Talkshow-Rauswurf: Eva und die Autobahn
Eva Herman hat bei Kerner weder kluge Dinge gesagt noch Missverständnisse ausgeräumt. Den Talkshow-Rauswurf hat sie aber souverän gemeistert.
"Weil ich mich der Fairness verpflichtet fühle, habe ich Dir jede Gelegenheit gegeben, die Dinge richtig zu stellen." Leichtes Bedauern liegt in der Stimme des Moderators Johannes B. Kerner, als er diese Worte in seiner ZDF-Talkshow an Eva Herman richtet. Dann verabschiedet er seinen Gast -Eva Herman steht auf und geht aus dem Studio. Die Sendung geht ohne sie weiter.
Vorangegangen ist ein 50-minütiges Gespräch über das Thema "Rollenverteilung von Mann und Frau", zu dem Kerner außer Eva Hermann noch Schauspielerin Senta Berger, die Fernsehmoderatorin Margarethe Schreinemakers und den Komiker Mario Barth geladen hatte. Herrman sollte für den nötigen Pepp in der ansonsten nicht übermäßig spannenden Runde sorgen. Daran ließ schon die Art, wie Kerner Herman anmoderierte keinen Zweifel - kündigte er sie doch als "Moderatorin, die sich ein wenig verharmlosend über die Familienpolitik im Dritten Reich geäußert hat" an.
Herman stellte klar, dass sie eben das nicht getan hätte - und schon begann der mühsame Versuch Kerners, herauszufinden, was Eva Herman denn nun wirklich denkt.
Dazu konfrontierte er die ehemalige Tagesschau-Sprecherin mit Zitaten, die Herman als "aus dem Zusammenhang gerissen" bezeichnete. "Ich habe gelernt, dass das, was in der Presse berichtet wird, häufig nicht stimmt", so Hermann. Dennoch: Die wiederholte Frage, ob sie mit ihrer umstrittenen Aussage einen Fehler gemacht habe, wollte sie nicht bejahen. Herman zeigte sich gegenüber Kerners penetrantem Nachhaken erstaunlich resistent. Sie sei oft missverstanden worden, aber sich selbst gab sie nicht die Schuld daran.
Hermans Nationalsozialismus-Vergleich dominierte dann die Sendung über weite Strecken. Ein im Publikum sitzender Historiker war extra eingeladen worden, um Herman Nachhilfe in Sachen NS-Zeit zu geben und belehrte sie über den Unterschied zwischen nationalsozialistischem Faschismus und Konservatismus. Aber Eva Herman hatte wenig Lust auf Geschichtsuntericht. Stattdessen kämpfte sie sich mit teils arg verschwurbelten Sätzen durch das Gespräch, oft drückte sie sich um klare Antworten.
Trotzdem: Insgesamt schlug sich die frischgekündigte NDR-Moderatorin recht wacker in einer Gesprächsrunde, die sich einmütig gegen sie stellte und sich in der Empörung über Herman gut gefiel. Als Kerner wissen wollte "Was ist es für ein Gefühl, wenn Du auf der Homepage der NPD abgefeiert wirst?", ließ er deutlich durchscheinen, wie gerne er sich jetzt über diese unbelehrbare Blondine entsetzen würde - hielte ihn nicht seine journalistische Professionalität davon ab. Ein derartig selbstgerechter Unterton geht Eva Herman immerhin ab.
Wenige Minuten später fragte Kerner fast angewiedert: "Was ist denn bitte die wahre Bestimmung der Weiblichkeit, das ist doch nicht, zu Hause zu sitzen und auf die Kinder auzupassen", antwortet Herman mit einer nicht ganz unberechtigten Gegenfrage: "Warum ist denn Deine Frau zu Hause bei den Kindern?"
Aus dem Publikum erntete Herman mit ihren Äußerungen Applaus ebenso wie Ablehnung. Als sie sich für das Kinderkriegen stark machte und in die Runde rief "wir sterben aus", gab es Gelächter im Publikum.
Für Entrüstung sorgte ihre Aussage über den Begriff der Gleichschaltung. Natürlich sei dieser Begriff verwendet worden, so Herman, fügte aber hinzu: "Es sind auch Autobahnen damals gebaut worden, und wir fahren heute drauf". Das Publikum johlt, nur ein einziger Zuschauer applaudiert. "Das kann nicht sein, was Du hier gerade erzählst", meint Margarethe Schreinemakers und schüttelt den Kopf.
Zum "Eklat im TV" (BILD) kam es schließlich, als Herman im Verlauf der zunehmend ungemütlichen Diskussion sagte: "Ich muss einfach lernen, dass man über den Verlauf unserer Geschichte nicht reden kann, ohne in Gefahr zu geraten." Dem Rest der Talkrunde reichte das. "Ich muss jetzt gehen", wollte sich Senta Berger verabschieden. Doch Kerner hielt sie auf, entschied sich, dann lieber Eva Herman heraus zu komplimentieren. "Es gibt halt so Sachen die sind problematisch, und Autobahn geht gar nicht, finde ich", stellte er klar. Eva Herman blieb freundlich, erhob sich und verließ das Studio so würdevoll wie es ihr möglich war. Zurück blieb eine lahme Gesprächsrunde und ein Moderator, der sich im guten Gefühl der eigenen Politicall Correctness sonnen konnte.
Ob Hermans Rauswurf richtig war oder nicht, darüber kann man streiten. Einen Nutzen hat er in jedem Fall gehabt, zumindest für das ZDF: Mit einem Marktanteil von über 18 Prozent und 2,65 Millionen Zuschauern erreichte die Sendung einen Quotenrekord.
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