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THEATER

TheaterESTHER SLEVOGTbetrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

So ganz scheint sich die Theaterlandschaft noch nicht vom Aufmerksamkeitsdefizitschock erholt zu haben, den die Berlinale ausgelöst hat. Obwohl die nun eigentlich vorüber ist! Kaum Premieren, dafür aber jede Menge erstklassiges Repertoire, darunter Richard III. mit Lars Eidinger in der Titelrolle in der Schaubühne (26., 27. & 29. 2.) oder Falk Richters Pegida-Abrechnung und Plädoyer für eine offene Gesellschaft „Fear“ (26.-28. 2., auch Schaubühne). Und im Berliner Ensemble gibt es noch einmal Sebastian Sommers poetische wie scharfsinnige Inszenierung „Hans im Glück“ zu sehen (28. 2.).

Und dann doch eine Premiere: Im Theaterdiscounter schickt das Musiktheater-Kollektiv Glanz & Krawall rund um die Regisseurin Mariella Sterra die berühmte Bizet-Oper „Carmen“ discounter-stilecht durch die Niederungen des berühmtesten aller Discounter: Aldi nämlich, wo es Zeitungsberichten zufolge (die Glanz & Krawall als Inspirationsquelle dienten) im letzten Herbst mehrfach zu Kämpfen um Billigangebote kam. Zwei Frauen, so verspricht es die Ankündigung, treffen also bei Aldi aufeinander, in einem abgeschlossenen Raum, der von der Musik aus der Oper beherrscht wird. Mit den beiden Protagonistinnen will „Glanz & Krawall“ zwei weibliche Lebensprinzipien in Reinform einander gegenüberstellen: Die eine ganz Arbeit, die andere ganz Lust. Carmen as Carmen can sozusagen. Im Original leider mit tödlichem Ausgang. Wie das Ganze jetzt in der Neudeutung der berühmten Geschichte ausgeht, muss dann ein Besuch der Vorstellung zeigen (Theaterdiscounter: „Carmen“, ab 25. 2., 20 Uhr).

Im Ballhaus Naunynstraße wird weiter an der Utopie einer Toleranz durchdrungenen und diversen Gesellschaft gearbeitet. „We are the Universe“ heißt ein kollektiv entwickelter Theaterabend, an dem so versierte Nachwuchskräfte wie die Dramatikerin Olivia Wenzel, der Schauspielerinnen Rahel Jankowski und Banafshe Hourmazdi sowie der Dramatiker Hieu Hoang mitgearbeitet haben. Und zwar wollen sie nichts weniger, als das Universum selbst befragen: „In welchen Räumen wollen wir zukünftig leben, wie können wir diese Räume gestalten? Welche alternativen ökonomischen Systeme können wir mit Black Science Fiction und Black Quantum Futurism erdenken? Welche Ideologien? Wie können wir Technologien nutzen, anstatt von ihnen kontrolliert zu werden? Wie kann die Narration vom ‚Anderen‘dekonstruiert werden, wie der Geist der Kolonialisierung? Wie emanzipieren wir uns von der Gegenwart?“ (Ballhaus Naunynstraße: „We are the Univese“, 2–5. 3., ­jeweils 20 Uhr).

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