Syrienpolitik der USA: Senator McCain fordert Handeln
Obama gerät im Syrienkonflikt immer mehr unter Druck. Wenn er angesichts des mutmaßlichen Giftgaseinsatzes nicht handele, schade er der Glaubwürdigkeit der USA.
WASHINGTON/NEW YORK dpa | Der einflussreiche US-Senator John McCain hat Präsident Barack Obama zur militärischen Intervention in Syrien aufgerufen. Nach dem mutmaßlichen Giftgaseinsatz in Syrien dürfe Washington nicht länger zögern.
Die USA seien in der Lage, durch Raketen die im Bürgerkrieg eingesetzten Flugzeuge der syrischen Streitkräfte zu zerstören, sagte der frühere republikanische Präsidentschaftsbewerber in einem Interview des TV-Senders CNN am Donnerstag. Ein Militäreinsatz wäre daher mit „geringen Kosten“ verbunden, US-Soldaten würden nicht gefährdet.
Dagegen beurteilt die US-Regierung die Lage deutlich zurückhaltender. Zwar meinte das State Department, ein Einsatz von Chemiewaffen wäre eine „empörende und abscheuliche Eskalation“ im syrischen Bürgerkrieg. Doch die Sprecherin des Außenministeriums, Jen Psaki, legte sich nicht fest, ob die Massenvernichtungswaffe tatsächlich eingesetzt wurde. Sie bekräftigte die US-Forderung nach einer internationalen Überprüfung.
US-Präsident Barack Obama forderte die syrische Regierung auf, eine vollständige Aufklärung der jüngsten Giftgas-Vorwürfe zuzulassen. Die internationale Gemeinschaft müsse herausfinden, ob chemische Waffen in Syrien eingesetzt worden seien, sagte Obama am Freitag dem US-Fernsehsender CNN. Sollte dies in großem Stil geschehen sein, wäre es besorgniserregend.
Auf die Frage, ob Assad eine rote Linie überschritten habe, antwortete Obama mit den Worten, die USA müssten sich die jüngsten Ereignisse in Syrien genau anschauen. Sie müssten bei der Frage, wie mit Syrien und Ägypten umgegangen werde, auch die Kosten im Blick haben.
Allerdings warnte Obama vor schnellen Forderungen nach einer militärischen Intervention. Es gebe rechtliche Fragen sowie die Frage einer internationalen Unterstützung. Bei einem Einsatz ohne UN-Mandat müsse man auch die Frage stellen: „Haben wir eine Koalition, die es machbar machen würde?“ Mit Blick auf die Entwicklung in Syrien und Ägypten betonte Obama, das die Zeit auslaufe.
Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verlangte eine sofortige Untersuchung. „Die Vorfälle müssen ohne Verzögerung untersucht werden“, sagte ein Sprecher Bans am Donnerstag in New York. Eine entsprechende Anfrage der Vereinten Nationen sei bereits nach Damaskus geschickt worden.
In der Nähe der syrischen Hauptstadt Damaskus sollen nach Rebellenangaben am Mittwoch Hunderte Menschen mit Giftgas der Regierungstruppen getötet worden sein.
„Wollen wir das einfach weitergehen lassen?“ fragt McCain
Mehrere Staaten verlangten ein hartes Vorgehen. Sollten die Angriffe bewiesen werden, sei mehr als eine internationale Verurteilung notwendig, sagte etwa Frankreichs Außenminister Laurent Fabius dem Sender BFM TV. Dann müsse es eine „Reaktion der Stärke“ geben.
Die Regierung in Damaskus streitet den Einsatz von Giftgas ab. Bislang ist unklar, ob Damaskus eine Überprüfung der Vorwürfe durch die Chemiewaffen-Experten zulassen wird.
Dagegen meinte McCain, er sei überzeugt, dass Berichte der syrischen Opposition zuträfen und das Assad-Regime Giftgas eingesetzt habe. McCain stellte die Frage, wann die USA dem syrischen Volk endlich zu Hilfe kommen wollten. „Man kann sich diese Bilder nicht anschauen, ohne tief bewegt zu sein. Wollen wir das einfach weitergehen lassen?“
Der Senator fügte hinzu: „Wir können die Start- und Landebahnen zerstören und 40 oder 50 Flugzeuge zerstören“, die die syrische Luftwaffe einsetze. Die Rebellen könnten mit Raketen versorgt werden, damit sie eine Flugverbotszone einrichten. Dies würde keinen einzigen US-Soldaten in Gefahr bringen, sagte McCain.
Obama habe in der Vergangenheit gesagt, ein Giftgaseinsatz sei eine „rote Linie“. Wenn Obama jetzt nicht handele, könne das Wort des US-Präsidenten in der gesamten Region nicht mehr ernst genommen werden, warnte McCain.
Revolutionsaktivisten veröffentlichten am Donnerstag weitere Videoaufnahmen, auf denen tote Kinder zu sehen sind, die keine Spuren äußerlicher Verletzungen tragen. Die Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter meldete, sie habe bislang 170 Todesopfer mit Namen identifizieren können.
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