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Syrien-Treffen in WienLuftbrücke soll ausgebaut werden

Spitzendiplomaten haben in Wien über das weitere Vorgehen im Kriegsland Syrien beraten. Große Fortschritte blieben aber aus.

Die Regierungstruppen sind für einen Großteil der Belagerungen in Syrien verantwortlich Foto: dpa/Sana

GENF taz | Eine Konferenz zur Rettung des brüchigen Waffenstillstandes in Syrien ist am Dienstag in Wien ohne greifbare Ergebnisse beendet worden. Die Beratungen der Internationalen Syrien-Unterstützungsgruppe (ISSG) erbrachten lediglich die Absichtserklärung, künftig mehr notleidende Menschen in Syrien als bislang aus der Luft zu versorgen, sollten die Landwege für Konvoys mit humanitären Gütern weiterhin blockiert bleiben.

In der zentralen Streitfrage der künftigen Rolle von Präsident Baschar al-Assad und anderen politischen Kontroversen, die einer Wideraufnahme der Genfer Gespräche zwischen der syrischen Regierung und der Opposition entgegenstehen, gab es in Wien keinerlei Annäherung.

Zur ISSG gehören unter gemeinsamen Vorsitz der USA und Rußlands die in den Syrienkrieg involvierten Regionalmächte Saudi-Arabien, Iran, Türkei, Katar, Irak und Jordanien, die UNO, die Arabische Liga und die EU sowie deren drei führende Mitglieder Frankreich, Großbritannien und Deutschland.

Wenn bis zum 1. Juni die Belagerung von 18 syrischen Städten und Dörfern mit insgesamt rund 500.000 Einwohnerinnen nicht aufgehoben und auch der Zugang humanitärer Konvoys zu Regionen mit weiteren rund 4,5 Millionen Menschen weiterhin behindert wird, soll das Welternährungsprogramm (WEP) der UNO über diesen Städten und Regionen Hilfsgüter aus der Luft abwerfen, heißt es in der Abschlußerklärung des Treffens.

UNO braucht kein Mandat von der ISSG

Die ISSG habe „der UNO ein Mandat erteilt, nach Wegen für eine Versorgung der Menschen mit Nahrungsmitteln und Medikamenten aus der Luft zu suchen“, erklärte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier.

Ein derartiges „Madat“ benötigt die UNO allerdings nicht. Bereits seit März hat das WEP auf Grund eigener Entscheidung Hilfsgüter über der ostsyrischen Stadt Deir ez-Zor abgeworfen, weil diese mit rund 400.000 Einwohnern seit über zwei Jahren auf dem Landweg nicht mehr erreichbar ist. Deir ez-Zor wird zum Teil von den syrischen Regierungstruppen und zum Teil vom sogenannten „Islamischen Staat“ kontrolliert.

Die Abschlußerklärung appelliert namentlich an die syrische Regierung, die Belagerungen und Zugangsbehinderungen zu beenden. Syrische Regierungstruppen belagern nach Feststellung der UNO 15 der ingesmat 18 belagerten Städte und Dörfer und sind auch für den Großteil der Zugangsbehinderungen zu anderen Regionen verantwortlich.

In der Abschlußerklärung kündigen die Mitglieder der ISSG ihre „Unterstützung“ an für den ab 1. Juni eventuell verstärkten Abwurf von Hilfsgütern aus der Luft und appellieren an die syrischen Konfliktparteien, dafür „ein sicheres Umfeld zu gewährleisten“.

Wie diese Untersützung konkret aussehen soll und wie Flugzeuge mit Hilfsgütern notfalls gegen den Beschuß durch Boden-Luftraketen geschützt werden können, blieb zunächst ungeklärt.

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3 Kommentare

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  • So muss man es wohl sehen.

    Bleibt zu ergänzen, daß die europäischen Staaten selbst bei unterstellter völliger Skrupellosigkeit kein Interesse daran haben können, daß eine IS- oder al-Kaida-Filliale direkt vor ihrer Haustür aufmacht. Und das mit Zugriff auf ein enormes Waffendepot, reichen Gas- und Ölfeldern und nicht zuletzt einem Zugang zum Mittelmeer. http://derstandard.at/2000037064608/Al-Kaida-will-Emirat-in-Nordsyrien-gruenden

    • @jhwh:

      ... das sollte eine Antwort auf den konstruktiven Kommentar von Herrn Pohlmann sein.

  • Die Genfer Verhandlungen offenbaren die Skrupellosigkeit der meisten Verhandlungspartner: Ginge es tatsächlich darum, das Leid der syrischen Bevölkerung zu lindern, allerbestenfalls gar zu beenden - dann dürfte "die künftige Rolle von Präsident Bashar Al-Assad" nicht eine derart zentrale Rolle spielen, wie sie es jetzt tut und jeden Fortschritt verhindert. Wollte man tatsächlich den Syrern (der Zivilbevölkerung) helfen, müßte man auch für pragmatische Lösungen offen sein, die es Assad gestatteten, das Gesicht zu wahren und "in Raten" abzutreten. Ja, ich vermute sogar, daß dies ein Schlüssel zum Erfolg wäre: ihm unter Nichtantastung seiner derzeitigen Funktion humanitäre Zugeständnisse abzunötigen, deren dauernde Gewährung ihn auf längere Sicht die Macht kosten würde (Modell der SPD-Ostpolitik). Dieses grundsätzliche Beharren auf seinem Sturz ist somit selbst aus Sicht der Assad-Gegner ziemlich dumm und wird zu endloser Verlängerung des Krieges, zu noch mehr Menschenopfern und zu noch mehr Zerstörung eines einstmals wirtschaftlich blühenden Landes beitragen. - Es sei denn, andauernder Krieg, andauernde Rüstungsprofite und andauernde Instabilität in der Region wären beabsichtigt - das wäre dann aus Sicht einiger Verhandlungspartner (USA, GCC) zumindest kurzfristig betrachtet nicht "dumm". Auf lange Sicht gesehen schon, denn solch skrupellose Machtpolitik hat meistens das Ende solcher Imperien beschleunigt, wie derzeit die USA eines darstellen.