„Tatort“ aus Luzern: Kein Orden für Originalität
„Spring!“, flüstert eine Stimme und ein Mann springt von einer Autobahnbrücke. Die Zuschauer wissen mehr als die Kommissare: Das war kein Suizid.
Vor ungefähr zehn Jahren – ja, so lange ist das schon her! – war das „Tatort“-Gucken sonntagabends in der Kneipe total angesagt. Jetzt gucken längst alle ihre Serien auf den diversen Streamingdiensten (die Autorin dieser Zeilen zittert gerade dem Staffelfinale von „Game of Thrones“ entgegen). Aber trotzdem gucken einen durchschnittlichen „Tatort“ ungefähr doppelt so viele Menschen wie die „Tagesschau“.
Der neue Fall für das Schweizer Ermittlerduo Reto Flückiger (Stefan Gubser) und Liz Ritschard (Delia Mayer) hat tatsächlich viele Zuschauer verdient. Auch wenn der eigentliche Kriminalfall erst einmal keinen Orden für Originalität verdient: Ein Mann springt von der Autobahnbrücke direktemang vor einen Fernbus. Suizid? Nein, der Zuschauer weiß es von Anfang an besser als die Kommissare: „Spring!“, flüstert eine Stimme dem vermeintlichen Selbstmörder ins Ohr.
Bleiben noch zwei Fragen: Wer war der Tote und wem gehörte die Stimme? Das erarbeitet sich der Zuschauer nun systematisch gemeinsam mit den Kommissaren, wobei der Kreis der Verdächtigen nicht so wahnsinnig groß ist und man sich schnell denken kann, wem da von der Brücke geholfen wurde (die Kommissare brauchen dafür noch eine allzu lange Weile). Weil die Motivation hinter dem Mord am Ende doch recht überraschend daherkommt, geht der Fall aber in Ordnung.
Was aber richtig gut gelungen ist: wie eine vermeintliche Randfigur, nämlich der schwer traumatisierte Fernbusfahrer, zur Hauptfigur wird. Die Frage, was das eigentlich mit einem Menschen macht, wenn er ungewollt in einen (angeblichen) Suizid hineingezogen wird, das wird hier mit Michael Neuenschwander alias Busfahrer Benni Gisler eindrücklich erzählt. Eigentlich nähert sich ein Krimi meist dem Täter an – hier kommt man einem Opfer immer näher. Spannend.
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