piwik no script img

Syrien-KonfliktRussland bewegt sich ein wenig

Über 1.000 Familien sind in der syrischen Stadt Homs eingeschlossen. Das Assad-Regime will nun angeblich evakuieren, Aktivisten berichten von neuen Massakern.

Während UN-Beobachter im Hotel sind, verschärft sich der Konflikt wieder. Bild: dpa

DAMASKUS/BEIRUT/LOS CABOS afp/dapd/dpa | Die syrische Regierung ist nach eigenen Angaben bereit, eingeschlossene Zivilisten aus der Oppositionshochburg Homs in Sicherheit zu bringen. Die Regierung wolle „von bewaffneten terroristischen Gruppen belagerte Bürger“ aus der Stadt holen, teilte das Außenministerium in Damaskus am Dienstag in einer von der amtlichen Nachrichtenagentur Sana verbreiteten Erklärung mit.

Zu diesem Ziel habe es bereits Kontakte zwischen der UN-Beobachtermission in Syrien sowie den örtlichen Behörden in Homs gegeben, die jedoch bislang ohne Ergebnis geblieben seien.

Das Ministerium erklärte, die syrischen Stellen setzten seit einer Woche alles daran, „unschuldige Bürger“ aus Homs an sicherere Orte zu bringen. Der oppositionelle Nationale Sicherheitsrat in Syrien hatte am Wochenende erklärt, Homs werde von etwa 30.000 Soldaten und Mitgliedern von mit der Armee verbündeten Milizen belagert.

UN-Missionschef Robert Mood hatte am Sonntag gefordert, dass die Konfliktparteien eine Evakuierung von Frauen, Kindern und Kranken aus den umkämpften Gebieten ermöglichen. Dies sei in der vorangegangenen Woche nicht gelungen. In Homs sind nach Angaben von Aktivisten rund 1.000 Familien eingeschlossen.

Auch die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte nennt diese Zahlen und erklärte, zahlreiche Verwundete könnten nicht behandelt werden. Die UN-Beobachter in Syrien stellten am Samstag angesichts der zunehmenden Gefechte und einer gestiegenen Bedrohungslage ihre Arbeit in verschiedenen Städten ein. Sie kündigten jedoch an, in Damaskus bleiben zu wollen.

Ohne die Präsenz der UN-Militärbeobachter hat sich der blutige Konflikt Aktivisten zufolge noch einmal verschärft. Bürger, die sich als Augenzeugen ausgaben, berichteten am Dienstag in Damaskus, dass am Vortag 83 Menschen von den Truppen des Regimes getötet worden seien. Unter den Toten seien elf Kinder. Die meisten Opfer habe es in Duma im Umland von Damaskus gegeben, hieß es.

Russland bewegt sich minimal

Ein Regimegegner in der syrischen Hauptstadt sagte, viele Verletzte und Leichen hätten noch nicht geborgen werden können. „Wegen der andauernden Bombardierung ist es bisher niemandem gelungen, mögliche Überlebende zu bergen, die noch unter den Trümmern liegen.“ Im Bezirk Deir Baalba in Homs fanden Gegner des Regimes von Präsident Baschar al-Assad sechs Leichen von Unbekannten. Neue Gefechte wurden aus der Stadt Deir as-Saur gemeldet.

Auf dem G-20-Gipfel in Mexiko näherten sich unterdessen die USA und Russland in der Syrien-Frage an und plädierten beide demonstrativ für einen politischen Prozess zur Beilegung des Konflikts. US-Präsident Barack Obama erklärte nach einem Treffen mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin, er stimme mit diesem im Hinblick auf Syrien darin überein, dass „wir ein Ende der Gewalt brauchen und einen politischen Prozess, um einen Bürgerkrieg zu verhindern“. „Wir werden mit anderen internationalen Akteuren, den Vereinten Nationen, dem UN-Sondergesandten Kofi Annan und allen interessierten Parteien auf eine Lösung des Problems hinarbeiten.“

Putin erklärte, er und Obama seien sich bei vielen Fragen bezüglich Syrien einig. „Wir teilen die Überzeugung, dass das syrische Volk die Möglichkeit haben sollte, unabhängig und demokratisch über die eigene Zukunft zu entscheiden“, hieß es in einer gemeinsamen Stellungnahme. Zuletzt hatten die USA Russland immer wieder vorgeworfen, die Regierung in Damaskus zu stützen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • G
    GWalter

    Nicht Russland hat diesen Konflikt angefangen, sondern dies ist eine Aktion der USA....mit gekauften Soeldnern !!

     

    Es ist an der Zeit auch hier in Deutschland die Frage zu stellen щи wir nicht schnellstens die NATO verlassen muessen.

     

    Die NATO hat sich doch als reines Instrument der US-Machtpolitik herausgestellt.

     

    JEFER DER HIER MIT MACHT MUSS SICH EINMAL VERANTWORTEN

  • A
    Ant-iPod

    Nun, ich kann auch keine wirkliche Bewegung bei den Russen feststellen - bedauerlich wie es ist.

    Man kann den Russen aber nicht verbieten, ihre strategischen Interessen in der arabischen Welt zu verspielen.

    Auch sollte man die Russen und Chinesen nicht dafür gängeln, dass sie sich widerwärtigen Despoten anbiedern - denn dies tun Andere genauso; gerade erst kommt Rösler aus Saudi-Arabien wieder.

     

    Außerdem ist Syrien gerade ein guter Absatzmarkt für russisches Kriegsgerät - zwar ein Treppenwitz gemessen am gesamten russischen Rüstungsexport, aber immerhin.

    Wer Panzer an SA liefern (lassen) will, sollte sich ggf. nicht moralisch erheben, nur weil Assad nicht mal eben den Staatsetat um 25% anheben kann, wie zwecks Gehaltserhöhung (--> Stillhalteprämie) in SA geschehen.

     

    Um die Bevölkerung geht es uns gar nicht - so viel ist offensichtlich.

    Anscheinend versteht man hier auch nicht, dass nicht nur die Russen ihre strategischen Interessen verspielen, sondern auch wir uns wenig Freunde machen. Glaubwürdige Politik sieht definitiv anders aus, als das was wir da fabrizieren.

     

    Es ist einfach nur zum k...

  • JO
    Jürgen Orlok

    Ein klitzekleines Detail ...

    es ist halt schwierig Lügengeschichten im realen Kontext aufrecht zu erhalten.

    "dass die Konfliktparteien eine Evakuierung von Frauen, Kindern und Kranken aus den umkämpften Gebieten ermöglichen".

    Das heißt nichts anderes als daß sich die Terroristen ihr Kampfgebiet vorwiegend in Wohngebieten suchen.

    Wer von den Lesern hätte gern solche Nachbarn ?

  • K
    Kaboum

    Kann Toddi nur zustimmen, die russische Aussenpolitik hält nach wie vor ihren Kurs. Eher muss diese unsägliche "demokratische Allianz" aus dem Westen, und ihre noch demokratischere Speichelleckerfraktion aus Katar und Saudi-Arabien von ihrer kriegsgeilen Linie abrücken. Es ist schade, dass nach wie vor diese Kriegs-PR auch in der Taz Eingang gefunden hat. Vor wem hat die Taz denn Angst, dass sie nicht ganz kurz die geostrategischen Interessen Russlands und der demokratischen Allianz näher erwähnt? Pipelines, Gasvorkommen in Syrien? Natürlich will sich Russland diese Ressourcen nicht entgehen lassen, schliesslich leben seit Jahren tausende russische Ingenieure in Syrien, warum wohl? Aber die EU, die USA und *trommelwirbel* Saudi-Arabien setzen sich NUR für die Menschenrechte ein...was denn sonst?

  • T
    toddi

    RU hat seine Position vom ersten Tage an keinen Millimeter verändert - erst durch sie und die Chinesen sind Alternativen zur Gewalt möglich geworden zB. der Annanplan (wenn auch, Dank vor allem der heuchlerischen USA mit nur geringen Erfolgsaussichten).

    Im Grunde gibt es nichts was es zu melden gibt, trotz massivem Druck auf die Russen (zb. eigenwillige Interpretation von laufenden Hubschrauberwartungsvertägen, Kriegsschiffe auf dem Weg nach Syrien usw.) haben die Russen eine unveränderte Position- und auch nichts neues, den Amis bleibt nichts weiter übrig als taktisch die Friedensengel zu mimen (der Mann ist ja schließlich "Friedensnobelpreisträger") und hintenherum Angriffspläne gegen die syrische Luftverteidigung/LW zu erstellen (und parallel die Situation in Syrien so zu eskalieren, (siehe möglicher Chemiewaffeneinsatz der Islamisten) um diese dann auch Realität werden zu lassen wie in Vietnam, Grenada, Afghanistan, Irak, Serbien, Libyen (Liste unvollständig) ach ja übrigens will die syrische Regierung sogar 7000 Familien evakuieren - stellt sich die Frage benötigen die "Revolutionäre" die übrigen 6000 Familien als menschliche Schutzschilde oder haben die das Risiko verdient "Kollateralschaden" zu werden verdient wohl möglich weil sie anderer Meinung sind als die Islamistischen Heilsbringer ...

  • BG
    Bernd Goldammer

    Der Artikel bringt nur die typische Rebellensicht zum Ausdruck. Die aber kämpfen für ausländisches Geld gegen das eigene Volk und sie schrecken auch vor Mord an den eigenen Leuten nicht zurück. Wie ist denn die Lage wirklich? Wenn gekaufte Nachrichtenagenturen auch noch voneinander abschreiben, kann sich niemand mehr auf die Zeitungsdarstellungen verlassen. Krieg wird mit Nachrichten vorbereitet hat ein US- General gesagt. Scheinbar sitzen die "Hunde des Krieges" schon in den Startlöchern.