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TARIFVERHANDLUNGEN: ES IST ZEIT FÜR DIE SOLIDARITÄT DER ARBEITGEBERStille Schwester Steuerlast

Die IG Metall verlangt 6,5 Prozent mehr Lohn. Darf die das überhaupt?, lautet jetzt die Frage, die alle bewegt. Die Mehrheitsmeinung scheint zu sein: nein! Dass die Arbeitgeber unbescheidene Lohnerhöhungen ablehnen, ist zu erwarten. Aber auch die SPD an der Regierung rät zur Mäßigung. Und selbst vielen Arbeitnehmern wird schummrig bei dem Gedanken, dass die 6,5 Prozent wahr werden könnten.

Die ewige Litanei der Unternehmer hat gewirkt; inzwischen glauben fast alle, dass hohe Löhne zu hoher Arbeitslosigkeit führen. Und ebenso überzeugt ist man vom Umkehrschluss: dass Lohnzurückhaltung Arbeit schafft. Zwar konnte das in Deutschland bislang nicht beobachtet werden – aber dass ein Beweis dafür fehlt, hat den festen Glauben nicht erschüttert, dass Lohnverzicht ein Akt der Solidarität mit den Arbeitslosen ist. Entsprechend verbreitet ist der Vorwurf, dass die Gewerkschaften sich nur als Interessenvertreter der Beschäftigten sehen und die Belange der Erwerbslosen ignorieren.

Wie sinnvoll Lohnverzicht ist, um Arbeit zu schaffen – darüber wird seit mehr als zwanzig Jahren gestritten, seit es Massenarbeitslosigkeit gibt. Und es besteht keine Aussicht, dass dieser Streit entschieden wird. So ist das bei Glaubensfragen.

Eines allerdings lässt sich absehen: So lange die Arbeitnehmer so gebannt auf ihre Löhne schielen, so lange dürfte ihnen entgehen, dass sie längst zur Solidarität mit den Arbeitslosen gezwungen worden sind – weil sie die Erwerbslosen überwiegend finanzieren.

Zwar zahlen die Arbeitgeber die Hälfte der Arbeitslosenversicherung – aber deren Kasse wäre leer, würde sie nicht durch Bundesmittel aufgefüllt. Hinzu kommt die Sozialhilfe, die viele Langzeitarbeitslose erhalten und auch jene, die nie eine Stelle fanden. Alles steuerfinanziert – von den Arbeitnehmern. Viele Unternehmen und Unternehmer zahlen hingegen keine Steuern mehr. Deswegen sind Mahnungen zur Solidarität in Tarifverhandlungszeiten immer gut – aber sie sollten sich an die Arbeitgeber richten. ULRIKE HERRMANN

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