Tatort „Die harte Kern“: Alles wie immer in Weimar
Schlechte Wortwitze und ein eigensinniges Ermittler-Duo. Der Tatort mit Christian Ulmen und Nora Tschirner sorgt für keine großen Überraschungen.
Bonnie und Clyde in Weimar? So muss es sich zumindest für Hauptkommissar Lessing (Christian Ulmen) und seine Kollegin und Frau Kira Dorn (Nora Tschirner) anfühlen, als sie in einem wackeligen Gefährt aus halb Auto und halb Roller vor den eigenen Kolleg*innen durch die Straßen Weimars flüchten.
Denn in dieser „Tatort“-Folge des Weimarer Ermittlerteams „Die harte Kern“ steht mal wieder ein Kommissar unter Tatverdacht. Diesmal trifft es Lessing, der des Mordes an Schrottplatzbesitzer Harald Knopp (Heiko Pinkowski) beschuldigt wird.
Das Duo hatte zuvor versucht Knopp wegen des Raubmords an einer Kunsthändlerin vor 15 Jahren ins Gefängnis zu bringen – erfolglos. Die Falschaussage des Neffen der Toten rettete ihn. Ein Leben in Freiheit war Knopp aber nicht vergönnt. Kurze Zeit später wurde er auf seinem Schrottplatz mit einem Schuss in den Hinterkopf getötet. Der einzige Zeuge: Lessing. Die Tatwaffe: Lessings Pistole.
Weimar-„Tatort", „Die harte Kern“, So., 20.15 Uhr, ARD
Für die interne Sonderermittlerin Eva Kern (Nina Proll) scheint der Fall klar und sie schreckt nicht davor zurück, ihren Kollegen ins Gefängnis zu bringen, auch wenn dieser eigentlich am nächsten Tag den fünften Geburtstag seines Sohnes feiern möchte. Das geht gar nicht, finden Dorn und Kollege Lupo (Arndt Schwering-Sohnrey) und ermitteln in altbekannter „Tatort“-Manier entgegen den Anweisungen ihrer Vorgesetzten.
Beziehungskrisen und schlechte Witze
Über allem schwebt die Frage, wer auf wessen Seite steht. Dabei kommen neue und alte Liebes-Gefrotzel zwischen den Kolleg*innen ans Licht. Denn „die harte Kern“ ist in Wirklichkeit gar nicht so hart. Sie scheint ihrem Ex-Lover Kurt Stich (Thorsten Merten) nur hart eins auswischen zu wollen.
Ähnlich wie dem Fluchtwagen fehlt es auch Handlung und Dialog an Tempo. Das Lessing und Dorn bei ihren Wortwitzen oft daneben greifen, ist für „Tatort“-Kenner keine Überraschung. Doch diesmal greift Lessing schmerzlich tief in die Klischee-Kiste: „Weißt du, das du gerade wahnsinnig sexy bist?“, schmachtet er Dorn an, als diese gekonnt das Fluchtgefährt via Kurzschluss zum Fahren bringt. Aua.
Am Ende steht dann aber doch ein (fast) unerwarteter Plottwist und eine Rettung in (fast) letzter Sekunde. Wer also an einem Sonntagabend den Adrenalinpegel nicht überstrapazieren möchte, kommt auf seinen Geschmack. Dennoch bietet der Weimarer „Tatort“ weniger eine deutsche Adaption von Bonnie und Clyde als ein moralisches Lehrstück über Freundschaft, Liebe und Kollegialität.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Psychiater über Kinder und Mediennutzung
„Die Dinos bleiben schon lange im Schrank“
Verbotskultur auf Social Media
Jugendschutz ohne Jugend
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“