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Syrien-Gespräche in GenfDas Assad-Regime blockiert

Die Regierung stellt die Themen und den Zeitplan der Verhandlungen infrage. Russland will eine Reaktion auf die Verstöße gegen die Waffenruhe.

Das Verhandlungskomitee der syrischen Opposition entwirft Zukunftsszenarien, während Damaskus sich querstellt Foto: reuters

GENF taz | In Syrien droht das Ende der brüchigen Waffenruhe und ein Wiederaufflammen des Krieges. Denn bei den von der UNO vermittelten indirekten Genfer Gesprächen zwischen syrischer Regierung und Opposition, die am Donnerstag für eine Pause unterbrochen werden, gibt es bislang keine Fortschritte. Auch die mit Beginn der Waffenruhe möglich gewordene humanitäre Versorgung der notleidenden Bevölkerung ist wieder ins Stocken gekommen.

Hauptverantwortlich für die Blockaden der Genfer Gespräche und der Hilfslieferungen ist die Regierung von Präsident Baschar al-Assad. Ihre Genfer Verhandlungsdelegation unter Vorsitz von UNO-Botschafter Baschar al-Dschaafari verweigert seit Beginn dieser Gesprächsrunde am 14. März jegliche Diskussion über die Bildung einer Übergangsregierung in Damaskus bis Mitte 2016, die Erarbeitung einer neuen Verfassung durch diese Regierung sowie von der UNO überwachte Parlaments- und Präsidentschaftswahlen spätestens Mitte 2017.

Damit stellt die Regierung die Themen und den Zeitplan für die Gespräche in Frage. Sie sind durch eine einstimmig verabschiedete Resolution des UNO-Sicherheitsrates vom Dezember 2015 vorgegeben. In ihren mündlichen und schriftlichen Äußerungen gegenüber UNO-Vermittler Staffan di Mistura beschränkte sich die syrische Regierungsdelegation auf prozedurale Fragen und die Forderung, in Syrien müsse „in erster Linie der Terrorismus bekämpft werden“. Zudem benutzt die Regierungsdelegation den Begriff „Übergangsregierung“ nicht, sondern spricht von einem „politischen Übergangsprozess“.

Die Oppositionsdelegation hingegen legte dem UNO-Vermittler ein umfangreiches Acht-Punkte-Papier mit detaillierten Vorschlägen zur Bildung, den Zuständigkeiten und der Funktionsweise einer künftigen Übergangsregierung vor. Darin insistiert die Opposition darauf, dass Assad der Übergangsregierung „nicht angehören darf und spätestens mit ihrem Amtsantritt zurücktreten muss“. Syriens UNO-Botschafter al-Dschaafari wies diese Forderung zurück mit den Worten: „Assad hat mit den Genfer Gesprächen nichts zu tun. Der politische Übergang in Syrien und Assad sind zwei getrennte Themen.“

UNO-Vermittler de Mistura machte bei einer Pressekonferenz am Montagabend kaum einen Hehl aus seiner Frustration über die Blockade der Gespräche durch Damaskus. Um herauszufinden, „ob es eine gemeinsame Basis für Richtlinien für weitere Gespräche gibt“, übermittelte er beiden Delegationen eine Liste mit 29 Fragen zur Beantwortung bis zum morgigen Donnerstag. Vage Hoffnung setzte der UNO-Vermittler auf das heutige Gespräch der Außenminister der USA und Russlands, John Kerry und Sergei Lawrow in Moskau. Russland strebt dabei die Vereinbarung von Einsatzregeln für gemeinsame russisch-amerikanische Reaktionen auf Verstöße gegen die Waffenruhe an. Andernfalls hat Russland bereits angekündigt, „unilateral“ auf Verstöße zu reagieren.

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1 Kommentar

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  • Assad ist ein Diktator und will - wie alle Diktatoren - seine Macht nicht abgeben. Die übrigen Verhandlungspartner verfolgen regional- und geopolitische Interessen und sind hinsichtlich der Menschenrechte jener, die unter dem Krieg leiden, keinen Deut besser. So wird sich also bestenfalls eine "Kompromißlösung" ergeben, die möglichst vielen Akteuren Vorteile und den eigentlich Betrofffenen Erleichterung verschafft. Ich bin sehr skeptisch, ob selbst solch ein Minimalkompromiß eintreten wird. Zu sehr sind die einzelnen Interessen von Machtpolitik bestimmt. Beispiel: Die Tendenz des kurdischen Rojava ist ein Menetekal für das klerikalfaschistische Saudi-Arabien und Erdogans Türkei, die sich auf dem Weg in ein solches Regime befindet. Deshalb ist Rojava ausgeschlossen und wird, obgleich konsequentester Kämpfer gegen den IS, auch künftig kaum als Verhandlungspartner akzeptiert werden. Stattdessen hält der Westen an seiner "Freundschaft" mit Saudi-Arabien fest: Am 4. März zeichnete Frankreichs Präsident Hollande Prinz Mohammed bin Nayef, den saudischen Innenminister, mit dem Kreuz der Ehrenlegion aus. Ihn, auf dessen Konto 154 Hingerichtete im letzten, bereits 70 in diesem Jahr gehen. Zuzüglich Folterungen, erpreßten Geständnissen, insgesamt unerträglich repressiven Verhältnissen.

    Warum lese ich davon nichts in meiner TAZ?