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Synthetische DNA gegen DiebeSpur auf deiner Haut

In Bremen verteilt die Polizei im Kampf gegen Diebstahl eine Markierungsflüssigkeit, mit der Gegenstände eindeutig gekennzeichnet werden. Die neue Technologie soll die Einbruchsraten senken

Lars van Beek von der Bremer Polizei demonstriert den Einsatz der Kunst-DNA. Bild: dpa

BREMEN taz | Das Land Bremen hat ein bundesweit einmaliges Pilotprojekt zur Diebstahlsicherung mit sogenannter künstlicher DNA gestartet. Die Polizei verteilt dazu in dieser Woche Sets mit einer Markierungsflüssigkeit gratis an 1.000 Haushalte. Mit der Substanz soll Diebesgut leichter identifizierbar gemacht und sollen Wohnungseinbrüche bekämpft werden.

Die künstliche DNA wird von der britischen Firma Selectamark hergestellt. Jede Charge der farblosen und lange haftenden Flüssigkeit ist mit einer eindeutigen Kennzeichnung in Form von Mikropartikeln ausgestattet. Mit ihr bestrichene Flächen leuchten, wenn sie mit einer speziellen Taschenlampe angestrahlt werden. Diebesgut soll so beispielsweise auf Flohmärkten oder bei Händlern, die der Hehlerei verdächtigt werden, erkannt werden können.

Wer eine Flasche der Kunst-DNA kauft, bekommt die Zugangsdaten zu einer Onlinedatenbank des Herstellers. Darin trägt er ein, worauf er die Flüssigkeit gepinselt hat. Diese Datenbank soll nur der Polizei zugänglich sein.

Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) begründete den Freilandversuch mit der hohen Zahl von Wohnungseinbrüchen in Bremen. In England, außer den Niederlanden europaweit das einzige Land, in dem die synthetische DNA bisher zum Einsatz kommt, soll die Einbruchsrate in damit gesicherten Wohngegenden um 80 Prozent gesunken sein. In Bremen werden alle Straßen des DNA-Testgebiets mit Schildern gekennzeichnet.

Die Verteilung an die Haushalte ist die zweite Stufe eines Pilotprojekts der Bremer Behörden, um die Akzeptanz und Wirkung der Technologie zu testen. Mitte Oktober war die Substanz an alle Schulen im Land verteilt worden, um etwa PCs zu markieren. Nach den Privathaushalten wird der Test auf Banken und Tankstellen ausgeweitet. "Es gibt ja auch die Möglichkeit, die Flüssigkeit zu versprühen", sagte Mäurer. Düsen, etwa an der Ausfahrt von Tankstellen, sollen dort Diebe markieren.

Der Hersteller verkauft bereits sogenannte DNA-Duschen im Internet an Ladenbesitzer. Die können diese am Ausgang ihres Geschäfts anbringen und mit der Alarmanlage koppeln. Die Flüssigkeit haftet wochenlang auf der Haut, gesundheitsschädlich soll sie nicht sein.

Im freien Verkauf kostet eine Flasche der Markerflüssigkeit derzeit 120 Euro. Zwei Wohnungsbaugesellschaften sowie eine Versicherung sponsern die Gratisverteilung.

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3 Kommentare

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  • RS
    Reiner Schuhmacher

    Der helle Wahnsinn. Ein riesiges Einfalltor für den Rechtsmißbrauch und Polizeiwillkür. Nun glaubt jeder, jedermanns Sachen und jede Person auf DNA-Spuren überprüfen zu dürfen. Bei Weigerung natürlich auch mit Gewalt, Verschleppung an die Polizeiwache und anschließender erkennungsdienstlicher Behandlung.

    Jeder kann jedes Sachen als sein Eigentum kennzeichen. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Die Rechte müssen rollen, für den Markt.

  • S
    SunshineReggae

    ja was sagt man dazu, soll die auch für vergewaltigungs/nötigungsfälle verwendet werden?

  • AG
    Anderer Gregor

    Was Bruce Schneier schon seit Monaten fragt: Wieso sollte ich das nur auf Sachen sprühen, die mir schon gehören? Ist es nicht viel profitabler, die auf die Sachen meines ungeliebten Nachbarn zu sprühen -- und *dann* die Polizei zu rufen?