piwik no script img

„Tatort“ aus DresdenAlles Neuland in Sachsen

Nachhilfestunde im Fach „Junges Internetzeugs“: Ein Influencer wird nachts während seines Livestreams gekillt. Verdächtig sind alle.

Viel ist überladen, aber die Kommissarinnen überzeugen Foto: MDR/Gordon Muehle

Erst mal ein kurzer Schlenker: Es gibt exakt zwei deutsche Dramakrimithrillerserien, über die in diesem Jahr viel geredet und geschrieben wurde. „You Are Wanted“ von und mit Matthias Schweighöfer und „4 Blocks“ über kriminelle Neuköllner Kiezkriege mit dem fantastischen Kida Ramadan in der Hauptrolle. Die meisten werden, gebt’s zu, keine davon gesehen haben – weil die eine auf Amazon lief, die andere auf TNT.

Hinter beiden Serien steckt ein Autorentrio – und just einer davon, Richard Kropf, hat das Buch für die frische Dresdner „Tatort“-Folge „Level X“ geschrieben. Jetzt zu sagen, „allein deswegen“ würde sie sich lohnen, wäre zu viel an Vorschusslorbeeren. Denn die Story selbst ist überfrachtet. Mit Plot und mit Klischees. Wie so eine Nachhilfestunde fürs Sonntagabend­publikum im Fach „Junges Internetzeugs“: Es gibt einen Influencer (in ARD-Sprech: „Internetstar“) mit Drohne, einen fiesen Influencer-Agenten, dazu ein Mädchen mit YouTube-Kanal, am Ende setzen die Kommissarinnen sogar auf Crowdsourcing als Fahndungsplakatersatz.

Der erwähnte Influencer ist ein Prankster, der statt Streiche zu spielen lieber investigativ arbeiten will – und das Mordopfer. Er wird nachts während seines eigenen Livestreams gekillt. Verdächtig sind alle: die Gefoppten, die Konkurrenten etc. pp. usw., Stichwort Überfrachtung. Da können weder Regisseur Gregor Schnitzler (von ihm war der grandiose Leipzig-„Tatort“ „Der treue Roy“) noch die Songs von Jay-Z viel ausrichten.

Die Folge

Dresden-„Tatort“: „Level-X“, Sonntag, 20.15 Uhr, ARD.

Alles wurscht, denn: Kropf schenkt dem Ermittlerteam im erst dritten Fall die Chance, weiter an Präsenz zu gewinnen, dank hervorragender Dialoge. Es ist die reine Freude, den KHKs Henni Sieland und Karin Gorniak und ihrem Chef Schnabel zuzuschauen. Und vor allem den Darstellern Alwara Höfels, Karin Hanczewski, Martin Brambach: Ohne sie wäre das alles nüscht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!