„Tatort“ aus Bremen: Femme fatale auf Inlineskates
Die Kommissare finden erst einen Daumen und dann die dazugehörende Leiche. Der Tatort ist spannend, hat aber immer wieder richtig nervige Momente.
Es gibt diese „Tatorte“, die lassen einen ratlos zurück. So wie dieser Bremer Fall, der irgendwie ja ganz spannend und gut gefilmt und mit interessanter Musik untermalt ist, aber immer wieder Momente hat, die einen so aufregen, so nerven, dass man mit der Fernbedienung auf den Fernseher einprügeln möchte.
Doch erst mal zu dem Mord, den Lürsen (Sabine Postel) und Stedefreund (Oliver Mommsen) aufzuklären haben: Auf einem Parkplatz wird ein Auto gefunden, so ein SUV-Pseudogeländewagen. Auf der Rückbank ist viel Blut und ein abgetrennter Daumen. Acht Monate stand das Auto wohl schon da. Bald darauf wird eine Metallkiste aus dem Wasser am U-Boot-Bunker gezogen. Darin eine Leiche, das passende Puzzleteil zum Finger.
Warum musste Ole Bergener sterben? Die Suche nach der Antwort darauf kreist die ganze Zeit um Maria Voss (Nadeshda Brennicke), die ehemalige Kollegin Bergeners.
Voss ist eine Femme fatale: stets im roten Mantel gekleidet, mit Medikamentenproblemen (oder mit Problemen, wenn sie keine Medikamente nimmt), spricht kein Wort, sondern haucht nur, wickelt Männer um den Finger, ist ständig auf Inlineskates unterwegs (klingt komisch, ist aber so) und hat einen Sound, den sie immer macht, wenn sie auftritt, wie das Zischen einer Schlange das die drohende Gefahr ankündigt. Voss’ Sound geht ungefähr so: „tschick-tschick-tschick-aaaaah.“ Gehaucht natürlich.
Aus „Warum musste Ole Bergener sterben?“ wird immer mehr: „Was stimmt mit dieser Frau nicht?“
Mysteriöse Stetements
Bremen-Tatort „Zurück ins Licht“; So., 20.15 Uhr, ARD
Leider – und das ist einer dieser Aufregermomente – müssen in Krimis derart luzide Personen auch immer ganz mysteriöse Statements abgeben. Ein typischer Dialog läuft dann so:
Kommissarin: „Ole Bergener und Sie?“
Voss: „Sie meinen, ob wir miteinander geschlafen haben?“
Kommissarin: „Zum Beispiel.“
Voss: „Ich brauch ein starkes Gegenüber. Guten Tag.“
Ooooh, mysteriös. Nur: Wer hat im Leben schon einmal solch einen Dialog erlebt? Warum fragen Lürsen und Stedefreund nicht nach? Ein einfaches „Hä?!?“ hätte doch gereicht.
Und wo wir gerade bei Aufregern und unglaubwürdigen Dialogen sind: Den größten Raum neben der Femme fatale Voss nimmt die Beziehung von Stedefreund und der BKA-Ermittlerin Linda Selb (Luise Wolfram) ein. Auch deren massive Schlagfertigkeit ist so überzogen, dass man dem Paar alles Schlechte wünscht. Lieber keine Liebesgeschichte im „Tatort“ als diese.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
Klimaziele der EU in weiter Ferne
Neue Klimaklage gegen Bundesregierung
Serpil Temiz-Unvar
„Seine Angriffe werden weitergehen“