piwik no script img

Tarifvertrag mit neuem VerhandlungspartnerMindestlohn in der Sicherheitsbranche

In einem zweiten Anlauf will die Sicherheitsbranche jetzt doch Mindestlöhne einführen - mit einem neuen Verhandlungspartner. Mit Verdi konnte man sich nicht einigen.

Bald mit Mindestlohn: Sicherheitsmitarbeiter in der Berliner U-Bahn. Bild: dpa

Die Sicherheitsbranche will doch noch Mindestlöhne einführen. "Wir werden schnell auf die Christlichen Gewerkschaften zugehen, um über einen Mindestlohn-Tarifvertrag zu verhandeln", sagte Harald Olschok vom Bundesverband Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen (BDWS) am Dienstag der taz. Einen entsprechenden Beschluss habe der Vorstand am Montag Abend gefasst. Ziel sei es, den Antrag für die Aufnahme ins Entsendegesetz fristgemäß im März zu stellen, sagte Olschok weiter. Mit dem Entsendegesetz hatte die große Koalition bereits den Post-Mindestlohn eingeführt, auch die Zeitarbeitsbranche will das Gesetz dafür nutzen.

Für die Sicherheitsbranche ist das der zweite Anlauf. Ende Februar waren Verhandlungen mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi gescheitert, weil man sich nicht über die Lohn-Höhe verständigen konnte. Zu weit lagen die Vorstellungen über die Lohnuntergrenze auseinander: Während die Arbeitgeber, vertreten durch den BDWS, für einen Mindestlohn zwischen 5,75 Euro in ostdeutschen und bis zu 8 Euro in westdeutschen Bundesländern plädierten, pochte Verdi auf einen einheitlichen Mindestlohn von 7,50 Euro. Mit dieser Forderung wirbt die Gewerkschaft seit Monaten für Mindestlöhne.

Es birgt einige Brisanz, dass die Sicherheitsfirmen nun den Verhandlungspartner wechseln. Die im Deutschen Gewerkschaftsbund organisierten Arbeitnehmervertretungen haben den Christlichen Gewerkschaften in den vergangenen Jahren immer wieder vorgeworfen, mit den Arbeitgebern Dumping-Abschlüsse auszuhandeln. Schon am Mittwoch will Olschok jetzt bei der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und Dienstleistungen (GÖD) vorsprechen, die Mitglied im Christlichen Gewerkschaftsbund Deutschland ist. Sie hat bei diversen Tarifabschlüssen im Osten der Republik erstaunliche Flexibilität bewiesen. So hat sie zum

Beispiel in Mecklenburg-Vorpommern im einfachen Werkschutz für Firmen einen Lohn von 4,67 Euro vereinbart. Entsprechend dürfen die Unternehmer auch beim Mindestlohn-Tarifvertrag auf eine niedrigere Schmerzgrenze hoffen. Raymund Kandler, Mitglied im GÖD-Bundesvorstand, hält eine Einigung in der Sicherheitsbranche jedenfalls für "durchaus realistisch". Für die GÖD gebe es beim Mindestlohn "keine heilige Marke", sagt Kandler der taz. "Wir stehen zu Verhandlungen bereit und können unsere Tarifkommission schnell einberufen, wenn wir uns bei der Höhe einig sind."

Die GÖD ist im Vergleich mit Verdi eine Minigewerkschaft. Sie vertritt nach eigenen Angaben bundesweit 56.000 Mitglieder, die Dienstleistungsgewerkschaft rund 2,2 Millionen. Der BDWS hat bereits an höchster Stelle für den Wechsel des Verhandlungspartner geworben: bei Arbeitsminister Scholz selbst. Der habe in einem Gespräch in der vergangenen Woche sein Einverständnis signalisiert, berichtet BDWS-Hauptgeschäftsführer Olschok. "Entscheidend ist, dass die tarifgebundenen Arbeitgeber mindestens die Hälfte der Beschäftigten in der Branche beschäftigen." Das ist bei den Wachschützern nach Rechnung seines Verbandes der Fall.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!