicht gleich vollzeitbeschäftigt. Denn auch innerhalb dieser Gruppe (soweit ich weiß, definiert als die Menge der Personen, die wöchentlich mehr als 35h arbeiten) gibt es erhebliche Arbeitszeitunterschiede -- und Männer arbeiten länger.

    2) Man muss auch verschiedene Betriebsparameter wie Branche, Betriebsgröße,... beachten.

    3) Verschiedene Charakteristika der Person müssen beachtet werden: Erfahrung, Abschluss (wahrscheinlich wurde bei der Untersuchung mal wieder jeder Uni-Abschluss als "gleichwertig" erachtet), Reisetätigkeit (muss man um die Welt reisen oder hat ein Familienleben vor Ort? -- wahrscheinlich werden Männer mehr reisen und dafür auch belohnt werden), Position, Art des Vertrages (wenn Männer häufiger Verträge mit größerem variablen Anteil (=höheres Risiko) haben und sie damit besser fahren als Frauen, ist das gerecht!), Motivation, Verhandlungsgeschick (für die letzten beiden Punkte dürfte keine gute Datenlage verfügbar und auch nicht erstellbar sein).

  • EA
    Enzo Aduro

    Lächerliche Kommunikation des ergebnisses.

     

    Die suggeriert nämlich, das Frauen in der selben Position 10% weniger bekommen.

     

    Dem ist aber gar nicht so.

     

    Vielleicht wollen Frauen einfach nicht in die Führungsämter in denen man so viel Überstunden machen muss. Vielleicht wollen Sie sich mehr um die Familie kümmern.

     

    Eine Richtige Führungsposition funktioniert eigentlich nur wenn sich der Partner um die Kinder kümmert.

     

    Und das die meisten Männer sich höchstens nur zur hälfte um die Kinder kümmern wollen, und nicht Hausmänner werden wollen, kann man ja wohl kaum auf die Arbeitgeber schieben. Soll jetzt noch ins Schlafzimmer reinregiert werden?

  • H
    Horsti

    Laut Mikrozensus 2008 erwirtschaften selbständige Männer ein durchschnittliches Monatsnetto von 3.080 Euro und selbständige Frauen eines von 1.730 Euro.

     

    Was für eine böse, böse Benachteiligung...

  • EP
    Emma Piel

    Ohje, Deutschland, das Land der frauenfeindlichen Patriarchen!

     

    Unfassbar: 1000 Euro weniger für dieselbe Arbeit kriegen Frauen. !000 Euro Abzug im Monat für Chefinnen als Strafe dafür weiblich zu sein!

     

    Was für ein sexistisches Land Deutschland im 21.Jahrhundert immer noch ist!

     

    Dazu kommt: Viele sehr gut ausgebildete Frauen kommen noch nicht mal rein in den Arbeitsmarkt, obwohl sie einen guten Uni-Abschluss und sonstwas alles zusätzlich haben!

     

    Darüber möchte ich mal viel mehr in den Medien lesen. Das ist eine tot geschwiegende Diskriminierung.

     

    Weil sie Frauen sind, stellen die Personalchefs sie gar nicht erst ein. Männer werden statt ihrer eingestellt.

     

    Den von der Wirtschaft behaupteten Fachkräftemangel gibt es nicht! Sonst könnte es sich Deutschland längst nicht mehr leisten Frauen dermaßen extrem zu diskriminieren!

  • F
    Führer

    Wäre es nicht besser "Führungspositionen" abzuschaffen, als dauernd dem führerkult zu huldigen und sich um die Euros zu zanken?

    Wenn jemand fest davon überzeugt ist, dass frauen bei gleicher marktwirtschaftlicher "leistung" weniger kriegen als männer, dann sollten sie sich vielleicht mal über die marktwirtschaft gedanbken zu machen anstatt zu quotieren.

    Denn wenn die großartige marktwirtschaft von sich aus noch nicht einmal mann und frau gleich bezahlen kann, was ist dann von allen anderen lohnunterschieden zu halten?!

     

    Wie gesagt: schafft die "FührerInnen" ab und das problem ist gelöst.

  • S
    Splitter

    Um das Lohngefälle auszugleichen wurde ja extra das Ehegatten-Splitting eingeführt: Damit der gut verdienende Mann ordentlich ranschaffen kann und die Frau (außer vielleicht einem Teilzeitjob) in Ruhe zu Hause bleiben darf - und keinem Mann die mühsam erkämpfte Führungsposition streitig macht. 0ffenbar hat das ja auch so geklappt.