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Tabakgesetze in AustralienDer Effekt der Ekelbilder

Zwei Jahre nach Einführung der striktesten Anti-Tabak-Gesetze der Welt ist Experten klar: Abschreckende Fotos auf Zigarettenschachteln wirken.

Diese Raucherin aus Sydney schaut irgendwie auch schon ganz angeekelt. Bild: reuters

CANBERRA taz | Wer in Australien eine Schachtel Zigaretten kaufen will, muss erst mal suchen. In den Einkaufszentren und Kiosken sind die Zigaretten hinter einfarbigen Abdeckungen und Warnschildern versteckt. An der Kasse kommt erst mal der Schreck: Je nach Anzahl der Zigaretten legt man pro Packung bis zu 15 Euro hin.

Und dann kommt der Ekel: Wo früher die bekannten Logos von Camel oder Marlboro zum ersten Zug verleitet haben, klebt auf der Packung das Farbfoto eines abfaulenden Fußes, eines Lungentumors, eines Zungenkrebses. Der Name der Zigarettenmarke ist nur noch klein gedruckt, auf einem langweilig graugrünen Hintergrund.

Schock und Banalität funktionieren, ist Professorin Melanie Wakefield überzeugt. Die Ärztin beim australischen Cancer Council ist eine von vielen Fachleuten, für die kein Zweifel besteht an der Wirkung der australischen Anti-Tabak-Gesetze. Eingeführt worden waren diese damals härtesten Vorschriften der Welt im Dezember 2012. Die ersten Erfolge zeigten sich schon nach wenigen Monaten: Langjährige Raucherinnen und Raucher meldeten, ihre Zigarette schmecke „nicht mehr so gut“. Obwohl die Tabakhersteller ihre Rezeptur nicht verändert hatten. Diese ersten Erfolge waren einer der Gründe, weshalb andere Länder ähnliche Gesetze in Kraft setzten oder daran sind, sie einzuführen.

Nun bestätigen neue Zahlen, dass Australier seit der Einführung der Gesetze weniger rauchen. Laut dem Amt für Statistik ging der Konsum von Tabak im Quartal bis 12. März um 3 Prozent zurück. Der Rückgang zwischen Dezember 2013 und Dezember 2014 lag gar bei 12,2 Prozent.

Eine Untersuchung des Cancer Council Victoria in Melbourne zeigt, dass im Verlauf eines Monats 27 Prozent einer Testgruppe von Rauchern versucht hatten, ihre Sucht aufzugeben. Vor der Einführung der neuen Verpackung waren es 20 Prozent gewesen. Die Ekelbilder hatten den Nebeneffekt, dass viele Raucher ihre Packungen in der Öffentlichkeit versteckten.

Große Wirkung von 12 bis 17 Jahren

Laut Cancer Council hat sich offenbar die größte Hoffnung der Experten bestätigt, wonach junge Menschen durch die unattraktiven Verpackungen davon abgehalten werden, überhaupt mit dem Rauchen zu beginnen. Das standardisierte Aussehen habe vor allem im Altersbereich 12 bis 17 Jahre große Wirkung gezeigt: „Unter dem Strich hat die Vereinheitlichung der Packungen das positive Ansehen von Zigaretten reduziert. Gleichzeitig begannen Raucher, den sehr aggressiven Gesundheitswarnungen mehr Beachtung zu schenken“.

Zudem kommt die Studie des Cancer Council zum Schluss, dass es für eine „Flucht“ der Verbraucher hin zu billigen, illegal importierten Zigaretten keine Beweise gebe. Davor hatte die Tabakindustrie vor dem Inkrafttreten der Anti-Tabak-Gesetze gewarnt. Diese Warnkampagne war nur eine von vielen Public-Relations-Maßnahmen, mit denen British American Tobacco, JTI International, Philip Morris, Van Nelle Tabak und Imperial Tobacco die Meinung der Bevölkerung gegen die Gesetze umlenken wollten.

Die Unternehmen scheiterten auf allen Ebenen – auch vor Gericht. Sie hatten unter anderem argumentiert, mit dem Verbot von Markenzeichen wie dem Dromedar von Camel Filter und Markenlogos wie der ikonischen Schrift von Marlboro eigne sich die australische Regierung ohne entsprechende Kompensation die Markennamen der Firmen an, ihr Design, ihre Anwendung. Das Oberste Gericht Australiens schmetterte die Klage ab. Der Entscheid war für Regierungen anderer Länder grünes Licht für die Prüfung und Einführung ähnlicher Gesetze.

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7 Kommentare

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  • Passend zu dem Thema:

    Last Week Tonight with John Oliver: Tobacco (HBO)

    https://www.youtube.com/watch?v=6UsHHOCH4q8

  • Naja, das wird die australische Regierung zur Kenntnis nehmen und ihre Flüchtlingspolitik, die auch auf Abschreckung zielt, weiter ausbauen.

     

    http://polpix.sueddeutsche.com/bild/1.2173621.1413292177/640x360/australien-fluechtlinge-asyl-kampagne.jpg

     

    Vielleicht noch ein paar Ekelbilder von Australiern dazu und niemand wird mehr dahin wollen.

  • Dieser Artikel ist journalistisch nicht sauber recherchiert. Wer sich die Studie mal genau ansieht, erkennt sowohl Unsauberheiten in der Studiendurchführung als auch falsche Rückschlüsse. Zum Beispiel bewegen sich die angeführten Senkungen im Rauchverhalten im historischen Mittel der Abnahme der letzten 50 Jahre und sind somit nicht gezwungenermaßen der abschreckenden Bilder geschuldet. Außerdem ist die Auswahl der Studiengruppe schon dadurch kritisch zu sehen, dass sich die Teilnehmer aktiv um die Teilnahme bewerben mussten, was im Allgemeinen dazu führt, dass sich vorwiegend Leute daran teilnehmen, die vorhaben etwas an ihrem Leben zu ändern oder sich mehr als der Durchschnitt mit dem Thema beschäftigen. Unberücksicht blieb auch die Verteuerung der Zigaretten, die selbstverständlich auch zu einer Absenkung des Konsums führt. Der Link zur Studie ist übrigens hier:

     

    http://tobaccocontrol.bmj.com/content/24/Suppl_2/ii3.full.pdf

     

    und wurde von dem Counterpart der Tabakindustrie "Tobacco control" die wiederum zum British Medical Journal gehören durchgeführt.

  • Vielleicht lässt sich das Konzept ja auch auf andere Lebensbereiche anwenden. Z.B. auf Fertigessen, nicht Bio-Essen, Skifahren, Vergewaltigungen, Abtreibungen, Religion etc. Glückwunsch zu dieser Erkenntnis.

    • @Kleopatros:

      Steht schon auf der Agenda der Gesundheitsfetischisten: Kanadische Mediziner wollen, dass Junk-Food mit Fettlebern oder Diabetiker-Füßen gekennzeichnet werden. Dafür haben sie bereits Vorlagen mit Pizzaschachteln, auf denen eine Fettleber gezeigt wird, vorgestellt:

      http://globalmagazin.com/?id=1045

      Und die europäische Anti-Alkohol-Allianz "Eurocare" hätte gerne Warnbilder auf alkoholischen Getränken.

  • Australien hatte offenbar kein Freihandelsabkommen abgeschlossen, das es den Tabakfirmen ermöglicht hätte, den Staat vor einem (privaten) Schiedsgericht zu verklagen. Wahrscheinlich eher ein Zufall als eine bewusst kluge Strategie, wenn man sich die Regierungen von Australien der letzten 15 Jahre anschaut.

    • @DHM:

      "Cut to Australia in 2011, and the federal government has introduced its groundbreaking plain-packaging laws, the world’s first legislation to remove branding from cigarette boxes. Europe, which was drafting tobacco legislation of its own at the time, seriously considered following suit (although it eventually backed away from mandatory plain-packing).

       

      The wake-up call came a few months later, when Philip Morris Asia Limited – the Asian arm of the American tobacco producer – took the Australian government to the international Permanent Court of Arbitration using the investor-state dispute settlement mechanism, or ISDS, embedded in Australia’s bilateral investment treaty with Hong Kong. As the case wove its way into European consciousness, the soul-searching began."

       

      Ganz im Gegenteil, Australien ist ein Musterbeispiel, wohin Schiedsgerichte führen.

       

      http://insidestory.org.au/philip-morris-australia-and-the-fate-of-europes-trade-talks/