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Swatch-Mercedes aus Frankreich

■ Millionen aus der Landeskasse nützen dem Ländle nichts

Stuttgart (taz) – Die Entscheidung wird zwar erst am 20. Dezember fallen, doch die Landesregierung in Baden-Württemberg hat die Hoffnung inzwischen aufgegeben. Die Fabrik für das Swatch- Auto, ein Gemeinschaftsunternehmen der Mercedes-Benz AG und des Schweizer Unternehmers Nikolas Hayek, wird aller Voraussicht nach im lothringischen Saargemünd gebaut. Nur wenige Arbeitslose in Lothringen und im Saarland dürfen sich freuen, denn mehr als 500 zusätzliche Arbeitsplätze wird es nicht geben.

Für die Landesregierung in Stuttgart und den Betriebsrat von Mercedes ist dies eine bittere Niederlage. Wochenlang haben Wirtschaftsminister Dieter Spöri (SPD) und Gesamtbetriebsratsvorsitzender Karl Feuerstein für einen Standort im „Ländle“ gestritten. Über die Zugeständnisse an Mercedes – Hayek hat eine Minderheitsbeteiligung – ist nur wenig an die Öffentlichkeit gedrungen. Der enttäuschte Wirtschaftsminister gab jedoch zu, dabei über die finanzpolitischen Probleme der Landesregierung hinweggegangen zu sein.

Daimler-Benz-Chef Edzard Reuter und seine Mercedes-Vorständler können zufrieden sein. Zunächst haben sie dem Land für das neue Mercedes-Werk in Rastatt 200 Millionen abgeschwatzt, um sich dann die Erschließung des neuen Motorenwerks in Stuttgart- Bad Cannstatt fördern zu lassen. Auch dabei drohten die Konzern- Lenker, den Standort zu verlassen. Neben den staatlichen Zuschüssen verlangten sie Zugeständnisse der Beschäftigten. Bis zu 30 Prozent der Arbeitsplätze wurden „sozialverträglich“ abgebaut, gerade in Baden-Württemberg und gerade im badischen Raum, der jetzt für den Swatch-Standort im Gespräch war. Tatsächlich ging es den Daimler-Strategen in Stuttgart-Möhringen nicht um die etwas niedrigeren Löhne und Steuern in Frankreich, denn bei einer Fertigungstiefe von 20 Prozent und nur 500 Beschäftigten ist der Lohnkostenanteil sehr gering.

Edzard Reuter will in dem wichtigen französischen Markt nicht mehr länger ausschließlich als Importeur tätig sein; er will dort neue Märkte erobern, und dies kann er besser, wenn Daimler in Frankreich produziert. Ob sich der Swatch-Zweisitzer je durchsetzen und ob er die Straßen entlasten wird, darf bezweifelt werden.

Volkswagen-Boß Ferdinand Piäch hatte das Projekt vor zwei Jahren aufgegeben. Kritiker gehen davon aus, daß mit dem Swatch- Auto nur das Umweltgewissen von Leuten mit dickem Geldbeutel beruhigt werden soll. Bessere Marktchancen hat vermutlich die A-Klasse, von der Mercedes 1997 in Rastatt 200.000 Stück produzieren will. Hermann G. Abmayr

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