Taizé-Treffen in Berlin: Mit einem Lied auf den Lippen
Fünf Tage lang haben 28.000 junge Menschen aus ganz Europa gemeinsam gebetet, gesungen, gelacht, gesungen, Gedanken ausgetauscht, gebetet und gelacht.
Am frühen Abend hat die erleuchtete Eingangshalle der Messe Berlin von außen tatsächlich etwas von einem Kirchenschiff. Hoch, von weißen Säulen getragen hängen an den Glasfassaden weithin sichtbar zwei große Plakate: Taizé-Jugendtreffen in Berlin. Seit Mittwoch sind Jugendliche aus der ganzen Welt in der Stadt zum Treffen der Taizé-Bruderschaft, das jedes Neujahr in einer anderen europäischen Hauptstadt stattfindet: Christen und Nichtchristen, von 28.000 Teilnehmern sprechen die Verantwortlichen.
Mit strikter Kirchenhierarchie - da bestehen alle drauf - habe Taizé nicht viel zu tun. Eher mit Basisorganisation, Selbstverantwortung, Freiwilligkeit. Und so sieht es auch in den weitläufigen Messehallen eher nach Jugendcamp aus: Auf dem Vorplatz haben sich Gruppen von Jugendlichen versammelt, spielen Gitarre, andere werfen Keulen und Jonglierbälle in die Luft. In der Eingangshalle haben sich manche in ihren Schlafsäcken auf dem Boden zusammengerollt, seit der Anreise sind sie kaum zum Schlafen gekommen. Gruppen schieben sich, begleitet vom Fetzen verschiedener Sprachen, zwischen Infopoint, Bücherecke und Eingang hin und her.
Es ist Samstag, der letzte Tag des Treffens. Nach den Diskussionsrunden und Veranstaltungen strömen die Teilnehmer nun zurück auf das Messegelände, wo das gemeinsame Abendgebet stattfinden wird. Die Teilnehmer sind gut gelaunt, überall ist Lachen, Kichern, ein lautes "Hallo" zu hören, in fast schon zwanghafter Ausgelassenheit.
Alle lachen dauernd
"Eine kilometerlange Schlange vor den Klos, und niemand meckert, stattdessen fangen alle an zu singen - das ist Taizé", sagt Alice und lacht. Die 20-Jährige ist mit Gabi und Carolin, ihren Freundinnen, aus Polen angereist, sie waren auch beim Treffen vergangenes Jahr in Rotterdam. Die Atmosphäre sei bestens, sagen sie, alle immerzu am Lachen. "Es ist eine wunderbare Gelegenheit, mit anderen Gedanken zu teilen, die mir wichtig sind", sagt Alice. "Und zu singen!", fügt Carolin hinzu. "Das Singen lieben wir!"
Für Stephan ist das Taizé-Treffen so etwas wie "eine Tankstelle für die Seele". "Da kann ich runterkommen, nachdenken. Und natürlich Leute treffen." Der 28-Jährige gehört zu den 1.600 Freiwilligen, die das Treffen vorbereitet haben. Er ist schon im Vorfeld angereist, wie auch Michaela, die neben ihm sitzt und immer wieder in Lachen ausbricht.
Die 26-Jährige kommt aus Remseck bei Stuttgart, hat, wie sie sagt, die ganze "katholische Karriere" mitgemacht, und ist auch was Taizé betrifft so etwas wie eine Veteranin. Mehrmals war sie in Taizé selbst, dem Stammort der Bruderschaft in Frankreich, am Jugendtreffen über Silvester hat sie schon 2006 in Rom teilgenommen. "Als ich erfahren habe, dass es dieses Jahr in Berlin ist, habe ich mir sofort Urlaub genommen", erzählt sie. "Taizé, das ist etwas, das kann man mit Worten kaum beschreiben, das muss man einfach mitmachen." Ihr gefällt, wie frei alle hier sind, dass jeder willkommen ist, jenseits von starren Kirchenritualen und Hierarchien. Taizé, das ist so etwas wie eine große Familie, man kann allein kommen und lernt sofort Leute kennen. Vielleicht deshalb auch aber bleibt Taizé hier, in Berlin, ein wenig abgekoppelt von der Stadt. Das Treffen auf dem Messegelände, weitab des Zentrums, ist längst nicht so verwurzelt im Veranstaltungsort, wie das in anderen Städten der Fall war, trotz Veranstaltungen im Bundestag und den lokalen Kirchengemeinden. Viele der Teilnehmer wissen nicht einmal, in welcher Kirchengemeinde sie untergebracht sind, in welchem Stadtteil - sie überlegen, dann fällt ihnen die U- oder S-Bahn-Station ein.
Was ist besonders am Treffen in Berlin, was haben sie von der Stadt mitgenommen? Schulterzucken. "In Rotterdam, letztes Jahr, da haben alle zusammen in einer riesigen Halle gebetet", sagt eine Teilnehmerin. "Das war schöner als in vier Hallen, nach Sprachen getrennt."
Schwierige Vorbereitung
Die Vorbereitung war nicht einfach in Berlin. Taizé ist hier weniger bekannt, mit einem christlichen Jugendtreffen konnten die Berliner wenig anfangen. Am Ende fehlten 2.000 Schlafplätze - trotz Kampagne, den jungen Gästen "2 Quadratmeter" für Isomatte und Schlafsack bereit zu stellen. Deshalb schläft Michaela auch nicht in einer Gastfamilie, sondern ist "Quartiersmeisterin" in einer Schule, in der rund 50 Teilnehmerinnen übernachten, aus sieben verschiedenen Ländern. "Die Treffen", sagt Michaela und lacht wieder, "sind auch eine gute Gelegenheit zum Sprachenlernen." Sie könne alle aus ihrer Schule jetzt in ihrer eigenen Sprache begrüßen.
Dann ist Abendessen angesagt: In langen Schlangen geht es zur Essensausgabe - eine Dose warmgemachtes Gulasch für jeden, zwei Brötchen, einen Apfel und Wasser aus dem Tetra-Pak. Zum Essen setzen sich alle auf den Boden einer Messehalle, ehe es weitergeht zum Abendgebet. Als sich Tausende in der Halle versammeln, die Kerzen entzünden, die am Eingang ausgegeben wurden und die Taizé-Gesänge anstimmen, bekommen die kühlen Messehallen noch einmal einen warmen Glanz.
Bruder Alois, der Vorstehende der Gemeinschaft, predigt, alles wird in mehrere Sprachen übersetzt. Gesänge, stille Minuten, wieder Gesang, dann löst sich das letzte Abendgebet auf, und die Teilnehmer ziehen in Gruppen davon. Rundum erstrahlen die ersten Feuerwerksraketen. Doch bei den Partys zu Neujahr sind die Taizé-Besucher nicht dabei: Um Mitternacht werden sie in ihren Gastgemeinden das "Fest der Nationen" feiern und für Frieden beten.
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