TEMPORÄRES BERLIN II: Baldige Räumung
Das Yaam muss in zwei Monaten seinen Platz an der Spree räumen. Chance für einen Neubeginn?
Das Yaam steht vor dem Aus. Wohl umsonst war die Aktion von 120 Demonstranten, die vor dem Rathaus Kreuzberg in der Yorckstraße zu Reggaemusik tanzten und bunte Banner mit der Aufschrift „Multikulti must stay“ schwangen. Zur gleichen Zeit gaben die Chefs des Yaam im zweiten Stock bekannt, dass sie den Club innerhalb von 60 Tagen räumen müssen. Der Eigentümer des Grundstücks an der Spree, die spanische Immobilienfirma Urnova, habe dem Yaam am Mittwoch gekündigt, so Ulrich Lerch und Ortwin Rau.
Ursprünglich hatte das Yaam mit Urnova vereinbart, dass der Club erst geht, sobald sich ein Käufer für das 26 Millionen schwere Gelände findet. Bis jetzt gibt es aber noch keine Interessenten. Deshalb fordert Lerch, Urnova solle seine Entscheidung überdenken: „Unser Grundstück als kaputte Brache zu sehen wäre schlimm.“ Doch selbst wenn Urnova den Mietvertrag verlängern würde, müsste das Yaam auf lange Sicht einen Standort finden, an dem die Zeit des Provisoriums vorbei ist.
Das Yaam weiß, was Nomadendasein bedeutet. Vor 18 Jahren wurde der Club gegründet, in der Vergangenheit hieß es sechsmal umziehen. Einen weiteren Umzug aber kann sich das Yaam nicht mehr leisten. Mit den Einnahmen aus dem Reggae-Club finanziert das Projekt Deutsch-, Sport- und Integrationskurse für die BesucherInnen. Deshalb fordern Lerch und Rau die Unterstützung des Senats. Der wiederum könne Druck machen, ein landeseigenes Gelände an der Spree zu finden. „Nur dann hätte das Yaam eine dauerhafte Bleibe“, meint der grüne Bezirksbürgermeister Franz Schulz. Er solidarisiert sich mit den Yaam-Leuten.
Gut möglich aber, dass sich die Nomaden an neuer Stelle nochmals gänzlich neu erfinden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt