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Syrien-Geberkonferenz in BrüsselWeniger Geldzusagen als erwartet

Die UN sind unzufrieden mit dem Ergebnis der Syrien-Konferenz. Kein anderes Land wollte annähernd so viel Geld zusagen wie Deutschland.

Nothilfekoordinator Mark Lowcock (hier neben Federica Mogherini) erklärt das schwache Ergebnis damit, dass auch die USA noch keine festen Zusagen gemacht hätten Foto: reuters

Brüssel dpa | Der deutsche UN-Diplomat Achim Steiner hat das Ergebnis der Brüsseler Geberkonferenz für die Leidtragenden des Syrienkrieges als nur bedingt zufriedenstellend bezeichnet. Gerade in den Nachbarländern, die viele Bürgerkriegsflüchtlinge aufgenommen hätten, steige der Bedarf an Hilfe, sagte der Leiter des Entwicklungsprogrammes der Vereinten Nationen der Deutschen Presse-Agentur zu den gesunkenen Hilfszusagen. Staaten wie die Türkei, der Libanon oder Jordanien müssten letztlich eine viel höhere Bürde tragen, als der Rest der internationalen Gemeinschaft.

Die volkswirtschaftlichen Kosten der Aufnahme von Flüchtlingen seien dort um ein Vielfaches höher als das, was an Unterstützung aus dem Ausland komme, sagte Steiner. Dies drohe die Länder in ihrer Entwicklung um Jahre zurückzuwerfen.

Bei der Syrien-Konferenz in Brüssel war am Mittwoch deutlich weniger Geld zusammengekommen als erwartet. Die Teilnehmer des Treffens sagten für 2018 nach UN-Rechnung lediglich 3,5 Milliarden Euro (4,4 Mrd. US-Dollar) für die notleidende Zivilbevölkerung fest zu. Gehofft hatten die Organisatoren auf mindestens 4,9 Milliarden Euro.

Rund ein Viertel der Summe von rund 3,5 Milliarden Euro versprach die Bundesregierung. Nach Angaben von Bundesaußenminister Heiko Maas wird Deutschland 2018 mindestens eine Milliarde Euro an Hilfsgeldern zur Verfügung stellen. Laut Rechnung der EU und der UN belaufen sich die bislang gemachten festen Zusagen allerdings nur auf einen Betrag von rund 830 Millionen Euro.

EU-Hilfen an Türkei noch nicht eingerechnet

Deutschland war aber auch damit der mit Abstand größte Geber bei der Konferenz. Auf Platz zwei folgte die EU-Kommission, die aus dem europäischen Gemeinschaftshaushalt 560 Millionen Euro fest zusagen konnte. Platz drei belegte Großbritannien, das umgerechnet rund 514 Millionen Euro versprach.

UN-Nothilfekoordinator Mark Lowcock erklärte das vergleichsweise schwache Gesamtergebnis damit, dass unter anderem die USA noch keine festen Zusagen gemacht hätten. Zudem seien geplante EU-Hilfen für die Unterstützung von Syrien-Flüchtlingen in der Türkei noch nicht eingerechnet. Vermutlich bis Ende 2019 will die EU dafür weitere drei Milliarden Euro zur Verfügung stellen.

Nach Zahlen der Vereinten Nationen sind nach mittlerweile mehr als sieben Jahren Bürgerkrieg rund 13 Millionen Syrer auf humanitäre Hilfe angewiesen, Millionen sind vor dem Konflikt in Nachbarländer geflohen. „Fast 70 Prozent der syrischen Bevölkerung leben heute in extremer Armut“, sagte Steiner.

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15 Kommentare

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  • Glauben diejenigen, die sich hier Spaltenweise als Syrien-Oberchecker hervortun, eigentlich, dass es für die geflüchteten Menschen eines Tages, wenn der Wertewesten Assad dem Schicksal Saddams, Gaddafis und Bin Ladens nachfolgen ließ, in einem Syrien, wo sich dann diverse Islamistengruppen, regionale Warlords, machtlose West-Marionettenpolitiker, die Kurden und neoliberale West-Konzerne um die Macht prügeln, attraktiv hinsichtlich der Rückkehr in ihre "Heimat" geworden sein wird?

     

    Wieviel Beispiele braucht man denn nach Irak, Afghanistan, Libyien etc. noch?

  • Was zahlt der Genosse Putin der die Menschen zu uns Bombt ? Jeder Euro der von uns direkt nach Syrien fließen sollte, wird von Putin und seinem Kumpel Assad zerbombt.

    • @Klartexter:

      Das ganze schöne Geld, welches vom WerteWesten und seinen Werteverbündeten bisher in die syrischen Dschihadisten investiert wurde, ist tatsächlich verloren. Buchstäblich weggebombt, das ganze aufgerüstete Humankapital. Kann man Putin oder Assad deswegen böse sein? Sicher nicht.

      Inzwischen ist die Lage in Syrien bekanntermaßen weitgehend unter Kontrolle, die Dschihadisten vertrieben und die Fluchtursache damit beseitigt.

       

      Nun kann der Aufbau beginnen. Der Westen kann sich dieses mal auf der richtigen Seite beteiligen. Ein schöner Anfang wäre es schon, wenn er die Sanktionen gegen das syrische Gesundheitsystem aufheben würde, damit nicht noch mehr unschuldige Frauen und Kinder sterben müssen.

      • 7G
        74450 (Profil gelöscht)
        @quarente:

        "die Dschihadisten vertrieben und die Fluchtursache damit beseitigt."

         

        Haben Sie sich schon mal mit einem Menschen aus Syrien unterhalten, warum er oder sie geflohen ist?

        • @74450 (Profil gelöscht):

          Ja, hab ich. Aleppo hatte nach der Eroberung durch die "Rebellen" an Aufenthaltsqualität verloren.

          • 7G
            74450 (Profil gelöscht)
            @quarente:

            Na dann werden Sie sicher auch Menschen gesprochen haben, die vor dem Regime geflohen sind und die von der Aufenthaltsqualität im Lande immer noch nicht so überzeugt sind. Richtig?

             

            Oder meinen Sie es gäbe nur einen einzigen Fluchtgrund?

            • @74450 (Profil gelöscht):

              Es ist Ihnen sicher nicht entgangen, dass größere Teile von Syrien zerstört sind. Dies alleine ist schon ein Fluchtgrund.

              Nun geht es darum das Land wieder aufzubauen und den Menschen eine Perspektive zu bieten. Selbstverständlich war die Voraussetzung dafür, die vom Westen finanzierten islamistischen Horden zu vertreiben, die große Gebiete besetzt hielten. Vor dem "Regime" ist niemand geflohen, bevor die Terrorbanden aufgetaucht sind. Oder wissen Sie weiteres?

               

              Die Aufenthaltsqualität in Syrien könnte innerhalb von Tagen verbessert werden, wenn die Sanktionen des Westens gegen das syrische Gesundheitssystem aufgehoben würden und keine unschuldigen Kinder deswegen mehr sterben müssten. Ein weiterer Fluchtgrund könnte beseitigt werden, und sogar ohne das es den WerteWesten Geld kostet!!!1elf

              • 7G
                74450 (Profil gelöscht)
                @quarente:

                "Vor dem "Regime" ist niemand geflohen, bevor die Terrorbanden aufgetaucht sind. Oder wissen Sie weiteres?"

                 

                Ja, klar! Syrien war schon ein Folterstaat bevor die Menschen gegen das Regime auf die Straßen gegangen sind. Anschließend hat das Militär, wie auch Teile der Rebellen, angefangen systematisch Kriegsverbrechen zu begehen. Die einen sind jetzt besiegt, die anderen sind noch da. An den Fluchtgründen hat sich für viele Menschen also wenig geändert.

                 

                "Die Aufenthaltsqualität in Syrien könnte innerhalb von Tagen verbessert werden"

                 

                Stimmt. Das Regime könne mit einem Fingerschnippen die Foltergefängnisse schließen und die Täter nach Den Haag überstellen. Damit wäre eine Menge "Qualität" gewonnen.

                 

                "wenn die Sanktionen des Westens gegen das syrische Gesundheitssystem aufgehoben würden und keine unschuldigen Kinder deswegen mehr sterben müssten."

                 

                Auf welcher Grundlage sollen Sanktionen gegen das Gesundheitssystem bestehen? Gehen die über diese Liste hinaus?

                 

                "Die EU-Sanktionen beinhalten insbesondere folgende Beschränkungen:

                 

                1. Rohöl und Erdölerzeugnisse inkl. Flugturbinenkraftstoffe und Kraftstoffadditive

                2. Ausrüstung für Öl-/Gasindustrie (Anhang VI)

                3. Kraftwerksbau

                4. Ausrüstung für Internet-/Telefonüberwachung

                5. Diverse weitere Ausrüstungsgüter

                6. Luxusgüter

                7. Gold, Edelmetalle, Diamanten, Banknoten, Münzen

                8. Militärgüter/Ausrüstung für interne Repression

                9. Flüge syrischer Fluglinien

                10. Finanzsanktionen - Personenlisten

                11. Zentralbank Syriens

                12. Finanzdienstleistungen

                13. Frachtkontrolle

                14. Kulturgüter"

                https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/Aktueller_Stand_der_Sanktionen_gegen_Syrien.html

                • @74450 (Profil gelöscht):

                  Es ist verständlich, dass Sie die Frage nach den Fluchtursachen nicht beantworten, sondern in Allgemeinplätze ausweichen. Schließlich gab es vor dem Auftauchen der Terrorbanden keine Fluchtbewegung aus Syrien.

                   

                  Syrien war ein geachtetes Mitglied der Staatenfamilie, zu dem die Sicherheitsbehörden der BRD ein gutes Verhältnis pflegten. Die EU trieb ein Assoziirungsverfahren voran. Frankreich hat Assad einen hohen Orden verliehen. Sie werden mir zustimmen, dass dies einem Mörder und/oder Folterer nicht widerfahren wäre.

                   

                  Es ist für Syrien nicht möglich Ersatzteile oder Verbrauchsmaterialien für das Gesundheitssystem oder die Wasserversorgung zu kaufen, da die Lieferanten sich nicht trauen.

                  Während man im Irak noch die Trinkwasseraufbereitung und die Kläranlagen gleichzeitig bombardierte um Epidemien auszulösen, nutzt man im Krieg gegen die syrische Zivilbevölkerung harmloser aussehende Mittel.

  • 8G
    81622 (Profil gelöscht)

    Russlands Zynismus ist kaum zu überbieten: nicht einenCent für die Humanitäre Hilfe. Erst das Land in Schutt und Asche legen, dann die EU auch noch auffordern, zu bezahlen, da es in ihrem eigenen Interesse läge... so der russische UN-Botschafter. So lange Assad nicht vor das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag gebracht wird, darf kein Geld in den Wiederraufbau Syriens fliessen. Mal sehen, was "die Linke" dazu sagt...

    • 7G
      74450 (Profil gelöscht)
      @81622 (Profil gelöscht):

      "Erst das Land in Schutt und Asche legen, dann die EU auch noch auffordern, zu bezahlen, da es in ihrem eigenen Interesse läge... so der russische UN-Botschafter."

       

      Bei dem Typen fragt mensch sich wirklich, ob das nicht ein Satire-Clown ist. Wäre zum Lachen, wenns nicht um Menschenleben gehen würde!

    • @81622 (Profil gelöscht):

      "So lange Assad nicht vor das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag gebracht wird, darf kein Geld in den Wiederraufbau Syriens fliessen."

       

      Guter Ansatz. Solange in Syrien Krieg geführt wird, sollte man Syrien nicht unterstützen, da diese Unterstützung den kriegführenden Parteien zu Gute kommt und damit den Krieg verlängert.

  • Machen wir uns nichts vor, Deutschland gibt deshalb so viel Geld, weil man die Flüchtlinge ja wieder los werden will. Problematisch ist, dass das Geld, welches nach Syrien fließt, letztlich Assads Herrschaft festigt. Das bedeutet auch, dass die Hoffnung, die Flüchtlinge werden alle aus Deutschland nach Syrien zurückkehren ein Trugschluss ist. Alle die Assads Sturz wollten - von Demokraten bis zu Islamisten - können das nicht. Wie rachsüchtig das System mit Gegnern und deren Angehörigen umgeht, hat schon Assads Vater unter Beweis gestellt. Jetzt arbeitet man in Damaskus, Moskau, Teheran und Ankara an der Neuordnung des Vielvölkerstaates Syrien. Die Flüchtlinge werden dabei zum Spielball der Politik - daran ändern die Milliarden wenig....

    • 7G
      74450 (Profil gelöscht)
      @Philippe Ressing:

      "Machen wir uns nichts vor, Deutschland gibt deshalb so viel Geld, weil man die Flüchtlinge ja wieder los werden will."

       

      In der Tendenz richtig, aber es handelt sich zurzeit "nur" um humanitäre Hilfen. Also um Hilfen für die Geflüchteten in den Lagern der Region usw. Damit soll wohl vor allem eine weitere Bewegung nach Europa vermieden werden.

       

      Wiederaufbauhilfen darf es erst geben, wenn die schlimmsten Kriegsverbrecher nach Den Haag überstellt wurden.

       

      "Das bedeutet auch, dass die Hoffnung, die Flüchtlinge werden alle aus Deutschland nach Syrien zurückkehren ein Trugschluss ist."

       

      Richtig. Die Lage wird außerdem durch ein neues Dekret des Regimes weiter verschlechtert: //http://www.sueddeutsche.de/politik/syrien-zerstoert-und-genommen-1.3955907

    • @Philippe Ressing:

      Insbesondere die Islamisten sind aus Sicht der Assadisten in d besser aufgehoben als in Syrien. Je mehr potentielle "Rebellen" in d bleiben, um so einfacher ist der Neuanfang nach dem Ende des Bürgerkriegs.