TV-Bilanz der Frauenfußball-WM: Ein Märchen im Sommer
Die Frauen-WM war ein Quotenknaller – sogar nachdem die Deutschen rausgeflogen waren. Mit den Quoten einer Männer-WM lassen sich die Zahlen dennoch nicht vergleichen.
BERLIN taz | Für ARD und ZDF war diese Weltmeisterschaft ein Hit. Sogar das Spiel um Platz drei schauten 4,8 Millionen Zuschauer an. Das garantierte der ARD am Samstagnachmittag immerhin 33,6 Prozent Marktanteil. Fakt ist: Die Frauen-WM hat neue Maßstäbe gesetzt. Der bestehende Allzeit-Quotenrekord von 2003, Deutschlands Sieg über Schweden mit 10,36 Millionen Zuschauern und einem Marktanteil von 33,5 Prozent, wurde gleich mehrmals geknackt.
Die vier Spiele mit deutscher Beteiligung brachten für ARD und ZDF jeweils einen Marktanteil von über 50 Prozent. Beim Viertelfinal-Aus gegen die Japanerinnen litten über 17 Millionen Deutsche vor dem Fernseher mit, die Erfolge in der Gruppenphase zogen jeweils über 15 Millionen Deutsche in den Bann.
Auch Spiele ohne deutsche Beteiligung wurden überdurchschnittlich gut angenommen: Das Halbfinale Japan gegen Schweden erreichte mit 8,45 Millionen Zuschauern einen Marktanteil von 28,6 Prozent. Selbst eine Begegnung am Nachmittag zwischen Japan und Nordkorea verfolgten noch 2,48 Millionen. „Dass auch die Spiele ohne die deutsche Elf eine solche Akzeptanz erfahren, kam unerwartet und ist deshalb umso erfreulicher“, resümiert Axel Balkausky, Sportkoordinator der ARD.
Die Entscheidung, sämtliche WM-Partien in ARD und ZDF live zu zeigen, war ein absolutes Novum. Bisher wurde das mediale Produkt Frauenfußball nur als punktuelles Highlight von den Sendern eingesetzt – so wie die erste Primetime-Übertragung Deutschland – China 1995 in den USA, die 5 Millionen Zuschauer vor den Bildschirm zog.
Die Entscheidung, die Frauen-WM umfassend mit höchsten Standards im Programm zu platzieren, hat sich gerechnet. Ob sich die mediale Euphorie auch über die WM hinaus hält, bleibt abzuwarten. Das schätzt auch Balkausky realistisch ein: „Bei dem ganzen Jubel muss man beachten, dass sowohl die Ausrichtung im eigenen Land als auch die Austragung während der Sommerpause der Männer diesen Erfolg befördert haben.“ Ob in Zukunft einzelne Länderspiele zur Primetime über die öffentlich-rechtlichen Sender gehen, hänge von der Entwicklung der Nationalmannschaft und des Frauenfußballs insgesamt ab.
Wie viel Luft Fußball-Fernsehquoten nach oben noch haben, zeigt ein Blick auf die WM-Übertragungen der Männer: 31,1 Millionen schauten sich das Halbfinale der Deutschen gegen Spanien im letzten Jahr an. JUP & LWE
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“