Tatort aus dem Schwarzwald: Abgründe hinter den Fassaden
In der etwas langatmigen Folge gerät das Verbrechen zum Nebenschauplatz. Interessanter ist dafür die heuchlerische Welt der Kleinstadt.

Was macht Sandra Vogt so allein in einer Autobahnraststätte? Foto: SWR
Während der ARD-Themenwoche „Wir gesucht – Was hält uns zusammen?“ erkundet das Duo Franziska Tobler (Eva Löbau) und Friedemann Berg (Hans-Jochen Wagner) die Abgründe hinter den hässlichen Fassaden von Architektenhäusern in einer Kleinstadt im Breisgau. Wo vor zehn Jahren noch Obstbäumchen standen, tyrannisieren sich heute Bilderbuchfamilien. Doch wie weit gehen der Hass und das Desinteresse aneinander?
Im Falle von Familie Vogt wohl sehr weit: Hausherr Gerd Vogt (Daniel Lommatzsch) und der kleine Sohn Noah sind weg. Bis auf einen sehr großen Blutfleck im elterlichen Ehebett fehlt jede Spur von den beiden. Schnell rückt die Ehefrau des Verschwundenen in den Fokus der Ermittelnden; Sandra Vogt (Lisa Hagmeister), die laut Aussagen von Anwohner*innen und einer nicht so gut meinenden Schwiegermutter eh nie „hier reingepasst“ hätte.
Sandra sei halt Sandra, bescheiden mehrere Personen Kommissarin Tobler, was das nun genau bedeuten solle, kann ihr auf Nachfrage leider auch niemand genauer erläutern. Als besonders emsige Beobachterin erweist sich die nicht gut hören und sehen könnende Seniorin Anna Gentner (Margot Gödrös), die trotz ihrer körperlichen Defizite und Schallschutzfenstern jeden kleinen Mucks vom Nachbargrundstück mitbekommen haben will.
Einseitige Ermittlungen
Recht einseitig verlaufen auch die Ermittlungen; schnell scheint man sich auf die Ehefrau als Täterin festzulegen. Denn klar, die meisten Verbrechen geschehen im direkten Umfeld.
Doch ist eine Mutter, die mit ihrer Ehe unzufrieden ist, sich nicht gesehen fühlt, tatsächlich auf einmal dazu in der Lage, ihr eigenes Kind umzubringen? Was macht es mit einem Menschen, der stets unter Beobachtung steht und den niemand ernst zu nehmen scheint? Also außer von Männern, die in Sandra Vogt ein attraktives Lustobjekt sehen.
Das Verbrechen an sich gerät hier in diesem teils ein bisschen langatmigen „Tatort“ eher zum Nebenschauplatz; interessanter sind die Aktionen der Kleinstädtler miteinander. Während die Welt nach außen hin eine heile Welt zu sein scheint, sind in Wahrheit die meisten doch sehr überfordert und lügen sich die Taschen voll. Im Kontext der Themenwoche über gesellschaftlichen Zusammenhalt bleibt die Hoffnung, dass das gesuchte „Wir“ im echten Leben doch ein zugewandteres und wenig egoistischeres ist. Zusammenhalt geht definitiv anders!
Leser*innenkommentare
resto
Oh, "die heuchlerische Welt der Kleinstadt". Da wird wieder schön generalisiert.