Svenja Bergt über Spezialdienste im Internet: Überholspur bleibt Überholspur
Die Telekom hat es schon wieder versucht. Ihr Deutschland-Chef warb am Wochenende für Spezialdienste im Internet. Also die, bei denen ein Anbieter (zum Beispiel für Onlinespiele) Geld an den Internetprovider (zum Beispiel die Telekom) zahlt, damit seine Daten schneller transportiert werden. Das sei eine gute Sache und habe mit einen Zweiklasseninternet nichts zu tun, so der Telekom-Chef. Ob er glaubt, die Behauptung würde dadurch wahrer, dass man sie möglichst oft wiederholt?
Eine Überholspur für Anbieter, die extra zahlen, bleibt eine Überholspur für Anbieter, die extra zahlen. Auch dann, wenn man sie Spezialdienst nennt. Natürlich ist nicht auszuschließen, dass solche Überholspuren in irgendeinem Szenario mal sinnvoll sein können. Dass es tatsächlich eine Fern-OP gibt, bei der die Herzspezialistin nur dann die richtigen Entscheidungen treffen kann, wenn sie eine ruckelfreie Internetverbindung hat. Momentan ist so etwas allerdings nicht sehr gefragt. Vielmehr geht es um hochauflösende Videostreams oder die schnelle Verbindung fürs Online-Gaming. Nicht ganz die Tragweite einer Herz-OP.
Aber, und das ist das Problem: Wo der Videoanbieter extra zahlt, damit seine Daten im Netz Vorfahrt bekommen, entsteht genau das: ein Netz der zwei Geschwindigkeiten. Der zwei Klassen. Und ein Netz, in dem der Kunde nicht mehr frei entscheidet, welchen der angebotenen Dienste er nutzt, weil die – vorhandene oder nicht vorhandene – Geschwindigkeit ihm die Entscheidung abnimmt. Kein Problem für große, zahlungskräftige Anbieter. Ungünstig für Start-ups, NGOs, Initiativen und Privatanbieter, deren Inhalte dann nicht mehr so schnell unterwegs sind.
Das ist gar nicht so unrealistisch, denn um den Netzausbau steht es in Deutschland nicht gerade bestens. Wer war es noch mal, der dabei am Kupfer hängt, statt auf die schnellere Glasfaser zu setzen? Ach ja, genau: die Telekom.
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