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■ CSU-Tarif: Die unten finanzieren Steuerentlastung für die obenTaktischer Vorschlag

Der Steuervorschlag, den die CSU gestern vorstellte, hat einen Vorteil: Jetzt wissen wir, wo die seit Hessen in so merkwürdigem Aufwind befindliche Union finanzpolitisch hin will. Damit hat es sich allerdings mit den Vorzügen, die uns die Christsozialen unter Beifall der Schwesterpartei anzubieten haben.

Steuertarife abzuflachen ist schick. Bloß dumm, wenn man das so selektiv tut wie der CSU-Steuerpapst Faltlhauser. Den Spitzensteuersatz, jenen Beitrag also, den die Verdiener von sechs- und mehrstelligen Einkommen dem Wohlfahrtsstaat zollen, diesen Steuersatz wollen die Weißblauen auf 35 Prozent abstürzen lassen. Der Eingangssteuersatz dagegen soll bei 19 Prozent stagnieren.

Mit anderen Worten, Ihr Polizeibeamte, Krankenschwestern, Erzieher und anderes geringverdienendes Volk, zahlt schön weiter so viel Steuern wie bisher. Zwar ist hier und dort der Einkommensabstand zur Sozialhilfe denkbar knapp geworden, aber wir brauchen euren überproportionalen Anteil nun mal. Wofür? Ganz einfach: Damit wir die Zinsen für jene Kredite abtragen können, die der Staat aufnehmen muss – um das Steuerdumping für Einkommenskrösusse gegenzufinanzieren. Wenigstens gibt die CSU zu, die gerade noch so stolz auf ihren Null-Schulden-Weg in Bayern war, dass „zwischenzeitlich“ die Kreditaufnahme steige.

Auch den Umverteilungszusammenhang kennt der kluge Finanzminister Faltlhauser natürlich. Er lehrt ja an der Universität. Seine finanzpolitischen Studenten sollten mal nach Gunnar Uldall fragen. Der Unionsfreund wollte den Eingangssteuersatz auf sage und schreibe acht Prozent heruntersetzen. Oder das Stichwort Struck in den Hörsaal werfen. Der SPD-Mann schlug vor, mit niedrigen 15 Prozent in das Steuersystem einzusteigen. Selbst solche vier Prozentpunkte unter dem CSU-Tarif machen etwas aus. Denn es gibt in dieser Preisklasse viel mehr Steuerzahler als in der Beletage von Flick und Co.

Das Problem der bayerischen Steuervorschläge ist nicht nur, dass die Union damit hinter ihre eigenen Petersberger Beschlüsse zurückfällt. Die Inkonsistenz der Tarife zeigt, dass es sich um rein taktische Varianten handelt. Die Union will dem Wähler vorgaukeln, sie hätte dem rot-grünen Steuerkonzept etwas eigenes entgegenzusetzen. Hat sie aber nicht.

Die Union sollte, nachdem sie 16 Jahre nicht an die Steuertarife rührte, einfach bei Rot-Grün mittun. Im Bundesrat gibt es reichlich Gelegenheit dazu.

Christian Füller

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