Svenja Bergt über Banken und Fairness: Der Kunde, der Goldesel
Normalerweise funktioniert eine Wette so: Ein paar Menschen streiten sich über den Ausgang eines Ereignisses. Jeder bleibt bei seiner Prognose, und wer am Ende unrecht hat, muss zahlen. Oder um Mitternacht im Bademantel in den dreckigen Teich am Stadtrand springen.
Die Sparkasse Ulm hat dieses Konzept perfektioniert: Wenn sie eine Wette verliert – zum Beispiel darauf, ob die Zinsen in mittelferner Zukunft steigen oder fallen werden –, kündigt sie einfach die Verträge. Verbraucher, die ihren gut verzinsten Sparvertrag auch in der aktuellen Niedrigzinsphase gern behalten hätten, haben dann das Nachsehen. Jetzt liegt ihre Hoffnung beim Oberlandesgericht Stuttgart. Denn die Abfuhr, die sich die Sparkasse bei der vorhergehenden Instanz eingefangen hat, wollte das Geldinstitut nicht hinnehmen.
Mal abgesehen davon, dass sich die Frage stellt, ob die Zahlung der einst vereinbarten Zinsen die Sparkasse tatsächlich teurer zu stehen kommen als der Imageschaden durch die Weigerung, sie zu zahlen – der Konflikt erzählt viel über den Umgang von Banken mit ihren Kunden. Und über das Bild, das die Geldinstitute anscheinend von den Verbrauchern haben. Gerade gut genug, um mit einem regelmäßigen Gehaltseingang ein Konto zu bekommen und ordentlich Dispo-Zinsen zu zahlen. Am besten noch zusätzlich ein paar Depots, für die der Bankberater ordentlich Provision bekommt. Aber wehe, Kunden könnten ausnahmsweise wirklich profitieren. Wo kämen wir denn da hin?
Die Sparkassen, die immer noch das Image von guten, kundenorientierten Einrichtungen haben, sind da keine Ausnahme. Nicht umsonst gehörten mehrere von ihnen zu den Instituten, die gern und viele Zertifikate der US-Bank Lehman Brothers verkauften und so manchen der eher älteren Kunden an den Rand der Existenzkrise brachten. Damals gab es nach diversen Klagen schließlich Entschädigungen. Ein Einlenken wäre auch jetzt längst überfällig.
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