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Tatmotiv-Suche nach Angriff in KanadaVor allem Frauen unter den Opfern

War es Frauenhass, der den Amokfahrer von Toronto antrieb? Ein Facebook-Post deutet darauf hin. Die Polizei betont, man ermittele weiter in jede Richtung.

Trauer in Toronto: „Liebe für alle, Hass für niemanden“, steht auf einem der Plakate Foto: ap

TORONTO ap | Hass auf Frauen war womöglich das Tatmotiv für die Todesfahrt von Toronto. Wenige Minuten vor dem Verbrechen postete der Verdächtige Alek Minassian eine „kryptische“ Facebook-Botschaft, die nahelegt, dass er womöglich Teil einer Online-Gruppe frustrierter Männer ohne Erfolg in Liebesdingen war, wie die Polizei am Dienstag mitteilte.

Ermittler Graham Gibson fügte auf einer Pressekonferenz hinzu, dass es sich bei den Toten und Verletzten überwiegend um Frauen gehandelt habe. Doch sei es zu früh, ein konkretes Motiv zu nennen. Auch Torontos Polizeichef Mark Saunders betonte, es werde weiter in alle Richtungen ermittelt.

Der 25-jährige Minassian soll am Montag einen Lieferwagen auf einen Gehweg gesteuert und vorsätzlich Passanten überfahren haben. Zehn Menschen kamen um, 14 weitere verletzt. Minassian wurde nahe dem Tatort gestellt und festgenommen. Am Dienstag wurde ihm formal mehrfacher Mord und versuchter Mord vorgeworfen.

Die Attacke war eine der opferreichsten der jüngeren kanadischen Geschichte. Sie ereignete sich zeitgleich mit einem Treffen der Außenminister der G7-Staaten in der Stadt, an dem auch Bundesaußenminister Heiko Maas teilnahm.

Minassian lobte den Amokläufer Rodger

Auf seinem mittlerweile gelöschten Facebook-Konto würdigte Minassian laut der Polizei den Studenten Elliot Rodger, der 2014 nahe der Universität von Santa Barbara in Kalifornien mit einer Schusswaffe und Messern sechs Menschen getötet und 13 verletzt hatte. Rodger hatte sich zuvor in Online-Postings über die Zurückweisung durch Frauen beklagt.

Minassian bezeichnete Rodger im kurz vor der Tat abgesetzten Post als „Obersten Gentleman“. Weiter hieß es darin: „Die Incel-Rebellion hat bereits begonnen. Wir werden alle Chads und Stacys stürzen.“

Der 22-jährige Rodger hatte das Wort „Incel“ – kurz für involuntarily celibate, zu Deutsch „unfreiwilliges Zölibat“ – ebenfalls in seinen Online-Postings gegen Frauen verwendet. Die Namen „Chad“ und „Stacy“ werden in Internet-Foren abwertend für Männer und Frauen gebraucht, die ein ausgefülltes Sexleben haben.

Die jüngsten Erkenntnisse um die Todesfahrt von Toronto erinnerten an ein Massaker 1989 an der École Polytechnique, einer Ingenieurschule in Montreal. Dort kam Marc Lepine in einen Seminarraum, forderte die Männer zum Gehen auf und erschoss 14 Frauen, ehe er sich selbst richtete. In einer Abschiedsnotiz warf er Feministinnen vor, sein Leben ruiniert zu haben.

In der Nacht zum Mittwoch kamen am Schauplatz von Toronto im Bezirk North York zahlreiche Menschen zusammen, um an die Opfer zu erinnern. An einer spontan errichteten Gedenkstätte legten die Trauernden Blumen und Kondolenzbotschaften ab und zündeten Kerzen an. „Liebe für alle, Hass für niemanden“ stand auf Transparenten in der Nähe.

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9 Kommentare

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  • 6G
    69842 (Profil gelöscht)

    Technologie: Schau liebe Menschheit, ich schenke dir eine Maschine mit der du schnell von A nach B kommen kannst!

     

    Menschheit: Ah ich verstehe du meinst man kann damit viele Leute umbringen wenn man ein religiös-fanatischer Spinner oder ein ungeküsster Loser ist? Danke!

     

    __

     

    Menschen sind Abschaum.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Mal wieder ein untauglicher Versuch, etwas U n f a s s b a r e s fassbar machen zu wollen. Die Quadratur des Kreises.

     

    Ich finde diese Kaffeesatzlesereien unsäglich und überflüssig. Selbst wenn sich als Motiv ein wie auch immer gearteter Frauhass herausstellen sollte: wäre diese Amokfahrt etwa weniger schlimm, wenn überwiegend Männer Zielscheibe des Amokfahrers geworden wären?

     

    J e d e s Opfer ist eines zuviel. Und manche Bemerkungen ebenso.

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Natürlich ist jedes Opfer eines zuviel.

       

      Aber die Tatsache, dass es sich hier nicht einfach um einen gestörten Täter handelt, der wahllos Menschen in den Tod reißt, sondern um einen Täter mit genauem Beuteschema, macht die Tat besonders perfide und muss benannt werden.

       

      Ihr innerliches Abwinken mit Blick auf Frauenhass als Motiv lässt tief blicken.

       

      Machen Sie mal das Gedankenexperiment: Hätten Sie Ihren Kommentar genauso auch veröffentlicht, wenn die Tat rassistisch oder antisemitisch motiviert gewesen wäre? Ich glaube kaum.

       

      Also tragen sie bitte nicht noch dazu bei, den in unserer Gesellschaft endemisch existenten aber konsequent verniedlichten Frauenhass kleinzureden!

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @Égalité:

        Erstaunlich, dass Sie Ihre Meinungen unter dem Pseudonym Égalité, also Gleichheit, veröffentlichen.

         

        Angewandte Gleichheit wäre für mich, wenn Sie meiner Frage zugestimmt hätten. Was Sie tun: sich einen Popanz aufbauen und gegen den anschreiben. Ein "Abwinken" existiert nirgends außerhalb Ihrer Fantasie.

         

        Ich unterscheide generell zwischen Mutmaßungen und Belegen. Bei jedem Thema. Solange keine eindeutigen Belege vorliegen, kann aus dem Kaffeesatz j e d e s Motiv herausgelesen werden. Das Ihnen vorauseilende Motiv sagt alles: es geht um die Bestätigung von Vorurteilen.

         

        Was wirklich tief blicken lässt: Dass Sie bei fehlenden Argumenten persönlich werden. Meine Haltung zu Frauen können im Übrigen diejenigen beurteilen, die mich im persönlichen Umgang erleben. Dies können betroffene Frauen sehr treffsicher.

        • @76530 (Profil gelöscht):

          Ich finde Ihren Abwehr-Reflex seltsam. Sie warten auf eindeutige Belege. Ein Gerichtsverfahren wird hoffentlich mehr Aufklärung bringen. Nach derzeitig öffentlich bekannter Beweislage ist aber klar, der Attentäter von Toronto war Teil der zutiefst frauenverachtenden "Incel"-Community. Er hat sich, abgesehen von eindeutigem Szene-Vokabular, in seinem Bekenner-Posting (Facebook bestätigt dass das Posting von ihm war) auch auf den geistesverwandten kalifornischen Attentäter namens Elliot Rodge berufen, der in seinem 141-seitigen Manifest Konzentrationslager für Frauen gefordert hatte.

          • 7G
            76530 (Profil gelöscht)
            @a jugovic:

            Ich hoffe mit Ihnen auf die Ergebnisse des Gerichtsverfahrens.

             

            An meiner Kernaussage ändert dies wenig: Männer als Opfer sind g e n a u s o schlimm wie Frauen. Es gibt keine Opfer erster und zweiter Klasse. Wer dies in Abrede stellt, sollte sich erst einmal selbst hinterfragen statt Gründe bei Anderen zu suchen.

            • @76530 (Profil gelöscht):

              Frauen werden chronisch strukturell öfter zu Opfern gemacht.

              Und auch akut in diesem Fall. Und das ist kein Zufall, wie der bisherige Ermittlungsstand zeigt, sondern Konsequenz einer patriarchalen Prägung.

              Sie lesen aber völlig unnötig aus dieser nüchternen Analyse vermeintliche Opferhierarchien heraus.

              • 7G
                76530 (Profil gelöscht)
                @a jugovic:

                Wenn keine Opferhierarchien im Text stecken würden (es gibt übrigens neben offenen auch verdeckte unterschwellige Aussagen): Wieso wird dann in der Berichterstattung betont, dass vor allem Frauen unter den Opfer seien?

                 

                Wenn, wie Sie schreiben, Frauen "chronisch strukturell" (was meinen Sie damit?) öfter zu Opfern werden, was bedeutet dies in Bezug auf die männlichen Opfer von Toronto?

                 

                Ich erinnere mich an keine Amokfahrt mit überwiegend männlichen Opfern, wo dies ausdrücklich herausgestellt worden wäre. Bleibt also die offene Frage, wieso hier die Geschlechtszugehörigkeit eine herausragende Rolle spielen soll.

                 

                Dass der Text als soziologische Studie angelegt war, konnte ich im Übrigen nicht erkennen.

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Pscht.