piwik no script img

Tarifeinigung im öffentlichen DienstVer.di so lala

Einigung im Tarifkonflikt für den öffentlichen Dienst der Länder: Die Einkommen der 700.000 Angestellten steigen in den kommenden zwei Jahren um 5,8 Prozent.

Unbefristete Streiks stehen nach der Einigung nicht mehr an. Bild: dpa

Im Tarifkonflikt für den öffentlichen Dienst der Länder haben Arbeitgeber und Gewerkschaften am Sonntag in Potsdam eine Einigung erzielt und damit unbefristete Streiks abgewendet. Die Einkommen der 700.000 Angestellten steigen nach Angaben beider Tarifpartner zum 1. März 2009 zunächst um einen Sockelbetrag von 40 Euro und dann um 3 Prozent. Am 1. März 2010 folgt eine weitere Erhöhung um 1,2 Prozent. Für Januar und Februar dieses Jahres wurde zudem eine Einmalzahlung von insgesamt 40 Euro vereinbart. Die Gewerkschaft Ver.di bezifferte das Gesamtvolumen der Steigerung auf 5,8 Prozent für zwei Jahre. Die Auszubildenden erhalten ab sofort 60 Euro mehr und in einem Jahr 1,2 Prozent.

Die Gewerkschaften waren mit einer Forderung von 8 Prozent mehr Lohn und mindestens 200 Euro im Monat in die am Samstag begonnene vierte Verhandlungsrunde gegangen. Nach Angaben von Ver.di bedeutet der Abschluss für die Beschäftigten in diesem Jahr eine durchschnittliche Lohn- und Gehaltssteigerung von 119 Euro im Monat, für 2009 und 2010 zusammen seien es 156 Euro. Die Kosten für die Landeshaushalte bezifferten die Arbeitgeber für das laufende Jahr auf rund 4 Milliarden Euro. Die Gewerkschaften hatten für den Fall des Scheiterns der Tarifgespräche mit Urabstimmungen über unbefristete Streiks gedroht.

"Wir sind froh, dass wir einen Arbeitskampf verhindert haben", sagte der Verhandlungsführer der Arbeitgeber, Niedersachsens Finanzminister Hartmut Möllring, in Potsdam. "Wir wollten einen Reallohnzuwachs, das ist erreicht", sagte Ver.di-Vorsitzender Frank Bsirske. Der Abschluss sei "ein wichtiger Beitrag zum Gleichklang der Lohnentwicklung von Bund, Ländern und Kommunen". Neben Ver.di waren auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), die Gewerkschaft der Polizei (GdP) und die Tarifunion des Beamtenbundes an den Gesprächen beteiligt, da das Ergebnis auf rund 1,25 Millionen Beamte bei Bund und Kommunen übertragen werden soll.

Den stärksten Widerstand gegen den Tarifkompromiss gab es in den Reihen der Bildungsgewerkschaft GEW. Deren Tarifkommission stimmte dem Abschluss wegen der anhaltenden Unterschiede bei der Lehrerbezahlung nur mit knapper Mehrheit zu. Mit Ausnahme der Gewerkschaft der Polizei (GdP) wollen die Gewerkschaften, bevor sie den Vertrag unterschreiben, erst ihre Mitglieder befragen.

Der Abschluss im öffentlichen Dienst der Länder, der für 700.000 Beschäftigte gilt, ist die bedeutendste Einigung des Tarifjahrs. Denn in den großen Branchen stehen die Tarifsteigerungen für 2009 bereits fest, weil sie schon 2008 vereinbart wurden. So erhalten die Beschäftigten im öffentlichen Dienst bei Bund und Gemeinden seit Januar 2,8 Prozent mehr Lohn und Gehalt. In der Metall- und Elektroindustrie steigen die Tarifverdienste zum 1. Februar und 1. Mai jeweils um 2,1 Prozent. In der chemischen Industrie steht die Tarifsteigerung in diesem Jahr ebenfalls fest: Sie beträgt 3,3 Prozent.

Verhandlungen gibt es 2009 noch in der Textil- und Bekleidungsindustrie, im Bauhauptgewerbe, in der Stahlindustrie und in Teilen des Einzelhandels. Bei der Deutschen Bahn AG liegt bereits ein Abschluss vor: Er sieht eine Lohnsteigerung um 2,5 Prozent seit 1. Februar und um 2 Prozent zum 1. Januar 2010 sowie eine Einmalzahlung von 500 Euro im Dezember 2009 vor.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • NF
    N. Fuest

    Tarifvertrag?

    Seit Jahren bekommt man immer weniger.

    Die unteren Lohngruppen driften immer weiter ab.

    Warum keine feste Zahlung.

    Alle bezahlen für Lebensmittel Benzin usw gleich.

    ? Lohnt sich

  • F
    Franz

    Ja, die Gewerkschaften. Ich bin gespannt wieviele Mitglieder nun wieder davon laufen. Wie immer wird ein Kürzung als Erfolg gefeiert. Pisa hat ja gezeigt, dass viele nicht rechnen können. Die sitzen nun mal in der Tarifkommision. Nicht vergessen dürfen wir die moderate "Erhöhung" nach der letzte Tarifrunde. Um die zu Verkaufen wurde ja die Leistungszulage eingeführt. Gelder hierfür wurden durch die AG ja immer schön beiseite gelegt. Was passiert nun mit dem Geld? Wo kann ich mir meinen Anteil auszahlen lassen? Wieder einmal zeigt sich, wenn Gewrkschaften ungefragt verhandel, hat der Normal"verdi"ner weniger in der Tasche. Warum bin ich wohl nicht in der Gewerkschaft? Na, so schaffe ich mir jedes Jahr mindistens eine 12 Prozentige Erhöhung (so würde verdi rechnen).

  • MM
    MaikMaria Mueller

    Man kann diesem "Arbeitgeber-Kompromiss" nicht zustimmen. Unsere gesamte Abteilung wird mit Nein stimmen. Beim letzten mal wurde schon gemurrt und man konnte die Leute noch zusammenhalten. Nach dieser "Farce" wird wohl ein geschlossener Austritt erfolgen. Verdi ist zu unflexibel, schummelt mit angeblichen Tariferfolgen bzw. Prozenten. Und diese Flugblätter kann man auch vergessen. Es wird leider oder auch endlich Zeit für eine neue Spartengewerkschaft. Vielen Danke Herr Bsirske, tschüss Flächentarifvertrag.

  • A
    Andreas

    Guten Tag & ein Halöle in die Runde!,

     

    ich habe an drei Warnstreiks teilgenommen und wurde von der örtlichen ver.di-Fachgruppenbereichsleiterin so richtig auf einen bevorstehenden Arbeitskampf eingestimmt. Das Ergebnis finde ich inakzeptabel!!! LOB im Monat Dezember: weg. €481,00 fehlen mir dann! Die tarifliche Steigerung für mich mit E 14: so la la. ABER die unteren Entgeldgruppenbezieher "gucken bei diesem Abschluss in die Röhre"! Wie war noch einmal der Slogan von ver.di?! ²Mindestens € 200,00". Dank der verschleiernden Rechenkünste von ver.di denken sicherlich viele, dass sie jetzt einen "wahnsinnigen Schluck aus der Buddel" bekommen haben. Leute! - rechnet nach - zeigt ver.di die rote Karte! Ich überlege, ob ich meinen monatl. Beitrag von € 39,00 nicht lieber spare, um auf diesem Weg die LOB-Zuwendung "aufzufangen".

     

    Grüße aus Hamburg

  • L
    Lustig

    Für 2010 wurde auch gleich eine Erhöhung von 1,2 Prozent beschlossen. Prima Sache für die Arbeitgeber - eigentlich war Verdi mit einer Laufzeit von 12 Monaten angetreten.

     

    Das gibt dann ein böses Erwachen - vor allem wenn die Inflationsrate (5-6%) dann wieder angestiegen ist. Und wer weiß heute schon was bis dahin noch alles auf uns zu kommen wird.....

     

    Hinweis von oben: Die Leistungszulage wird abgeschafft!

    Kann das bitte jemand erklären ???????

  • T
    Tarifbeschäftigte

    Ich hab's nachgerechnet (gehöre ich doch zu denen, bei denen ver.di die durchschnittliche Gehaltssteigerung errechnet hat). Unter Berücksichtigung des Wegfalls des Leistungsentgeltes in den Dezember-Monaten bedeutet das für mich eine Gehaltssteigerung in 2009 von 2,53648% (im Vergleich zu 2008) und von 1,74096% in 2010 (im Vergleich zu 2009). Im Schnitt 2009 und 2010 zusammen sind das im Vergleich zu 2008 ganze 3,42904%. Zugegeben, es ist nicht einfach, und deshalb kann man uns auch gut Sand in die Augen streuen. Das jedenfalls sind die wackeren 5%, die unsere wackeren Gewerkschaften ausgehandelt haben.

    Vergleicht man das erste Angebot der Arbeitgeberseite, von dem es hieß, es sei eine eklatante Ohrfeige für die Tarifbeschäftigten gewesen(4,2% ab Juli 2009, nichts weiter für 2010) mit dem jetzt schöngerechneten Ergebnis, ist die Differenz für mich ganze 155,21 Euro in 2009 und ganze 61,59 in 2010 (Differenz altes und jetziges Angebot). Wohlgemerkt: Brutto pro JAHR insgesamt!

  • N
    Nexium

    Na ja, über dieses Ergebnis kann man sich nicht freuen. Was nicht erwähnt wurde: Die Leistungszulage wird gestrichen. Zieht man diese 1% ab, haben wir 2010 eine Nullrunde. Wieder einmal schafft es Verdi, im Gesamtpaket des Tarifabschlusses eine Reallohnkürzung zu akzeptieren. Wichtige Verhandlungspunkte wie "gleicher Lohn für gleiche Arbeit", Leiharbeit, Tarifflucht, Eingruppierungsverhandlungen,..., wurden nicht verhandelt.

  • I
    ich_werd_jetzt_reich

    Und die Leistungszulage wird abgeschafft. (Merken die meisten wohl erst im Dezember...)

  • I
    ITarifbeschäftigte

    Die fehlerhafte Berichterstattung hat in der gesamten Medienlandschaft Tradition: die Tarifunion des Beamtenbundes ist nicht deshalb an den Gesprächen beteiligt, weil das Ergebnis auf die Beamtinnen und Beamten (im Übrigen: der LÄNDER)übertragen werden soll, sondern weil sie genauso tariffähig ist wie z. B. ver.di. Die komba gewerkschaft beispielsweise, die größte Gewerkschaft innerhalb der dbb tarifunion, vertritt eigenständig ihre Tarifbeschäftigten! Das Wort "Tarifunion" steht für Tarifbeschäftigte und nicht für Beamte.

    Mit der durchschnittlichen Gehaltssteigerung von monatlich 119 in 2009 und 43 in 2010 hat sich ver.di die Berechnung einfach gemacht. Es hat die/den auf dem Papier durchschnittlichen Tarifbeschäftigte/n genommen, den der Entgeltgruppe 11. Aber die Massen in den Poststellen, Registraturen, Vorzimmern, Geschäftszimmern, die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter des mittleren Dienstes können von solchen Einkommenssteigerungen nur träumen.

    Im Übrigen ist das Ergebnis grottenschlecht. Die Ausgabensteigerung für Futter für unseren Hund beträgt 12%.

  • JB
    J. Böhm

    Ich begrüße das Ergebnis der Verhandlungen und freue mich über diese guten Nachrichten. Jetzt bin ich voller Hoffnung, dass dieses Ergebnis tatsächlich und so schnell wie möglich auch auf die Beamten übertragen werden kann. Eine tolle Leistung aller Beteiligten, die sich dafür eingesetzt haben und an den Verhandlungen mitgearbeitet haben. Danke!