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Tanklaster-Angriff-AffäreDruck auf Guttenberg wächst

Das Kanzleramt stufte den Luftangriff in Afghanistan schon vor der Bundestagswahl als "unangemessen" ein. Die Opposition will nun die Rolle Guttenbergs unter die Lupe nehmen.

Was gestern richtig war, ist's heute nicht mehr: Verteidigungsminister Guttenberg bewertet jetzt den Angriff bei Kundus als fehlerhaft. Bild: dpa

BERLIN taz Knapp drei Monate nach den Luftangriffen auf zwei Tanklastzüge nahe Kundus steht jetzt Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg in der Kritik. Oppositionspolitiker werfen ihm seine Erklärung vom 6. November vor, die Angriffe seien "militärisch angemessen" gewesen und es hätte zu dem Luftschlag "kommen müssen".

"Er muss seine Meinung schnell revidieren und erklären, wie er zu dieser Beurteilung kam", sagte Paul Schäfer, verteidigungspolitischer Sprecher der Linkspartei im Bundestag, am Montag der taz. Nicht einfache Verfahrensfehler, wie von zu Guttenberg erklärt, sondern "strategisch falsche Entscheidungen und Fehleinschätzungen", seien bei den Angriffen getroffen worden, erklärte Rainer Arnold, Verteidigungsexperte der SPD. Nach Einsicht des ISAF-Bericht, den auch zu Guttenberg kannte, könne man nicht zu der Ansicht gelangen, der Angriff sei angemessen gewesen.

Zu Guttenberg hat angekündigt, den von der Bundeswehr angeforderten Luftangriff Anfang September, bei dem auch Dutzende Zivilisten getötet wurden, auf Grundlage ihm bisher vorenthaltender Berichte neu zu prüfen und gegebenenfalls eine Neubewertung abzugeben.

Noch ist unklar, bis wann die Untersuchungen abgeschlossen sein werden. Zu Guttenberg erklärte aber, es sei jetzt schon klar, "dass vor Ort Fehler gemacht wurden". Grüne und Linkspartei sind in ihrer Kritik an zu Guttenberg noch recht vorsichtig. "Er wurde wohl selbst nicht ausreichend informiert", glaubt Paul Schäfer von der Linkspartei.

Wie Omid Nouripour, verteidigungspolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion erklärte, lagen dem Verteidigungsministerium vor der Bundestagswahl fünf Berichte zum Luftangriff vor, in denen von zivilen Opfern die Rede war. "Da liegt der Verdacht nahe, dass die Nicht-Öffentlichmachung mit der anstehenden Bundestagswahl in Zusammenhang stand", sagte Nouripour der taz.

Wie der Kölner-Stadt-Anzeiger berichtet, hätten Experten im Kanzleramt bereits vor der Bundestagswahl den Luftangriff als militärisch unangemessen bezeichnet und erklärt, der Einsatz werde ein Gerichtsverfahren nach sich ziehen. "Ich kann das nicht bestätigen", sagte Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans am Montag dazu.

Die Opposition strebt einen Untersuchungsausschuss an. Bereits am Freitag könnte dieser beschlossen werden und dann kurzfristig seine Arbeit aufnehmen. "Die wichtigste zu klärende Frage ist, was das Kanzleramt vor dem 27. September wusste", sagte Nouripour. Es sei vorstellbar, dass auch Kanzlerin Angela Merkel als Zeugin geladen werde. Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel kündigte am Montag an, das Kanzleramt ins Visier nehmen zu wollen. Es müsse aufgeklärt werden, wer was wann wusste.

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16 Kommentare

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  • B
    Bauernlümmel

    "Stößt bei mir nur auf Unverständnis - erst Soldaten reinschicken und dann ihren Job nicht machen lassen ..."

     

    kann mich nicht erinnern, dass das mandat lautete zivilisten abzuknallen

  • JK
    Juergen K.

    Und MERKEL hat auch wohl auch gewusst !

     

    Laut Kölner Stadtanzeiger wusste das Kanzleramt bescheid.

    Quelle : http://www.presseportal.de/pm/66749/1521068/koelner_stadt_anzeiger

     

    Kommt jetzt das erste Ehrenwort ?

     

    BETRUG AM WÄHLER !

     

    Unehrenhafte Entlassung.

  • H
    hto

    Schadenfreude ist die schönste Freude, der gebildeten Suppenkaspermentalität auf Sündenbocksuche, und gehört eben auch zum Surfen auf dem stumpf- wie wahnsinnigen Zeitgeist - die Wahrheit will doch kaum einer wissen, wo die gewohnte Überproduktion von systemrational-konsumautistischen Kommunikationsmüll doch soviel profitabler ist!?

  • A
    audio001

    Da gibt es bislang nicht gestellte Fragen...

     

    Dieser offensichtliche Versuch des Vertuschens und Verschleierns durch Zurückhalten von Informationen, macht doch überhaupt nur Sinn, wenn es etwas gab, was es politisch zu Deckeln galt!?

     

    Allein der Umstand, dass vor Ort möglicherweise der befehlshabende Offizier durch eine falsche Lagebeurteilung einen Fehler gemacht haben könnte, dürfte doch als Begründung hierfür nicht ausreichen?

     

    Insbesondere auch deshalb nicht , weil offensichtlich auch das im Bundeskanzleramt für Verteidigungspolitik zuständige Referat über eine ausreichende Informationslage verfügte, um zeitnah zu einer andere Bewertung zu kommen als der zuständige Minister!?

     

     

    Ich halte es für unvermeidlich sich endlich einmal der Frage zu zuwenden: Wer war wann im Einsatzführungskommando, im Bundesverteidigungsministerium oder sonstwo im Regierungsapparat über die Lage vor Ort informiert, und wurde auf die Befehlsgebung vor Ort Einfluss genommen?

  • HB
    Hans Bert

    Stößt bei mir nur auf Unverständnis - erst Soldaten reinschicken und dann ihren Job nicht machen lassen ...

  • RM
    Reinhold Maier

    abgesehen von den Fragen zum Informations Stand und ob hier Informationen zurückgehalten oder ignoriert wurden, gibt es doch noch eine zweite Frage zu bedenken: was wäre passiert / oder hätte passieren können wenn die Tanklaster geborgen worden wären, was hätten die Terroristen damit gemacht? Und dass es dann auch Tote gegeben hätte das will doch niemand anzweifeln, und in Anbetracht der Nähe zum deutschen Stützpunkt auch die Sorge dass es deutsche Opfer gewesen wären. Wie würde dann die Diskusion verlaufen?

  • M
    mickz

    Viel mehr noch als an von Guttenberg ist die Frage "was haben sie gewusst" doch an Frau Merkel zu stellen - und wieso hat sie nach dieser Bewertung Jung überhaupt erneut zum Minister berufen?

  • L
    lessing

    Wie die Merkel Ihren zukünftig wohl größten

    Konkurrenten sich als Verteidigungsminister abnutzen lässt, da wird mir ganz Bange vor dieser Frau.

    Trotzdem, wie heißt es halt so schön: "Der eitle Gockel steigt halt auf jede Stange".

    Bemerkenswert ist auch, das eigentlich im Kern,

    also politisches Tagessachgeschäft eigentlich gar nichts läuft. Und das schon sehr lange oder?

  • B
    Bauernlümmel

    "Stößt bei mir nur auf Unverständnis - erst Soldaten reinschicken und dann ihren Job nicht machen lassen ..."

     

    kann mich nicht erinnern, dass das mandat lautete zivilisten abzuknallen

  • JK
    Juergen K.

    Und MERKEL hat auch wohl auch gewusst !

     

    Laut Kölner Stadtanzeiger wusste das Kanzleramt bescheid.

    Quelle : http://www.presseportal.de/pm/66749/1521068/koelner_stadt_anzeiger

     

    Kommt jetzt das erste Ehrenwort ?

     

    BETRUG AM WÄHLER !

     

    Unehrenhafte Entlassung.

  • H
    hto

    Schadenfreude ist die schönste Freude, der gebildeten Suppenkaspermentalität auf Sündenbocksuche, und gehört eben auch zum Surfen auf dem stumpf- wie wahnsinnigen Zeitgeist - die Wahrheit will doch kaum einer wissen, wo die gewohnte Überproduktion von systemrational-konsumautistischen Kommunikationsmüll doch soviel profitabler ist!?

  • A
    audio001

    Da gibt es bislang nicht gestellte Fragen...

     

    Dieser offensichtliche Versuch des Vertuschens und Verschleierns durch Zurückhalten von Informationen, macht doch überhaupt nur Sinn, wenn es etwas gab, was es politisch zu Deckeln galt!?

     

    Allein der Umstand, dass vor Ort möglicherweise der befehlshabende Offizier durch eine falsche Lagebeurteilung einen Fehler gemacht haben könnte, dürfte doch als Begründung hierfür nicht ausreichen?

     

    Insbesondere auch deshalb nicht , weil offensichtlich auch das im Bundeskanzleramt für Verteidigungspolitik zuständige Referat über eine ausreichende Informationslage verfügte, um zeitnah zu einer andere Bewertung zu kommen als der zuständige Minister!?

     

     

    Ich halte es für unvermeidlich sich endlich einmal der Frage zu zuwenden: Wer war wann im Einsatzführungskommando, im Bundesverteidigungsministerium oder sonstwo im Regierungsapparat über die Lage vor Ort informiert, und wurde auf die Befehlsgebung vor Ort Einfluss genommen?

  • HB
    Hans Bert

    Stößt bei mir nur auf Unverständnis - erst Soldaten reinschicken und dann ihren Job nicht machen lassen ...

  • RM
    Reinhold Maier

    abgesehen von den Fragen zum Informations Stand und ob hier Informationen zurückgehalten oder ignoriert wurden, gibt es doch noch eine zweite Frage zu bedenken: was wäre passiert / oder hätte passieren können wenn die Tanklaster geborgen worden wären, was hätten die Terroristen damit gemacht? Und dass es dann auch Tote gegeben hätte das will doch niemand anzweifeln, und in Anbetracht der Nähe zum deutschen Stützpunkt auch die Sorge dass es deutsche Opfer gewesen wären. Wie würde dann die Diskusion verlaufen?

  • M
    mickz

    Viel mehr noch als an von Guttenberg ist die Frage "was haben sie gewusst" doch an Frau Merkel zu stellen - und wieso hat sie nach dieser Bewertung Jung überhaupt erneut zum Minister berufen?

  • L
    lessing

    Wie die Merkel Ihren zukünftig wohl größten

    Konkurrenten sich als Verteidigungsminister abnutzen lässt, da wird mir ganz Bange vor dieser Frau.

    Trotzdem, wie heißt es halt so schön: "Der eitle Gockel steigt halt auf jede Stange".

    Bemerkenswert ist auch, das eigentlich im Kern,

    also politisches Tagessachgeschäft eigentlich gar nichts läuft. Und das schon sehr lange oder?