TV-Duell der Präsidentschaftskandidaten: Obama ohne Widerworte
Nach dem gemeinsamen Fernsehauftritt der Präsidentschaftskandidaten sehen Umfragen Barack Obama als Sieger. Doch einen wirklichen Schlagabtausch mit McCain blieb er schuldig.
Joe Biden, der demokratische Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten, erweckte unmittelbar nach der Fernsehdebatte zwischen den US-Präsidentschaftskandidaten Barack Obama und John McCain den Eindruck, über die Gabe der Omnipräsenz zu verfügen: Innerhalb weniger Minuten war er live bei CNN, bei Fox, bei MSNBC - und auf jedem Sender erklärte er erneut, warum sein Wunschpräsident in der Diskussion der angeblich Bessere gewesen war. Wo steckte seine Gegenspielerin Sarah Palin? War sie nicht eingeladen? Doch, durchaus. Wie CNN-Moderator Wulf Blitzer mehrfach betonte. Aber sie kam eben nicht.
Die Überraschungskandidatin von McCain hatte in ihren ersten Fernsehinterviews nach der Nominierung mit einigen naiven Antworten für Hohn und Spott gesorgt. Seither macht sie sich rar. Was dazu führte, dass die Diskussion über die TV-Debatte im Spitzenbereich von den Demokraten allein bestritten werden konnte. Blitzumfragen zufolge hat Barack Obama das Rennen für sich entschieden.
Der Republikaner John McCain hatte noch auf anderen Feldern mit Gegenwind zu kämpfen, die nichts mit den Inhalten der Debatte zu tun hatten. Er war in einer schwierigen Lage. Nach seiner Ankündigung, an der Diskussion gar nicht erst teilnehmen zu wollen, falls nicht bis dahin im Kongress eine Einigung über den Weg aus der Finanzkrise gefunden worden wäre, musste er entweder fernbleiben oder einlenken. Er lenkte ein.
Erwartungsgemäß wurde das Thema Wirtschaft in der Fernsehdiskussion nicht ausgespart, obwohl eigentlich ausschließlich über Außenpolitik diskutiert werden sollte. Allerdings hielten sich beide Kandidaten im Zusammenhang mit Wirtschaftsfragen bedeckt. Erkennbar wollten sie im Zusammenhang mit dem angepeilten "Rettungsplan" weder für eine Entscheidung die Verantwortung übernehmen, die bei weiten Teilen der Wählerschaft unpopulär ist, noch wollten sie dafür haftbar gemacht werden, dass radikale Äußerungen ihrerseits eine Einigung zusätzlich erschwerten. So blieben beide weitgehend bei allgemeinen Forderungen wie der nach größerer Transparenz und Haftbarkeit von Verantwortlichen. Der einzige dennoch greifbare Unterschied: John McCain verlangt drastische Einschnitte bei den Staatsausgaben - er erwägt ein Einfrieren aller öffentlichen Ausgaben "außer im Bereich der Verteidigung" -, und er wünscht Steuersenkungen. Barack Obama hingegen will die Mittelschicht entlasten, also alle Beschäftigten unterhalb eines Jahreseinkommens von 250.000 Dollar und die "Reichen" stärker besteuern.
Im Bereich der Außenpolitik war Barack Obama um Übereinstimmung mit seinem Rivalen bemüht. "Wir gewinnen im Irak, und wir werden siegreich und ehrenvoll nach Hause zurückkehren", erklärte John McCain. Obama widersprach dem nicht. Er kritisierte lediglich, dass in den letzten Jahren zu viele Anstrengungen auf den Irak konzentriert gewesen seien. Um den Terrorchef Ussama Bin Laden "zu fangen und zu töten", sei es notwendig, mehr Truppen nach Afghanistan zu entsenden und "den Druck" auf die Regierung von Pakistan zu erhöhen. Es war McCain, der ausdrücklich erklärte, die Option eines Militärangriffs auf die verbündete Atommacht Pakistan nicht unterstützen zu wollen.
John McCain war es auch, der forderte, dass "niemals wieder" Gefangene von den USA gefoltert werden dürften. Beide Kandidaten stimmten darin überein, dass die Vereinigten Staaten heute sicherer seien als zum Zeitpunkt der terroristischen Angriffe vom 11. September 2001. Kritik an der Einschränkung von Bürgerrechten, die Teil des Kampfs gegen den Terror waren und sind, äußerte keiner von beiden - auch Barack Obama nicht, der dies einst noch getan hatte.
Einigkeit demonstrierten McCain und Obama auch in anderen Fragen: Der Iran dürfe unter keinen Umständen in den Besitz nuklearer Waffen gelangen. John McCain: "Wir dürfen keinen zweiten Holocaust erlauben." Und Georgien und der Ukraine müsse die Möglichkeit einer Nato-Mitgliedschaft eröffnet werden. McCain erklärte, er habe in die Augen des russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin geblickt und dort drei Buchstaben gesehen: KGB. Kein Widerspruch dazu von Barack Obama.
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