Tarifverhandlungen bei der Bahn stocken: EVG droht mit neuem Bahnstreik
Gewerkschaft und der Bahn-Vorstand werfen sich gegenseitig Bewegungsunfähigkeit vor. Nach fünf Verhandlungsrunden ist die Kluft zwischen ihnen groß.
Die Gewerkschaft droht derweil mit neuen Streiks. „Die Option für Streiks ist natürlich auf dem Tisch“, erklärte EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch am Mittwoch in Berlin. Darüber werde jetzt konkret beraten.
Seiler kritisierte die EVG, nachdem diese am späten Dienstagabend ein Angebot abgelehnt hatte. „Die Gewerkschaft zeigt kein Entgegenkommen und macht keine Lösungsvorschläge. Sie beharrt einfach stur auf ihren Ausgangsforderungen.“ Die EVG sieht dagegen wesentliche Forderungen nicht erfüllt. „Das, was derzeit auf dem Tisch liegt, ist sozial ungerecht“, sagte Verhandlungsführer Kristian Loroch. Die Gewerkschaft will weiter verhandeln: „Wir haben unsere zentrale Tarifkommission nach Berlin eingeladen und können die Verhandlungen bereits ab Mittwoch fortsetzen.“ Das sei auch im Sinne des bundeseigenen Konzerns, „denn so lange wir am Verhandlungstisch sitzen, wird nicht gestreikt“.
Die Bahn hatte das Angebot für die 180.000 Beschäftigten bei der Verhandlungsrunde in der vergangenen Woche vorgelegt und stufenweise 12 Prozent bei den unteren Lohngruppen in Aussicht gestellt. 10 Prozent mehr sollen die mittleren Gruppen bekommen, 8 Prozent die oberen. Die erste Erhöhungsstufe soll demnach in diesem Jahr umgesetzt werden. Hinzu kommt eine stufenweise Inflationsausgleichsprämie von insgesamt 2.850 Euro, die steuer- und abgabenfrei ab diesem Juli gezahlt werden könnte. Die Laufzeit würde zwei Jahre betragen.
Die Kluft zwischen den Tarifparteien ist nach wie vor groß: Die Gewerkschaft fordert einen Festbetrag von mindestens 650 Euro im Monat mehr oder 12 Prozent bei den oberen Lohngruppen. Die Laufzeit soll nach ihren Vorstellungen ein Jahr betragen. Einmalzahlungen lehnte die EVG bisher ab.
Reisenden droht weiterer Warnstreik
Für Reisende und Pendler wird sich in den kommenden Tagen entscheiden, ob die Gewerkschaft mit weiteren Warnstreiks den Bahnverkehr lahmlegen will. Die EVG hatte im Tarifstreit schon zweimal zu Warnstreiks aufgerufen. Zuletzt sagte sie einen 50-Stunden-Warnstreik kurzfristig ab, nachdem sie mit der Bahn vor dem Arbeitsgericht Frankfurt in einem der Knackpunkte einen Vergleich erzielt hatte. Auch eine Urabstimmung, die unbefristete Streiks zur Folge haben könnte, ist nicht vom Tisch.
Der Tarifkonflikt zwischen EVG und Bahn dauert seit Ende Februar an. Zu Beginn verliefen die Gespräche stockend. Die vierte Verhandlungsrunde in der vergangenen Woche bewerteten beide Parteien aber als konstruktiv. Die EVG verhandelt auch mit Dutzenden weiteren Bahnunternehmen über höhere Tarife für die rund 230.000 Branchenbeschäftigten. „Einige Eisenbahn- und Verkehrsunternehmen, mit denen wir derzeit ebenfalls verhandeln, sind der DB AG mittlerweile einen deutlichen Schritt voraus und bieten bereits einen Mindestbetrag an, um den die Löhne im Monat steigen sollen“, sagte Loroch am Dienstag.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden